Gottes GastarbeiterIn deutschen Diözesen arbeiten 2386 Priester aus dem Ausland.
Das ist eine Herausforderung – für die Geistlichen und die Gemeinden.
Wie kann die Zusammenarbeit gelingen? kontinente hat nachgefragt. |
Von Eva-Maria Werner
Pferde und Hunde segnen? „Kein Problem“, sagt Martin Ibeh, der aus Nigeria stammt. „In meiner Heimat stellen wir außer Menschen auch Häuser, Äcker und Fahrzeuge unter Gottes Schutz, da fällt es mir nicht schwer, hier Tiere zu segnen.“ Der Pfarrer, der sechs Pfarreien als Pfarrverwalter leitet, ist ein „Global Player“. So jedenfalls bezeichnet eine Studie, die die Bischofskonferenz vor einigen Jahren in Auftrag gegeben hat, jene Priester aus dem Ausland, die flüssig Deutsch sprechen, hervorragend ausgebildet sind und sich gut in das Leben der Menschen in Deutschland einfühlen können.
Pfarrer Ibeh hat im Erzbistum Paderborn promoviert und ist dann geblieben. Im Einvernehmen mit seinem Heimatbistum Awka in Nigeria arbeitet er im Bistum Trier. Von seinem Einsatz profitieren beide Bistümer. Wichtig ist ihm: „Die katholische Kirche ist eine Weltkirche. Sie lebt vom Geben und Nehmen. Der Austausch der Priester ist dabei ein wichtiger Aspekt.“
Doch was sich theoretisch gut anhört, ist in der Praxis nicht so einfach. Einen Deutschkurs absolvieren und loslegen? Viele Priester aus dem Ausland scheitern schnell, ist ein Ergebnis der Studie, die unter Leitung des Münsteraner Pastoralsoziologen Karl Gabriel die Situation von „Priestern der Weltkirche“ in Deutschland analysiert hat. Mangelnde Sprachkenntnisse sind demnach das Hauptproblem. Aber es hakt auch in anderen Bereichen: Ein traditionelles Priesterbild, großes missionarisches Sendungsbewusstsein, mangelnde Anpassungsfähigkeit oder unzureichende Kenntnisse über die Struktur und Situation der hiesigen Kirche kennzeichen den Typus Priester, der leicht Probleme bekommt. Natürlich hänge es stark von der einzelnen Priester-Persönlichkeit und der Offenheit der jeweiligen Gemeinde ab, ob der Einsatz ausländischer Priester gelinge, aber Unterschiede zwischen den Nationen gebe es doch, sagt Norbert Becker.
Der Priester aus dem Bistum Münster ist freigestellt worden, um sich intensiv der Vorbereitung ausländischer Priester widmen zu können. „Afrikaner können in der Regel leicht Kontakte knüpfen“, sagt er. „Sie sind aufgeschlossen und fröhlich. Indische Priester sind es gewohnt, dass sie gut bewirtet werden, wann immer sie in ihrer Heimat an eine Tür klopfen. Dass es in Deutschland ratsamer ist, den Besuch vorher anzukündigen, ist für sie schwer zu verstehen.“
Vorbereitung im Schonraum
Jedes (Erz-)Bistum in Deutschland wählt einen eigenen Weg, Priester aus dem Ausland einzusetzen. Die Ergebnisse der Studie haben nun einige zum Anlass genommen, um intensiver oder überhaupt erst einmal über die Arbeit von „Priestern der Weltkirche“ in ihren Gemeinden nachzudenken.
Beispiel Münster: Hier hat die Ausbildung ausländischen Pastoral-Personals schon lange institutionellen Charakter. Zu Pfarrer Norbert Becker, der im Klausenhof über sechs bis acht Monate hinweg Priester und Ordensfrauen vorbereitet, schicken auch die Bistümer Passau, Speyer, Essen und Paderborn ihre Kandidaten. In einem internatsähnlichen „Schonraum“ werden sie betreut, erhalten Sprachunterricht und die Möglichkeit, sich auf die Führerscheinprüfung vorzubereiten. „Es ist für die Kandidaten eine Herausforderung, zu verstehen, dass die Kirchenzugehörigkeit in Deutschland vor allem durch die Kirchensteuer zum Ausdruck gebracht wird, nicht unbedingt dadurch, dass man zum Gottesdienst geht. Menschen aktiv zu den Sakramtenten zu führen, das kennen sie so nicht.“
Beispiel Aachen: Im Bistum arbeiten elf Priester aus Indien, Nigeria, Ghana und Kenia. „Wir versuchen, geeignete Kandidaten auszuwählen“, sagt Bernd Dickmeis, der für den Einsatz des Pastoralpersonals zuständig ist. Seit 2010 gebe es ein erstes Konzept für den Umgang mit ausländischen Priestern im Bistum. Sie erhalten ein intensives Sprachtraining, arbeiten unter der Obhut eines einheimischen Pfarrers und halten engen Kontakt zu den Verantwortlichen auf Bistumsebene.
Läuft es gut, wird der ausländische Priester später als Pfarrvikar eingesetzt, der mitverantwortlich für die Seelsorge ist, die Pfarrei aber nicht leitet. Ausdrücklich soll es nicht darum gehen, pastorale Löcher zu stopfen, „sondern den Austausch zwischen den Kulturen zu fördern“, wie Dickmeis betont. Er erhält positive Rückmeldungen von Gemeinden, die die spirituellen Impulse aus einer fremden Kultur schätzen.
Damit geht das Bistum den Weg, den auch die Autoren der Münsteraner Studie als Schlussfolgerung weisen: Der Einsatz ausländischer Priester ist nicht dazu geeignet, den Priestermangel in Deutschland zu bekämpfen. Sinnvoll ist er da, wo auf allen Seiten genug Offenheit herrscht, um voneinander zu lernen und den kulturellen Austausch voranzubringen. Eine stärkere Vernetzung mit den weltkirchlichen Werken und Diözesanstellen wäre daher wünschenswert. „Da stehen wir allerdings noch am Anfang“, sagt Dickmeis.
Pfarrer Ibeh fängt am Ende einer Trauerfeier in seiner Gemeinde Windesheim zu singen an: „Der Herr ist mein Hirte“ auf Igbo, einer der Sprachen Nigerias. Ein langsames, meditatives Gesangsritual, das auch ohne Übersetzung verstanden und als tröstendes Geschenk dankbar angenommen wird.