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Lebensmittel retten kann jeder
Ich traute meinen Ohren nicht, als ich hörte, was das Bundesverfassungsgericht im August feststellte: Wer aus den Containern von Supermärkten Lebensmittel herausnimmt, ist ein Dieb. Neun von zehn Bundesbürgern – so eine aktuelle Studie von RTL und ntv – finden diese Rechtsprechung falsch. Die Richter erinnerten in ihrem Urteil aber auch die Politiker an ihre Verantwortung, denn Gesetze lassen sich ändern. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat jetzt einen Nachhaltigkeitspakt mit den großen Supermarktketten geschlossen: Darin verpflichten sich Aldi, Edeka und Co., noch Essbares an Tafeln zu spenden oder billiger an die Kunden abzugeben. Doch das reicht nicht. Denn die Hälfte der zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel, die in Deutschland jedes Jahr im Müll landen, stammt von uns Verbrauchern. Das ist die braune Banane, das harte Brot, der Joghurt, der morgen „abläuft“. Am nächsten Tag wird alles wieder frisch eingekauft. Wieviel Arbeit, Wasser und Energiekosten im Essen stecken, sehen wir nicht. Gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln müssen alle aktiv werden. Meine Großmutter wusste noch, wie man alte Brötchen mit Ei und Milch in „Arme Ritter“ verwandelt. Ob der Joghurt noch gut ist, schmeckt man. Ein Reste-Kochbuch wäre ein schönes Geschenk für Küchen-Laien. Und die Handy-App „TooGoodToGo“ lenkt mich zum nächsten Laden, der „noch Gutes“ verbilligt abgibt. Erst dann schimpfe ich auf die Verfassungsrichter.
Von Christina Brunner
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