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Bettina Flitner

In ei­nem in­di­schen Flücht­lings­la­ger an der Gren­ze zu Myan­mar

Ei­ne Brü­cke über den Tiau ver­bin­det den klei­nen nor­d­ost­in­di­schen Grenz­ort Zok­haw­tha mit Myan­mar. Auf der ei­nen Sei­te herrscht Frie­den, auf der an­de­ren ei­ne Mi­li­tär­j­un­ta. Seit sich Myan­mars Ge­ne­rä­le an die Macht putsch­ten, sind Mil­lio­nen Men­schen ge­f­lo­hen. Im Ge­gen­satz zur of­fi­zi­el­len Po­li­tik In­di­ens heißt Zok­haw­tha sie will­kom­men.

Text: Bea­trix Gram­lich
Fo­tos: Bet­ti­na Flit­ner


Ein Schritt liegt zwi­schen Krieg und Frie­den, Dik­ta­tur und De­mo­k­ra­tie, Ter­ror und Schutz. Die Gren­ze ver­läuft mit­ten durch den Tiau: den Fluss, der Myan­mar, früh­er Bur­ma, vom Nor­d­os­ten In­di­ens trennt. Über das Was­ser spannt sich ei­ne stäh­l­er­ne Fuß­g­än­ger­brü­cke, die kei­nen Zwei­fel da­ran lässt, auf wes­sen Bo­den man sich be­wegt: Der in­di­sche Teil ist weiß, der bur­me­si­sche rot ge­s­tri­chen. Den gan­zen Tag über, bis die Grenz­pos­ten abends um acht die Git­ter­to­re ver­sch­lie­ßen, wech­seln hier Wa­ren und Men­schen die Sei­te – als wür­de nicht das ei­ne Ufer Si­cher­heit be­deu­ten und das an­de­re Le­bens­ge­fahr. Im in­di­schen Zok­haw­tha die­nen sich Flücht­lin­ge als Las­ten­trä­ger an, um ein paar Ru­pi­en zu ver­die­nen. An­de­re über­que­ren die Brü­cke und ge­hen heim­lich zu­rück in ih­re Dör­fer – um ei­lig die Fel­der zu be­s­tel­len, die Ern­te ein­zu­brin­gen oder nach ih­ren Häu­s­ern zu se­hen. Aber je­der Grenz­über­tritt ist ein Ri­si­ko.
Seit dem Mi­li­tär­putsch vor knapp drei Jah­ren ver­sinkt Myan­mar in Ge­walt und Cha­os. Der Staats­st­reich mach­te die Hoff­nung von Mil­lio­nen Bur­me­sen zu­nich­te, Frie­densno­bel­p­reis­trä­ge­rin Aung San Suu Kyi und ih­re NDL-Par­tei könn­ten den De­mo­k­ra­ti­sie­rung­s­pro­zess nach ih­rem haus­ho­hen Wahl­sieg fort­set­zen. In den ver­gan­ge­nen zwei­ein­halb Jah­ren sind mehr als zwei Mil­lio­nen Men­schen inn­er­halb von Myan­mar und mehr als ei­ne Mil­li­on in die Nach­bar­staa­ten ge­f­lo­hen. Mehr als 3000 wur­den ge­tö­tet, 20 000 fest­ge­nom­men, 55 000 Häu­ser nie­der­ge­brannt – dar­un­ter auch zahl­rei­che Kir­chen.
Für aus­län­di­sche Jour­na­lis­ten ist es fast un­mög­lich, nach Zok­haw­tha zu kom­men. In­di­en ist kri­tisch bei der Ver­ga­be von Vi­sa und ver­wei­gert die Ein­rei­se im­mer wie­der oh­ne An­ga­be von Grün­den. Für den Bun­des­staat Mi­zoram, in dem Zok­haw­tha liegt, ist dar­über hin­aus ei­ne Son­der­ge­neh­mi­gung er­for­der­lich. Die Re­ge­lung stammt noch aus Ko­lo­nial­zei­ten und di­en­te den Bri- ten da­zu, die auf­stän­di­schen Eth­ni­en in der Re­gi­on zu kon­trol­lie­ren. Doch die Or­dens­schwes­tern, die im Flücht­lings­la­ger von Zok­haw­tha ar­bei­ten, ha­ben Ver­bin­dun­gen. Nach zehn Stun­den Fahrt über ei­ne abenteu­er­li­che Pass­stra­ße brin­gen sie das kon­ti­nen­te-Team in den Grenz­ort. Der Krieg im Nach­bar­land ist hier all­ge­gen­wär­tig.

