Anschlag auf Flüchtlinge in ZentralafrikaBei einem Massaker haben Rebellen in einem Flüchtlingslager im zentralafrikanischen Alindao 60 Menschen getötet –
darunter einen Priester und den Generalvikar des Bistums.
Das Bild zeigt die angegriffene Kirche von Alindao, davor lag direkt das Flüchtlingslager. |
Bei einem Massaker haben Rebellen in einem Flüchtlingslager im zentralafrikanischen Alindao 60 Menschen getötet –
darunter einen Priester und den Generalvikar des Bistums. Seit dem Sturz von Präsident François Bozizé im März 2013 versinkt die Zentralafrikanische Republik (ZAR) im Chaos. Milizengruppen kämpfen gegeneinander und terrorisieren die Bevölkerung, ein Viertel der 4,6 Millionen Einwohner ist auf der Flucht. Spiritanerpater Olaf Derenthal, der seit 2016 in Zentralafrika lebt, wirft den Vereinten Nationen Versagen vor.
Als die Rebellen der „Friedenseinheit für Zentralafrika“ (UPC) am 15. November angreifen, sind ihnen die 26 000 Frauen, Männer und Kinder im Flüchtlingslager schutzlos ausgeliefert. Zwar haben die Vereinten Nationen mehr als 12 000 Blauhelme im Land stationiert. In Alindao jedoch befinden sich zum Zeitpunkt des Massakers nur 69, schlecht ausgerüstete Soldaten. Pater Olaf Derenthal berichtet, die Séleka-Rebellen hätten seit Monaten gedroht, das Camp anzugreifen. Vor dieser Gefahr habe der Bischof von Alindao, Cyr-Nestor Yapaupa, die Vereinten Nationen nachdrücklich gewarnt – auf sein Schreiben jedoch nie eine Antwort erhalten.
„Die Vereinten Nationen versagen erbärmlich in der Zentralafrikanischen Republik“, kritisiert Pater Derenthal. „Die burundischen Blauhelmsoldaten in Alindao sind durch mauretanische ersetzt worden, und die unterstützen die Séleka-Rebellen.“ Die mauretanischen Soldaten, so der Missionar, hätten nichts getan, um die Flüchtlinge im Lager vor dem Angriff zu schützen. Derenthal hat zudem Hinweise, dass UN-Soldaten mit Waffen handeln und so den Krieg weiter anheizen. Er betont, dass die Blauhelme zum Schutz der Bevölkerung notwendig seien, aber fordert „den Abzug aller falschen Truppen der UNO-Mission Minusca, die gemeinsame Sache mit den Rebellen machen.“ Der Anschlag auf das Flüchtlingslager in Alindao bringt auch die UN-Verantwortlichen in Zentralafrika in Verlegenheit. Parfait Onanga-Anyanga, Chef der Minusca-Mission, räumte nach dem Massaker ein, die Vereinten Nationen seien nicht in der Lage, die Menschen ausreichend zu schützen.
Der Konflikt
Der Konflikt in der ZAR begann 2013 mit dem Sturz des damaligen Präsidenten François Bozizé durch muslimische Séleka-Rebellen. Als der von den Séleka gestellte muslimische Übergangs-Präsident die Zivilbevölkerung zu terrorisieren
begann, bildeten ehemalige Regierungssoldaten, in der Mehrheit Christen, die Anti-Balaka-Milizen und griffen die Séleka an. Im Dezember 2013 schickte die ehemalige Kolonialmacht Frankreich Militäreinheiten, die zwar die Gewalt eindämmten, aber wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe 2016 wieder abgezogen wurden. Nun fällt die Befriedung der Region allein den UN-Soldaten der Mission Minusca zu.
Russlands Interesse
Immer wieder wird der blutige Konflikt in der ZAR als Religionskrieg zwischen Christen und Muslimen bezeichnet.
Tatsächlich jedoch gehe es um geopolitische Interessen in dem an Gold und Diamanten reichen Land, betont Kardinal Nzapalainga. Seit der UN-Sicherheitsrat Russland eine Ausnahme vom seit 2013 geltenden Waffenembargo für Zentralafrika gewährt hat, sind mehr als 170 Ausbilder und tausende Waffen der russischen Sicherheitsfirma Wagner ins Land gekommen. Präsident Faustin Touadéra gehe es dabei darum, möglichst unabhängig von der Ex-Kolonialmacht Frankreich zu sein, deren Truppen 2016 abgezogen worden waren. Russland gehe es um eine Partnerschaft auf dem afrikanischen Kontinent, erklärt der russische Verteidigungsminister Sergeij Schoigu, der im August 2018 mit seiner zentralafrikanischen Amtskollegin Marie-Noelle Koyara ein Abkommen über militärische Zusammenarbeit unterzeichnete.
Kardinal Nzapalainga betont gegenüber der Nachrichtenagentur Fides: „Selbst wenn andere die Fäden ziehen, liegt es an uns Zentralafrikanern, eine Lösung zu finden. Diese muss hauptsächlich politisch und nicht militärisch sein. Notwendig sind Dialog- und Opferbereitschaft.“
Links zum Thema:
Interview mit Pater Olaf Derenthal von weltkirche.katholisch.de
Eine Stellungnahme von missio zu den Angriffen auf das Flüchtlingslager am 15. November
Ein Interview mit dem Bischof von Alindao, Cyr-Nestor Yapaupa vom Oktober lesen Sie hier noch einmal.
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Foto: missio/Projektpartner
Text: Lena Monshausen