Wie verkleide ich mich an Karneval? Als bekennende Rheinländerin bereitet mir diese Frage seit Wochen Kopfzerbrechen. Nicht etwa, weil mir Ideen für ein Kostüm fehlen würden. Die Frage ist vielmehr: Was kann man heute noch tragen, ohne sich gleich dem Vorwurf kultureller Aneignung auszusetzen?
Wie haben wir als Kinder für Winnetou und seine schöne Schwester geschwärmt, die mit wehendem Fransenhemd und Federschmuck durch die Prärien des Wilden Westens galoppierten! Im Indianerkostüm konnten wir uns fühlen wie sie: edel, stolz und gut.
Kostümwahl ist keine Herablassung
Heute traut sich niemand mehr, sich ein Indianerkostüm anzuziehen und als Indigener zu gehen (wie es politisch korrekt natürlich heißen muss), weil eine lautstarke akademische Minderheit darin die respektlose Übernahme einer fremden Kultur zu erkennen glaubt. Manche würden Weißen am liebsten noch den Jazz verbieten oder Werke schwarzer Autoren zu übersetzen.
Mich ärgert, dass diese Rassismuskritiker sich anmaßen zu beurteilen, was eine Gruppe verletzt, zu der sie gar nicht gehören. Indianer nennen sich übrigens selbst Indianer und sehen das als Ausdruck ihrer Identität. Ich schätze fremde Kulturen und lasse mir wegen eines Kostüms keine Herablassung unterstellen! Mich stört auch nicht, wenn Deutsche im Ausland auf Dirndl und Lederhose reduziert werden. Was wir brauchen, ist mehr Toleranz, ist Austausch statt Abgrenzung. Nur so wächst das Verständnis füreinander. Oder sollen wir auch keine Kartoffeln mehr essen, weil spanische Eroberer sich die Knolle in Südamerika angeeignet haben?
von Beatrix Gramlich