Bettina Flitner

„Wir hö­ren oft Schüs­se vom an­de­ren Ufer“, sagt Lal­nun­ma­wi*. „Das macht mir Angst.“ Zwei­ein­halb Jah­re ist es her, als vor ih­rem Haus in Myan­mar Bom­ben ex­p­lo­dier­ten. Das gan­ze Dorf brann­te nie­der. Al­les, was für sie ein­mal Hei­mat be­deu­tet hat­te: mit ei­nem Schlag aus­ge­löscht. Seit­dem lebt die 42-Jäh­ri­ge mit ih­rem Mann und den vier Kin­dern im Flücht­ling­s­camp. Sie ha­ben sich Geld ge­lie­hen und aus Holzp­fos­ten, Plas­tik­pla­nen und Well­b­lech ei­ne Hüt­te ge­zim­mert. Ihr Mann nimmt je­den Ge­le­gen­heits­job an, da­mit sie die Schul­den ab­zah­len kön­nen. Aber die meis­ten In­der, die Flücht­lin­ge an­heu­ern, wol­len von de­ren Not noch pro­fi­tie­ren. Für ei­nen Tag auf dem Bau oder in der Land­wirt­schaft zah­len sie ih­nen 200 Ru­pi­en, um­ge­rech­net 30 Cent: nicht ein­mal halb so viel wie den in­di­schen Ar­bei­tern.

Die Angst bleibt
In Myan­mar hat­ten Lal­nun­ma­wi und ih­re Fa­mi­lie Fel­der, die sie er­nährt ha­ben. Im Flücht­lings­la­ger sind sie auf Le­bens­mit­tel­ra­tio­nen an­ge­wie­sen. Sie ha­ben Schul­den, kein Geld, und selbst hier, wo sie in Si­cher­heit sind, ver­folgt sie die Angst wie ein dunk­ler Schat­ten: Angst, dass sie nie mehr in ih­re Hei­mat zu­rück­keh­ren kön­nen, Angst um Ver­wand­te, die sie zu­rück­ge­las­sen ha­ben. Angst, dass sie in Mi­zoram ir­gend­wann nicht mehr will­kom­men sind.
Denn der Bun­des­staat stellt sich mit sei­ner flücht­lings­f­reund­li­chen Po­li­tik of­fen ge­gen Pre­mier­mi­nis­ter Mo­di und die Emp­feh­lun­gen der Zen­tral­re­gie­rung in De­lhi. Die Men­schen im Nor­d­os­ten je­doch be­trach­ten die Flücht­lin­ge nicht als Frem­de. Sie sa­gen: „Wir sind ein Blut.“ Ih­re ge­mein­sa­me Hei­mat sind die Chin Hills, ei­ne Ge­birgs­ket­te, die sich von Myan­mar bis nach Nor­d­ost­in­di­en er­st­reckt. Sie al­le ge­hö­ren eth­ni­schen Min­der­hei­ten an, sp­re­chen die­sel­be Spra­che, tei­len die Re­li­gi­on. Na­he­zu 90 Pro­zent der Mi­zos sind Chris­ten – vie­le Flücht­lin­ge sind es auch.


*Zum Schutz der Be­trof­fe­nen nen­nen wir nur ih­re Vor­na­men.

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