„Ein großer Fund“
Kurzinterviews zum Thema „Ausländische Priester in Deutschland“
Pfarrer Dr. Martin Ibeh, arbeitet im Bistum Trier
Herr Pfarrer Ibeh, wann wird es schwierig für einen ausländischen Priester?
Pfarrer Ibeh: Wenn er nicht gut kommunizieren kann, die deutsche Sprache nicht beherrscht. Aber auch, wenn er den Eindruck bekommt, dass er in der Gemeinde, in der er eingesetzt ist, lediglich toleriert, aber nicht gewollt ist.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Pfarrer Ibeh: Sprache, Kultur, Küche und Klima in Deutschland waren mir anfangs total fremd. Aber ich habe große Gastfreundschaft erfahren. Ich wurde in Familien eingeladen, habe einen Sprachkurs absolviert und mich am Wochenende als Subsidiar in der Gemeinde eingebracht.
Welche Umstellung war schwierig?
Pfarrer Ibeh: In Deutschland haben wir nicht viel Zeit für den Gottesdienst. In Nigeria dauert er zwei bis drei Stunden. Die Verkündigung des Wortes nimmt großen Raum ein, zur Opferbereitung bringen die Leute ihre Gaben zum Altar, es wird viel gesungen und getanzt. In Deutschland sagte man mir zu Beginn: Du darfst über alles predigen, aber nicht länger als fünf Minuten! Das war schon eine Herausforderung.
Was wünschen Sie sich für die Kirche in Deutschland?
Pfarrer Ibeh: Dass wir das Bewusstsein stärken, dass in der Kirche jeder gefragt ist und berufen, sich nach seinen Möglichkeiten für eine lebendige Kirche einzusetzen.
Pfarrer Roberto Alda, arbeitet im Bistum Münster
Herr Pfarrer Alda, planten Sie, als Pfarrer nach Deutschland zu kommen?
Pfarrer Alda: Nein. Ich hatte mich für einen Einsatz in China vorbereitet. Als die Steyler Obere 1990 den Entschluss fassten, Europa als Missionskontinent zu bezeichnen und Missionare dorthin zu schicken, war das für mich zunächst unverständlich. Ich wusste nicht, was ich hier tun sollte.
Wissen Sie es mittlerweile?
Pfarrer Alda: Ja, die Bedürftigkeit ist hier zwar anders als in den klassischen Missionsländern, aber auch in Deutschland gibt es Not. Trotz Wohlstand sind viele Menschen vereinsamt und verunsichert. Die vielen Alternativen machen das Leben nicht leichter. Orientierungslosigkeit ist auch eine Form von Armut.
Was ist Ihnen als Pfarrer wichtig?
Pfarrer Alda: Das zu leben, wovon ich überzeugt bin. Meinen Glauben mit anderen zu leben, davon zu sprechen, was mich erfüllt. Wenn wir glaubwürdig sein wollen, müssen wir das leben, worüber wir sprechen.
Wie war es am Anfang, als Pfarrer von den Philippinen in Deutschland zu arbeiten?
Pfarrer Alda: Ich dachte: Eigentlich bin ich der Unerfahrene. Das Christentum auf den Philippinen ist viel jünger als das in Europa. Aber nun trage ich die Hauptverantwortung für eine Gemeinde hier.
Bernd Dickmeis, zuständig für den Einsatz des Pastoralpersonals im Bistum Aachen
Herr Dickmeis, nach welchen Kriterien werden im Bistum Aachen so genannte Priester der Weltkirche eingesetzt?
Dickmeis: Wir möchten gerne Austausch haben zwischen den Kulturen. Der Einsatz ausländischer Priester ist nicht dazu gedacht, deutsche Diözesanpriester zu ersetzen. Wir erwarten, dass sie etwas von ihrer Heimatspiritualität in unsere Gemeinden einbringen und auch von der deutschen Kirche lernen. Maximal fünf Jahre sollten sie bleiben, damit der Austauschgedanke erhalten bleibt.
Was müssen die ausländischen Priester mitbringen?
Dickmeis: Wir suchen uns die „Global Player“ heraus. Priester, die offen und interessiert sind, die sich schnell in eine fremde Kultur einfinden können, die schon gut Deutsch sprechen oder die Sprache schnell lernen. Für unsere Auswahl ist nicht das Herkunftsland entscheidend, sondern die Persönlichkeit. In intensiven Gesprächen vorab versuchen wir, herauszufinden, ob sich die Person eignet.
Setzt das Bistum Aachen viele „Priester der Weltkirche“ ein?
Dickmeis: Nein, mit aktuell elf ist die Anzahl eher gering. Aber das ist auch bewusst so. Wir möchten eine gute Einzelunterstützung leisten.
Pfarrer Norbert Becker, zuständig für die Ausbildung ausländischer Priester im „Klausenhof“, Bistum Münster
Was sind Inhalte der Ausbildung für ausländische Priester und Ordensleute im Klausenhof?
Pfarrer Becker: Sie erhalten täglich Unterricht in Deutsch von professionellen Sprachlehrern. Darüber hinaus bin ich vom Bistum freigestellt, um sie in seelsorglichen und liturgischen Fragen auf ihren Dienst vorzubereiten. Kulturelle Aspekte, die das Leben in Deutschland betreffen und die besondere Situation der Kirche in Deutschland spielen dabei eine wichtige Rolle.
Was ist die größte Herausforderung?
Pfarrer Becker: Ihnen deutlich zu machen, dass die Leute in Deutschland ihre Zugehörigkeit zur Kirche vor allem durch die Kirchensteuer zum Ausdruck bringen. Nicht unbedingt dadurch, dass sie auch in die Gemeinde gehen. Das wird nicht leicht verstanden.
In welchem Kontext ist der Einsatz ausländischer Priester sinnvoll?
Pfarrer Becker: Dort, wo Gemeinde und Pfarrer bereit und in der Lage sind, Menschen aus einer fremden Kultur in die Gemeinde aufzunehmen – mit ihren spezifischen Stärken und vor dem Hintergrund einer anderen Erfahrung und Theologie.
Was ist die Chance für die Gemeinde?
Pfarrer Becker: Ausländische Priester denken oft nicht so institutionell. Sie denken eher nah dran am Menschen und sind sehr an direkter Begegnung interessiert. Das ist ein großer Fund, gerade in den immer größeren Seelsorge-Einheiten.