Frauen und KirchenämterIn Ghana, Bolivien und auf der Insel Sumba in Indonesien übernehmen Frauen wichtige
Dienste in der Liturgie und der Katechese. In Papua Neuguinea sind dagegen sogar
Katechetinnen eine Seltenheit. Was ist Tradition, was sind Zeichen der Zeit? |
„Zu sagen: ‚Ich fühle mich zur Priesterin berufen‘, das ist wie wenn ich ein Tabu breche. Aber immer wieder meinen Leute von außen: Du wärst eine gute Priesterin. Am Anfang hab’ ich das nicht hören wollen. Aber jetzt sage ich: Ja, ich kann mir das vorstellen!“ Die das sagt, steht mit beiden Beinen mitten in der Kirche: Schwester Karolina Schweihofer ist stellvertretende Generalleiterin der Missionarinnen Christi.
Ob das Priesteramt für Frauen offen sein soll, das ist für die 61-Jährige keine Frage: „Für mich stellt sich die Frage eher andersherum: Warum können nur Männer Christus repräsentieren? Der Apostel Paulus betont, dass Christus in uns wohnt – somit sind wir doch alle Christusträgerinnen und repräsentieren Christus.“ So wie sie denken viele. Beim Synodalen Weg wird die Frage nach Frauen in Diensten und Ämtern heiß diskutiert.
Die Benediktinerin Philippa Rath, Mitglied im gleichnamigen Synodalforum, hat Frauen in ganz Deutschland nach ihrer Berufung zum Priestertum gefragt. 150 Antworten hat sie für ihr Buch „Weil Gott es so will“ gesammelt. Jetzt geht sie zusammen mit dem Frauen-Netzwerk Catholic Women’s Council auch weltweit nach berufenen Frauen auf die Suche. Denn das ist einer der Vorwürfe, der den Ordensfrauen gemacht wird: International sei das Frauenpriestertum kein Thema. Mehr noch, es drohe die Weltkirche zu spalten.
Die Vereinigung der Ordensoberinnen in Rom (UISG) sieht das anders: „Die Diskussion gibt es überall auf der Welt“, erklärt Schwester Roxanne Schares, Generalleiterin der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau, die im Exekutiv-Komitee der UISG arbeitet. „Nur hat es nicht überall dieselbe Wichtigkeit.“ Sie kennt die Zweifel, dass es in vielen Kulturen unmöglich sei, Frauen in starke Positionen zu bringen. „Wo Frauen präsent, glaubwürdig und in sinnvollen und relevanten Diensten engagiert sind, verschwinden die Barrieren. Die Menschen sehen die authentische und mitfühlende Präsenz von Frauen, und sie werden mehr wollen – neue und vielfältige Antworten von Frauen. Frauen möchten auf diese Bedürfnisse reagieren und ihnen Gehör verschaffen.“
Seelsorgerinnen im Kampf gegen Missbrauch
Tatsächlich sind Frauen in den Gemeinden stolz auf das, was sie tun. Doch ob sie das auch als Priesterinnen tun möchten, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. „Philippinische Frauen sind eigentlich generell sehr selbstbewusst“, beobachtet die deutsche Steyler Schwester Michaela Leifgen, die in dem Inselstaat lebt. „Aber wenn es um Kirche geht, scheint mir die Alleinstellung des Priesters generell sehr akzeptiert.“ Ihre philippinische Freundin Rachelle Salvador Mina sagt: „Ich wünsche mir, dass Frauen mit all ihren Beiträgen zum Aufbau des Reiches Gottes richtig anerkannt werden.“ Deshalb will sie zum Beispiel im Pfarrpastoralrat mehr Frauen in Führungspositionen.
Die vielen gut ausgebildeten Ordensschwestern in Indien schauen mit Sorge auf die rein männliche Kirchenleitung. In der missio-Befragung zum Missbrauch an Ordensfrauen fordern sie deshalb, dass Frauen in den Klöstern die Sakramente spenden sollen, um die jungen Schwestern besser gegen Übergriffe zu schützen. Auf dem afrikanischen Kontinent gilt die Kirche als eher traditionell und Rom-treu. Und doch hat die Südafrikanische Bischofskonferenz schon seit Jahren eine Generalsekretärin. Neun Jahre war Schwester Hermenegild Makoro in diesem Amt.
