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Als Jour­na­lis­tin in Chi­na: In­ter­view mit Mi­riam Stei­mer

Täg­lich steht die ZDF-Jour­na­lis­tin Mi­riam Stei­mer in Chi­na vor der Fra­ge, wie frei sie The­men um­set­zen kann.
In ei­nem Land oh­ne Pres­se­f­rei­heit muss sie da­für be­son­ders krea­tiv und vor­sich­tig sein.
Sie emp­fin­det es als Lu­xus, wenn es ge­lingt, Ge­schich­ten zu er­zäh­len, die sonst un­er­zählt blie­ben.

In­ter­view: Eva-Ma­ria Wer­ner
Fo­to: ZDF-Pres­se­por­tal

Mi­riam Stei­mer, 36, lei­tet seit Ok­tober 2022 das ZDF-Stu­dio Os­ta­si­en in Pe­king, das für die Be­rich­t­er­stat­tung aus Chi­na, Ja­pan, den Phi­l­ip­pi­nen, Nord- und Süd­ko­rea, Tai­wan, Mi­kro­ne­si­en und der Mon­go­lei zu­stän­dig ist. Ihr Team in Pe­king um­fasst zehn Kol­le­gen. Da­zu kom­men lo­ka­le „Strin­ger“, die hel­fen, Ge­schich­ten vor Ort zu rea­li­sie­ren. Stei­mer ist Ab­sol­ven­tin der ka­tho­li­schen Jour­na­lis­ten­schu­le ifp. Sie be­rich­te­te un­ter an­de­rem 2015 über die Ter­ror­an­schlä­ge in Pa­ris.


Frau Stei­mer, wie ha­ben Sie sich auf den Job der Lei­te­rin des ZDF-Stu­di­os Os­ta­si­en in Pe­king vor­be­rei­tet?
Ehr­lich ge­sagt bin ich da ziem­lich rein­ge­stol­pert. Ich hat­te mich auf die zwei­te Kor­res­pon­den­ten­s­tel­le in Pe­king be­wor­ben, der Wech­sel zur Lei­tung kam über­ra­schend. Vor­her hat­te ich in mei­nem be­ruf­li­chen Le­ben nichts mit Chi­na oder Asi­en zu tun. Es war ein rie­si­ges Abenteu­er. Ich bin vor an­dert­halb Jah­ren zu Null-Co­vid-Zei­ten noch mit Ho­tel­qua­ran­tä­ne ein­ge­reist.

Wie frei kön­nen Sie in Chi­na ar­bei­ten?
Es gibt in die­sem Land kei­ne Pres­se­f­rei­heit. Das Ziel der staat­li­chen Füh­rung ist, al­les – und da­mit auch un­se­re Be­rich­t­er­stat­tung – zu kon­trol­lie­ren. Es ist schwer, Men­schen vor die Ka­me­ra zu be­kom­men, weil sie Angst ha­ben, dass sie an­sch­lie­ßend Be­such von der Sta­si oder der Po­li­zei er­hal­ten oder ih­re Fa­mi­lie un­ter Druck ge­setzt wird.

Was tun Sie in sol­chen Mo­men­ten?
Ich ha­be schon In­ter­views mit ei­nem wei­ßen Blatt ge­führt: stell­ver­t­re­tend für Men­schen, die ger­ne et­was sa­gen möch­ten, sich aber aus nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den nicht trau­en. Wir ver­su­chen krea­tiv zu sein, um ih­nen ei­ne Stim­me zu ge­ben. Es ist wich­tig, im­mer mit­zu­er­zäh­len, wie ei­ne Ge­schich­te ent­stan­den ist. Et­wa, dass wir ei­nen be­stimm­ten Aspekt nicht brin­gen kön­nen, weil der Ge­spräch­s­part­ner zu­rück­ge­zo­gen hat. Und manch­mal ist da die­ser jour­na­lis­ti­sche Drang: Ich möch­te ei­ne Ge­schich­te er­zäh­len, ei­nen tol­len O-Ton ver­öf­f­ent­li­chen, aber dann tre­te ich noch­mal ei­nen Schritt zu­rück und fra­ge: Mo­ment, kann ich das so ma­chen oder ge­fähr­de ich da­mit je­man­den?

Müs­sen Sie auch pri­vat vor­sich­tig sein?
Wer in Chi­na Geld hat, nichts mit Po­li­tik oder Jour­na­lis­mus zu tun hat und dann auch noch den Lu­xus ei­nes aus­län­di­schen Pas­ses ge­nießt, kann hier ein kom­for­ta­b­les Le­ben füh­ren. Mit ei­nem Jour­na­lis­ten­vi­sum im Pass ist das et­was an­ders. Auch wenn ich pri­vat un­ter­wegs bin, wird im Ho­tel mein Pass ein­ge­le­sen, und die Mit­ar­bei­ter in­for­mie­ren die Be­hör­den dar­über, dass ich da bin. Dann kann es sein, dass ich un­ter­wegs plötz­lich Be­g­lei­tung ha­be oder die Po­li­zei checkt, was ich vor Ort ei­gent­lich will.

Sp­re­chen Sie Man­da­rin?
Ich ha­be noch kei­ne Spra­che ge­lernt, die mir so schwer ge­fal­len ist. Aber ich bin su­per­mo­ti­viert. Es ist ein kras­ser Tür­öff­ner, mit Men­schen Wor­te in de­ren Spra­che wech­seln zu kön­nen.

