Was für ein Auftakt! Mit der Einweihung des ersten Teils der Familienklinik in Kulmasa, Ghana, haben die Missionsärztlichen Schwestern ihr Jubiläumsjahr eröffnet, mit dem sie an die Gründung ihrer Gemeinschaft durch Anna Dengel am 30. September 1925 in Washington D.C. erinnern. Zusammen mit Ortsbischof Peter Paul Angkyier und vielen Schwestern aus der ganzen Welt feierte die lokale Bevölkerung „ihre“ neue Klinik, die insbesondere Schwangere, Mütter und Kinder unter fünf Jahren versorgen soll.
Die lokalen Oberhäupter, mehrheitlich Muslime, die das Land für den Bau zur Verfügung gestellt hatten, brachten zum Fest einen Ochsen zum Braten mit. Damit drückten sie ihre Dankbarkeit dafür aus, dass eine Kongregation katholischer Schwestern sich um die Gesundheitsversorgung in der Gegend kümmert. Die Herausforderungen vor Ort sind groß: Die meisten Familien leben von Subsistzenzwirtschaft. Hungersnöte und Unterernährung sind keine Seltenheit. Viele Dörfer sind abgelegen, es gibt kaum Bildungsmöglichkeiten und Medikamente.

Riesengroßer Bedarf an medizinischer Versorgung

Im Mai 2019 besuchte Schwester Edith Dug-yi auf Einladung von Bischof Angkyier erstmals die Region, um den Bedarf an medizinischer Versorgung zu ermitteln. Er war riesengroß! Daher starteten die Missionsärztlichen Schwestern im August 2021 mit einem mobilen Gesundheitsprogramm, zu dem Hausbesuche, Bürgersprechstunden und Präventionsmaßnahmen gehören. Die Menschen fassen mehr und mehr Vertrauen in die Arbeit der Ordensfrauen: Schwangere nehmen nun Vorsorgeuntersuchungen wahr und kommen zum Krankenhaus, um dort zu entbinden und damit das Risiko von Komplikationen bei einer Hausgeburt zu vermeiden.

Eindrücke von der Klinik-Eröffnung

Ein engagiertes Fachkräfte-Team in der Familienklinik

Das Team, das mit nur sechs Fachleuten begann, ist mittlerweile auf mehr als 40 Mitarbeiter angewachsen, darunter Ärzte, Krankenschwestern, Hebammen, Pflegekräfte, ein Röntgenassistent, ein Apotheker, ein Ernährungsberater sowie ein Anästhesist. Bald wird auch ein Krankenwagen zur Verfügung stehen, der Patienten für kompliziertere Eingriffe in größere Regionalkrankenhäuser bringen kann. Die neue Klinik wird in mehreren Phasen gebaut. Das ermöglichen Spendengelder von missio, Privatpersonen, Stiftungen und „Jugend Eine Welt“ in Österreich. Die Leiterin Schwester Rita sagte am Tag der Einweihung des ersten Teils: „Alles, was wir heute hier sehen, ist ein Geschenk Gottes an uns.“
Text: Sr. Rita Amponsaa-Owusu/emw

Drei Fragen an…. Kinderärztin Schwester Ursula Maier

Schwester Ursula Maier: Werden Sie zukünftig auch in Kulmasa tätig sein?

Ich bin alle zwei bis drei Monate in Kulmasa und habe meine Klinik unter dem Mangobaum. Hier untersuche ich behinderte Kinder und vor allem solche mit Epilepsie. Die Familien kommen aus den abgelegensten Dörfern. Es ist schön zu sehen, wie sie sich mit ihren behinderten Kindern in die Öffentlichkeit trauen, denn Behinderung und Epilepsie werden hier immer noch als „Geisteskrankheit“ gesehen. Man glaubt, diese Kinder seien vom bösen Geist besessen. Da die Erwachsenen erfahren haben, dass mit Medikamenten viele Epilepsien beherrschbar sind, kommen nun auch sie zur Klinik.

Warum ist es wichtig, nicht nur das Krankenhaus
auszubauen, sondern mit einem Gesundheitsteam auch die Dörfer zu besuchen?

Viele Dörfer sind weit abgelegen, es gibt keine Straßen dorthin. Unsere Mitarbeiter müssen mit dem Motorrad durch den Busch fahren, um sie zu erreichen. Es gibt auch keine Transportmöglichkeiten für die Bewohner. Viele Menschen in den Dörfern haben noch nie einen Arzt gesehen. Krankheiten werden dort vor allem mit Kräutern behandelt. Es ist gut, hier nun Schwangerenvorsorge durchzuführen und werdende Mütter rechtzeitig darauf hinzuweisen, zur Entbindung ins Krankenhaus zu kommen. In den Dörfern laufen jetzt auch Ernährungsprogramme für unterernährte Kinder, Impfungen, Behandlung von Bluthochdruck und anderen Erkrankungen.

Was sind besondere Herausforderungen für das medizinische Personal in Kulmasa?

Es ist schwer, medizinisches Personal zu überzeugen, aufs Land zu gehen. Es gibt keinen Kindergarten in Kulmasa, die Schulen sind personell unterbesetzt. Das Klima ist mit Temperturen um die 40 Grad herausfordernd. Es gibt auch kaum Wohnraum, und die Ernährungssituation ist aufgrund der langen Trockenzeit schwierig. In manchen Jahren verdorrt die Ernte komplett.

Interview: Eva-Maria Werner