Sie sieht die Debatte im Gespräch mit dem Kölner Domradio nüchtern: „Wenn wir Frauen als Diakone oder Priester bekommen sollten, habe ich kein Problem damit. Aber nur, wenn es eine Berufung ist, nicht einfach deshalb, weil wir als Frauen die gleiche Chance bekommen müssen.“ Frauen setzen sich in vielen Ländern Afrikas viel aktiver für die Kirche ein als Männer. Und sie sind nicht blind für die Probleme der Kleriker. Priester, die ihr Amt aufgeben, Alkohol, Kindesmissbrauch, mangelnde Information und Bildung in den Gemeinden – die Liste der Diskussionsthemen ist lang. Das Priesteramt für die Frau gehört nicht dazu. Und selbst junge Wissenschaftlerinnen wie Alice Mutoniwase von der Catholic University of Rwanda können die Idee nicht unterstützen.
„Tradition“ versus „Zeichen der Zeit“
In Papua-Neuguinea sind sogar Katechistinnen noch eine Seltenheit, vor allem auf dem Land, wo die patriarchale Gesellschaftsordnung stark ist. Leitung ist Sache der Männer, Frauen putzen und schmücken den Altar, erzählt die Steyler Schwester Anna Damas. „So wie in der deutschen Kirche vor 50 Jahren ja auch.“ Sie erinnert sich lachend an ein Gespräch mit einem einheimischen Katechisten im Hochland mit riesigen Gemeinden und langen Wegen: „Er erklärte mir, dass Frauen nicht Priester werden, weil sie nicht so weit laufen könnten.“
Schwester Fransisca auf der indonesischen Insel Sumba argumentiert mit der Tradition: „Jeder hat die Freiheit, in der Kirche eine Rolle einzunehmen, auch in Indonesien. Was das Priesteramt betrifft, hält die katholische Kirche fest an der Tradition und Kultur, so wie sie uns aus der Apostelzeit und von Generation zu Generation überkommen ist.“ Was ist Tradition, was ist „Zeichen der Zeit“? Über diese Frage streiten Theologen und Bischöfe heftig. Bischof Felix Gmür, Bischof von Basel, ist dafür, das Priesteramt für die Hälfte der Menschheit zu öffnen. Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki hält dagegen: „Da gibt es ein klares, abschließendes Nein von Papst Johannes Paul II., das Papst Franziskus gerade erst wieder bestätigt hat. Deshalb sind wir nicht frei zu sagen: Wir diskutieren das grundlegend neu und stimmen dann ab.“
Diakoninnen am Amazonas?
Ein erster Schritt, so hoffen viele, könnte die Weihe von Diakoninnen sein. Das wurde schon bei der Amazonas-Synode 2019 in Rom diskutiert, dann aber ausgebremst. Zum Leidwesen vieler Bischöfe am Amazonas, denn rund die Hälfte ihrer Gemeinden wird von Frauen geleitet. Der Spiritaner Franz-Josef Merkel, 20 Jahre lang Bischof von Humaita am Amazonas, bringt es auf den Punkt: „Es geht nicht um Erlaubnisse. Es geht darum, dass die Frauen ein Amt, eine in der Struktur der Kirche verwurzelte Stellung haben und damit zur Gruppe der Ordinierten gehören. Das würde ihren Dienst in der Gemeinde aufwerten.“
Seine Mitbrüder suchen jetzt gemeinsam nach regionalen Lösungen. Die erste Kommission, die Papst Franziskus zum Thema Diakonin einsetzte, hatte keine einheitlichen Ergebnisse gebracht, nun tagt eine zweite. Doch für das Priesteramt gilt weiter, „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden.“ (Papst Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“) Schwester Karolina schüttelt darüber nur den Kopf. „Ich habe lange Zeit verstanden: ‚Die Kirche‘, das sind wir als Christinnen und Christen. Und wer hat dann die Vollmacht?“ Für sie ist klar: Die Priester-Frage ist nicht mehr totzuschweigen. Und das macht ihr Hoffnung.
„Ich hatte ja mal den kühnen Gedanken, dass bis zu meinem 70. Geburtstag (also in neun Jahren!) Frauen zu Diakoninnen geweiht sein werden und es Konzepte für die Priesterweihe der Frau gibt. Jetzt glaube ich eher, dass sich andere, neue Formen entwickeln werden. Gottes Geistkraft weht, wo sie will, verändert, verwandelt, bewegt!“
Text: Christina Brunner; Foto: Friedrich Stark
Zurück zur Themenseite Zur Priesterin berufen?
Zurück zur Nachrichtenübersicht Juli/August 2021