Viele Häuser in den englischsprachigen Provinzen sind in Kämpfen zerstört worden. Das Handybild stammt aus der Region um Buea.
Foto: privat |
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Kamerun - Die Gewalt spitzt sich zu
Seit Anfang 2019 droht sich der Konflikt im englischsprachigen Teil Kameruns zu einer nationalen Krise auszuweiten (wir berichteten). Die Mehrheit der Bevölkerung in den beiden Provinzen Süd-
und Nordwesten leidet unter der anhaltenden Gewalt zwischen Regierungssoldaten und bewaffneten Rebellen. Schulen sind vielerorts geschlossen, die Infrastruktur liegt in weiten Teilen lahm, die Lebensmittelversorgung wird knapp. Zahlreiche Dörfer sind in den Kämpfen zwischen Regierungssoldaten und Rebellen zerstört worden. Laut Angaben der Vereinten Nationen (UN) sind mehr als 300 000 Menschen aus ihren Häusern und Städten ins umliegende Buschland geflohen, mehr als 30 000 flüchteten bisher über die Grenze nach Nigeria.
Der Konflikt war 2016 ausgebrochen, als die Regierung friedliche Proteste der englischsprachigen Minderheit für ein englisches Schul- und Rechtssystem mit Gewalt beantwortet hatte. 2017 riefen militante Rebellen in der Region den unabhängigen Staat „Ambazonien“ aus.
Die Regierung erklärte den Separatisten daraufhin den Krieg.
Während die Bevölkerung der englischsprachigen Gebiete zunehmend unter der Gewalt leidet und das alltägliche Leben lahm liegt, tobt in Yaoundé ein politischer Machtkampf. Opposition und Regierungsgegner zweifeln die Rechtmäßigkeit der Präsidentschaftswahlen vom vergangenen Oktober an und fordern Neuwahlen. Die offiziellen Ergebnisse vom 7. Oktober bestätigten den seit 1984 amtierenden Präsidenten Paul Biya in seinem Amt.
Oppositionsführer Maurice Kamto rief nach den Wahlen, trotz eines Verbots der Regierung vom Januar, immer wieder zu friedlichen Protesten auf. Zahlreiche Regierungsgegner kamen in der Hauptstadt Yaoundé Kamtos Forderung nach. Auch in den kamerunischen Botschaften in Berlin und Paris protestierten Menschen aus Solidarität mit den Menschen in ihrer Heimat. In der Folge wurde Kamto Ende Januar verhaftet und soll sich nun vor einem Militärgericht verantworten. Die Anklage der Regierung lautet unter anderem auf Anstiftung zur Rebellion.
Die katholische Kirche Kameruns verurteilte die hohe Gewaltbereitschaft in dem Konflikt. Vor Ort gewährt sie Flüchtlingen Unterkunft, verteilt Nahrungsmittel und bietet psychologische Betreuung. Zudem verkündete der „vatikanische Außenminister“, Erzbischof Paul Richard Gallagher, am 25. Februar im Rahmen einer UN-Tagung in Genf seine Bereitschaft, in dem Konflikt als Vermittler aufzutreten.
Die Afrikanische Union (AU) hatte mit Oppositionsführer Kamto schon vor dessen Verhaftung Lösungsvorschläge für die nationale Krise in Kamerun besprochen. Demnach soll sich Kamto als neuer Vize-Präsident um eine Lösung der Krise bemühen, Biya aber Präsident des Landes bleiben. Innerhalb von drei Jahren sollen Neuwahlen stattfinden. Auch Federica Mogherini, Hochkommissarin für Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (EU), forderte eine
politische Lösung des Konflikts. Die EU unterstütze jede derartige
Initiative.
Von Lena Monshausen
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