
Gehobener Standard: Das „Stella Maris“ hofft auf Gäste aus aller Welt, die am Strand von Bagamoyo afrikanische Gastfreundschaft genießen wollen. |
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Strandhotel zu Marias Ehren
Es ist ein Wagnis der besonderen Art, das die Spiritanerpatres in Ostafrika eingegangen sind: Am palmengesäumten Strand an der Küste des Indischen Ozeans erstrahlt seit wenigen Monaten der „Stern des Meeres“, ein modernes und lichtdurchflutetes Hotel, das bis zu 165 Gästen ein Bett und viel Raum für Konferenzen bietet. Was aber veranlasst ausgerechnet eine Missionsgesellschaft, ins Tourismusgewerbe einzusteigen?
Seine erste große Bewährungsprobe hat das Hotel mit Bravour bestanden: Als Gastgeber des Generalkapitels der Spiritaner, der ersten Weltversammlung des Ordens auf afrikanischem Boden, beherbergte es gleich an seinem ersten Tag nach Eröffnung Gäste aus 56 Ländern und allen fünf Kontinenten. Zur Einweihung des Hotels und zum Auftakt des Kapitels gab sich sogar Tansanias Präsident Jakaya Kikwete, 62, die Ehre.
Für Pater Valentine Bayo, 57, dürfte es einer der aufregendsten Tage seines Lebens gewesen sein. Nicht nur, dass Mitbrüder aus allen Erdteilen in „sein“ Bagamoyo gekommen waren, endlich wurde auch sein Projekt, der „Stern des Meeres“, mit Leben erfüllt. Von einer solchen Entwicklung hätte er 20 Jahre zuvor nicht einmal zu träumen gewagt. Als er 1991 zum Pfarrer in Bagamoyo ernannt wurde, lag das kirchliche Leben fast brach, denn die Gemeinde war verwaist.
Zugang zum Meer
Lange hatte auf dem Missionsgelände der Spiritaner das Priesterseminar St. Josef gestanden, das jedoch in die neue Bischofsstadt Morogoro verlegt wurde. Das direkt am Indischen Ozean gelegene Grundstück war an den Staat übergegangen, der es nun an eine Hotelkette verkaufen wollte. In einem langen Prozess vor Gericht erstritt Pater Bayo die Wiederrückgabe des Grundstücks und erkärte es kurzerhand zum Meditations- und Erholungsgebiet der Pfarrei. Direkt am Strand und in unmittelbarer Nähe zum großen Kreuz, das an die ersten Missionare in Ostafrika erinnert, die 1868 hier landeten, ließ er das Strohdach-Restaurant „Msalabani“ („am Kreuz“) errichten. Durch die vielen Hotels, die an der Küste Bagamoyos entstanden waren, gab es für die Ortsansässigen praktisch keinen Zugang mehr zum Meer. Msalabani ist jetzt der Ort, wo jeder, ob Christ oder Muslim, Einheimischer oder Tourist, den Strand genießen kann.
Pater Bayo quälte noch eine andere Sorge: Wie kann der Unterhalt der Schulen, die die Spiritaner in Bagamyo unterhalten, gesichert werden? Den laufenden Betrieb vor allem der St.-Joseph-Berufsschule ausschließlich über die Schulgelder zu bezahlen, dazu waren die Eltern nicht in der Lage. Und auch seinem Orden konnte diese finanzielle Belastung nicht dauerhaft zugemutet werden.
Treffpunkt der Kulturen
Pater Bayos Lösung: ein Strandhotel, dessen Gewinne die Schul- und Provinzetats entlasten sollen. Mit dieser Idee konnte der Ordensmann die Banken überzeugen, ihm einen Kredit zu gewähren, und die Eltern und Schüler, sich tatkräftig am Bau zu beteiligen. „Das Projekt soll Schule und Ordensprovinz langfristig unabhängig von externer Unterstützung machen“, nennt Pater Philip Ngoja, 55, den tieferen Beweggrund seiner Gemeinschaft, das Engagement auf dem Sektor Hotellerie und Tourismus zu wagen: „Aber es ist und bleibt ein Platz der Kirche, an dem jeder willkommen ist, der sich zivilisiert benimmt“, sagt er in Anspielung auf das Image Ostafrikas als Ziel von Sextouristen. Trotz gehobenen Hotelstandards sollen auch die Preise „anständig“ bleiben, erklärt der Spiritaner: „Wir wollen keine exklusive Luxusherberge für reiche Ausländer sein, sondern möglichst vielen Menschen aus dem In- und Ausland einen erholsamen Aufenthalt ermöglichen und dabei Treffpunkt der Kulturen sein.“
Die Aussichten auf wirtschaftlichen Erfolg schätzt er sehr gut ein, da Bagamoyo ein beliebter Konferenz- und Ferienort ist. Außerdem will die Hotelleitung ein Netzwerk mit Touristenagenturen aufbauen, die Gäste in einen der ältesten Orte Tansanias locken sollen. Der Reiz der Stadt liegt vor allem in ihrer Geschichte: Bagamoyo war die erste Hauptstadt von Deutsch-Ostafrika und ein bedeutender Hafen an der Küste. Händler aus Persien und Arabien, Missionare sowie Entdecker und leider auch Sklavenhändler gaben sich hier die Klinke in die Hand.
Die Belegungsquote der Hotelbetten in den ersten Monaten ist vielversprechend – auch wenn immer noch Arbeiten zu erledigen sind. Während der Innenausbau der klimatisierten Zimmer mit Internetanschluss und der Konferenzräume mit ihrer Medientechnik abgeschlossen ist, stehen Swimmingpool und Supermarkt noch vor der Fertigstellung.
Einen sehr willkommenen Nebeneffekt des Projekts sieht Pater Ngoja darin, dass das „Stella Maris“ Ausbildungsstätte und Arbeitgeber für viele junge Menschen geworden ist. Siwatu Mohamed, 22, ist eine von ihnen. Ohne den Job als Servicekraft im Hotel hätte sie ihr berufliches Glück vermutlich im 70 Kilometer entfernten Dar Es Salaam suchen müssen. So ist der jungen Muslima die Landflucht erspart geblieben. Mit dem Hotel ist die katholische Kirche in Bagamoyo endgültig zum größten Arbeitgeber am Ort geworden. Dabei ist etwa die Hälfte ihrer rund 800 Angestellten muslimischen Glaubens.
Schutzpatronin Maria
Der Name des Hotels ist übrigens ebenfalls eine Idee Pater Bayos: „Stella Maris“ ist der beliebte Beiname, mit dem Seeleute seit jeher die Jungfrau Maria, ihre Schutzpatronin, anrufen. Zugleich schlägt der Name die Brücke zum Spiritanerorden, dessen offizielle Bezeichnung „Missionsgesellschaft vom Heiligen Geist unter dem Schutz des Unbefleckten Herzens Mariens“ ist.
Von Franz Jussen
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