Leidtragende: Flüchtlingskinder in Erbil sind vor dem Terror islamistischer Fundamentalisten geflohen. Foto: KNA |
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Konflikte
Die Welt ist aus den Fugen
Nie gab es so viele Krisen wie heute. 2013 zählte das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung weltweit 414 Konflikte, davon 45 hoch gewaltsame – die Ukraine und Gaza nicht eingerechnet. Die globale Ordnung, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstand, gerät ins Wanken.
Krise in der Ukraine, Bomben auf Gaza, Vormarsch islamistischer Terrorgruppen im Irak. Die kriegerischen Auseinandersetzungen häufen sich, Hilfsorganisationen geraten an ihre Grenzen. Über den Bürgerkrieg in Syrien spricht kaum noch jemand, vom Blutvergießen im Kongo und Südsudan, in Mali und Nigeria ganz zu schweigen. Dabei zählen die Heidelberger Forscher gerade den Mittleren und Nahen Osten sowie die afrikanischen Staaten südlich der Sahara zu den größten Brennpunkten. Noch nie in seinem Berufsleben habe er so viele Kriege und Krisen gleichzeitig erlebt, offenbarte vor einiger Zeit Claus Kleber im „heute journal“. Seine Moderation war gleichsam eine Entschuldigung dafür, dass die Redaktion nicht über alle Konflikte auf einmal berichten könne.
Tatsache ist, das sich die geopolitische Lage dramatisch verändert hat: Während die Fronten im Kalten Krieg klar abgesteckt waren, sieht sich der Westen seit dem Zusammenbruch des Ostblocks mit Entwicklungen konfrontiert, die er entweder nicht vorhergesehen oder unterschätzt hat. Die Konflikte in Afrika sowie im Nahen und Mittleren Osten bedeuteten eine neue Herausforderung, sagt der Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik, Dirk Messner, und fordert: „Wir müssen lernen, diese Länder besser zu verstehen.“ Nach dem Sturz von Diktatoren sind Strukturen und Staaten zerbrochen, die nur mit Gewalt funktioniert haben. Alte Rivalitäten und ethnische Konflikte keimen wieder auf, von den Europäern willkürlich gezogene Grenzen werden in Frage gestellt.
Zugleich wird die Supermacht USA von China bedrängt und zögert, ihre Soldaten weiter als Hüter einer freiheitlichen Weltordnung in den Krieg zu schicken. Russland und islamischen Staaten macht die Globalisierung zu schaffen: Sie relativiert nicht nur deren Kultur, sondern entlarvt auch die marode Wirtschaft. Dass der Westen trotz seiner Freizügigkeit erfolgreich ist, müssen strenge Muslime als Provokation empfinden. Wegen seines moralischen Verfalls glauben sie dennoch an seinen Niedergang und sind überzeugt, dass sich der Kampf gegen ihn lohnt.
Von Beatrix Gramlich
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