Wertschätzung gefordert: Dawit Shanko will das Klischee vom hoffnungslosen Kontinent Afrika aufbrechen. Foto: Isabela Pacini |
|
Dawit Shanko
Ein glänzendes Unterfangen
Das Bild der armen, hilfsbedürftigen Afrikaner dominiert immer noch die Vorstellungen vieler Europäer von diesem Kontinent. Der Berliner Galerist Dawit Shanko, gebürtiger Äthiopier, kämpft für einen neuen, wertschätzenden Blick auf die Menschen in seiner Heimat.
Es war in der Adventszeit 2000, als Dawit Shankos Blick auf das große Plakat einer Hilfsorganisation fiel. Darauf zu sehen war eine Afrikanerin, die ein Baby im Arm hielt und einen Wasserkanister trug. Mit diesem Bild wurde um Spenden für die leidenden Menschen in Afrika geworben. Shanko erkannte die Frau auf dem Bild. Es war seine frühere Nachbarin aus Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba. „Sie war in unserem Stadtteil ein Vorbild an Tatkraft, Lebensbejahung und Mut. Doch das Plakat wies nur darauf hin, was ihr fehlte“, erinnert sich der 45-Jährige. Seitdem verfolgt Shanko ein Ziel: Er will das Klischee vom hoffnungslosen Kontinent Afrika verändern. Mit Hilfe von jungen äthiopischen Schuhputzern, „Listros“ – was wörtlich übersetzt „glänzend machen“ bedeutet – zeigt er, dass viel Eigeninitiative in den Menschen Afrikas steckt und dass sie trotz aller Widrigkeiten versuchen, ihr Leben lebenswert zu gestalten. So wie eben die Listros in den Straßen der äthiopischen Hauptstadt. Mit elf Jahren fing Shanko selbst an, sich als Schuhputzer Geld zu verdienen. „Mit dieser Arbeit verbinde ich eine gewisse Freiheit“, sagt er. Es stärke das Selbstbewusstsein, wenn man sich selbst eine Schuluniform oder auch nur einen Stift kaufen könne. Für viele junge Äthiopier seien solche Nebentätigkeiten die Chance, sich eine Schulbildung zu finanzieren.
Shanko ist heute Eigentümer der Galerie LISTROS in Berlin. Die Wände der Eingangshalle sind mit etwa 2500 hölzernen Schuhputzboxen verkleidet. 2010 kamen sie direkt von den Listros. In jeder Box steckte ein Brief, in dem die Jungen aufgeschrieben hatten, was sie sich von ihren Mitmenschen wünschen. Respekt und der Zuspruch von Mut standen ganz oben auf den Wunschlisten. Mit diesem Projekt „Briefe an die Welt“ schuf Shanko eine Plattform für die äthiopischen Jugendlichen, um ihren Hoffnungen Gehör zu verschaffen. Er gründete den Verein LISTROS e.V., der mit Kampagnen, Ausstellungen und Bildungsarbeit deutlich machen möchte, dass viele Afrikaner aktiv und erfolgreich ihr Leben gestalten. In Addis Abeba organisiert LISTROS Ideenwettbewerbe und Projekte für die Jugendlichen, damit sie selbstbewusst ihre Rechte vertreten. (no)
|