Was ist das Ziel gu­ter Aus­lands­be­rich­t­er­stat­tung?
Je­de Ge­schich­te, die wir hier ma­chen, ist ex­k­lu­siv. Das ha­be ich noch in kei­nem an­de­ren Land, aus dem ich be­rich­tet ha­be, so er­lebt. Wenn wir die­se Ge­schich­te nicht er­zäh­len, er­zählt sie kei­ner. Das ist ei­ner­seits ein Lu­xus, an­de­rer­seits aber auch ein ganz sc­hö­ner Druck. In ei­nem Land, in dem die Me­di­en kom­p­lett un­ter Kon­trol­le ste­hen, selbst vor Ort zu sein und zu be­rich­ten, das ist ei­ne Rie­sen­auf­ga­be. Es gibt bis­her kein The­ma, das sich nicht an den Sen­der ver­kauft hät­te. Geo­po­li­tik, die hier spielt, ist für Deut­sch­land re­le­vant.

Wel­che The­men be­schäf­ti­gen die chi­ne­si­sche Ge­sell­schaft der­zeit?
Je nach­dem, wo man aus dem Zug oder Flug­zeug steigt, sind die Rea­li­tä­ten und
Le­bens­be­din­gun­gen sehr un­ter­schied­lich. Es ist schwie­rig, ei­ne all­ge­mei­ne Aus­sa­ge über Chi­na zu ma­chen. Aber ich glau­be, das Haupt­the­ma zur­zeit ist die Wirt­schaft. Die ex­t­re­men Maß­nah­men der Co­ro­na-Po­li­tik ha­ben viel Ver­trau­en zer­stört. Die Leu­te fra­gen: Wer weiß, was nächs­ten Mo­nat ist? Die Wirt­schafts­la­ge hat sich nach dem En­de der Co­ro­na-Maß­nah­men nicht so sch­nell er­holt, wie vie­le das ge­hofft hat­ten.

Ha­ben wir im Wes­ten ein rea­lis­ti­sches Bild von Chi­na?
Ich ha­be manch­mal das Ge­fühl, dass sich vie­le Leu­te auch aus un­se­rer Be­rich­t­er­stat­tung am liebs­ten das raus­zie­hen, was das ei­ge­ne Welt­bild und Kli­schee be­stä­tigt. Wahr­schein­lich ist das to­tal men­sch­lich und nor­mal. Wir be­kom­men aber häu­fig auch sol­che Rück­mel­dun­gen: „Ich hät­te nie ge­dacht, dass es so et­was in Chi­na gibt.“ Oder: „Das hab’ ich mir ganz an­ders vor­ge­s­tellt.“

Zum Bei­spiel?
Der Lie­fer­ser­vice! Es ist so ein­fach, al­les zu je­der Ta­ges- und Nacht­zeit zu be­s­tel­len. Vie­les funk­tio­niert hier sehr viel spon­ta­ner. Ein Fri­sör­t­er­min inn­er­halb von zehn Mi­nu­ten? Kein Pro­b­lem!

Wie se­hen die Chi­ne­sen ihr Land? Als Welt­macht?
Die Men­schen ha­ben mit ih­rem Pri­vat­le­ben so viel zu tun, dass sie sich nicht viel um Po­li­tik küm­mern. Das ist ja auch der Deal zwi­schen der kom­mu­nis­ti­schen Par­tei und dem Volk: Hal­tet ihr euch aus dem Po­li­ti­schen raus, dann sor­gen wir für eu­ren Auf­schwung. Seit Prä­si­dent Xi Jin­ping die Füh­rung über­nom­men hat, wird der Na­tio­nal­stolz so stark ge­för­dert wie nie zu­vor. An den Schu­len wird das schon den ganz Klei­nen ein­ge­impft. Mi­li­tär­camps für Kin­der und Pan­zer­fah­ren als Aus­flug am Sonn­ta­gnach­mit­tag – das wer­de ich im­mer be­f­remd­lich fin­den.

Ha­ben Sie Kon­takt zu chi­ne­si­schen Ka­tho­lik­in­nen und Ka­tho­li­ken?
Pri­vat nicht, im Rah­men der Be­rich­t­er­stat­tung schon.

Wel­che Mög­lich­kei­ten fin­den Gläu­bi­ge, ih­re Re­li­gi­on in ei­nem re­pres­si­ven Sys­tem zu le­ben?
Re­li­gi­on, ganz egal wel­che, ist in die­sem po­li­ti­schen Sys­tem nicht ger­ne ge­se­hen und schwie­rig aus­zu­le­ben. Mehr möch­te ich da­zu nicht sa­gen.

Wie be­geg­nen Ih­nen die Men­schen bei Ih­rer Ar­beit?
Sehr po­si­tiv. Sie sind herz­lich und gast­f­reund­lich und ha­ben ei­ne gro­ße Neu­gier ge­gen­über al­lem Un­be­kann­ten.

Was be­geis­tert Sie an Chi­na?
Die un­glaub­li­che Viel­sei­tig­keit des Lan­des. Und das Es­sen! Es ist ei­ne to­ta­le Ge­sch­macks­ex­p­lo­si­on. Ich bin Ve­ge­ta­rie­rin. Da fra­gen vie­le: Geht das in Chi­na über­haupt? Ja, sehr, sehr gut. Es gibt so viel Ge­mü­se und To­fu-Ar­ten, die wir bei uns nicht ken­nen. Und je­de Pro­vinz hat ih­re ei­ge­nen Spe­zia­li­tä­ten. Was ich sehr ger­ne mag, ist für die meis­ten Chi­ne­sin­nen und Chi­ne­sen ein ein­fa­ches, sch­nel­les Früh­s­tück: Jian­bing, ein sal­zi­ger Crê­pe. Großar­tig!

Zu­rück zur Nach­rich­ten­über­sicht 1/2024




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