Schwester Margareta fühlt schon beim Frühstück, wie die Jugendlichen drauf sind. Foto: U. Bock |
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Jugendliche sehen, was sie schaffen
Stefan Eichele widmet sich mit einigen Jugendlichen dem Garten: „Da können sie körperlich arbeiten. Sie sehen, was sie schaffen. Und sie müssen sich in der Gruppe organisieren“, stellt er fest. Ein niederschwelliges Angebot, um junge Menschen wieder in einen strukturierten Tagesablauf zu bringen und Sozialverhalten einzuüben. Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und Solidarität werden in den unterschiedlichen Maßnahmen wohldosiert vermittelt, ehe die Jugendlichen von einem Schulabschluss oder gar einem Berufsabschluss träumen dürfen.
Und das kann gelingen. Das erfährt der Anleiter der Salesianer immer wieder: „Letztes Jahr haben wir diesen Teich angelegt und eine Brücke darüber gebaut. Wehe, da ritzt jemand was rein. Das haben sie selbst gebaut. Und da soll nichts dran kommen.“ Und so werkeln die Jugendlichen an allen Ecken und Enden ihrer Manege: ob in der Haustechnik oder Metallwerkstatt, in der Tischlerei oder der Hauswirtschaft. Inzwischen sind es 270, die regelmäßig hierher kommen, an Maßnahmen teilnehmen, Sozialstunden abbauen oder wieder zur Schule wollen und sich darauf vorbereiten. „Die akzeptieren diese Einrichtung und identifizieren sich damit. Seitdem ich hier arbeite, habe ich erst zweimal einen Graffiti wegmachen müssen“, freut sich Bruder Stefan Eichele.
Auch Daniel gehört zu denen, die im Leben wieder Tritt fassen wollen. In der Metallwerkstatt repariert er gerade mit Silvio einen Spaten: „Hier möchte ich beweisen, dass ich zuverlässig bin, pünktlich sein kann und gut arbeite. Neun Monate sind für die Maßnahme des Jobcenters angesetzt. Wenn ich die geschafft habe, möchte ich gern in eine Ausbildung gehen. Sozialassistent wäre eine klasse Sache.“ Die Sozialarbeit, die er in der Manege erfährt, bestätigt ihn in diesem Wunsch.
„Es ist ein steiniger Weg. Aber einige gehen ihn sogar bis ins Studium“, berichtet Schwester Margareta Kühn. Die Diplom-Sozialpädagogin, die zu den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel gehört, hat das Projekt in Marzahn mit aufgebaut. Früher war sie Lehrerin an der Katholischen Berufsbildenden Bergschule in Heiligenstadt. Schon da haben die Schwestern viel mit dem Jugendzentrum Villa Lampe der Salesianer Don Boscos kooperiert. Und als die überlegten, nach der Aufgabe ihres Standortes in Berlin Wannsee einen neuen Wirkungsort in der Hauptstadt zu finden, haben sie sich an die Schwestern gewandt. „Ein solches Projekt kann keiner von uns allein stemmen“, sagt Schwester Margareta. Andererseits ist sie überzeugt, dass Ordensgemeinschaften dazu berufen sind: „Es geht darum, Jugendliche aufzufangen, die nicht ins System passen. Wer soll das machen, wenn nicht wir?“
Berlin Marzahn-Hellersdorf, das ist Mission: 250.000 Einwohner, nur drei Prozent Christen. Hohe Jugendarbeitslosigkeit, wenig Arbeitsperspektiven. „Unserer Ordensgründerin hätte dieser Ort gefallen“, ist Schwester Margareta überzeugt. Und das würde wohl auch für den heiligen Don Bosco gelten.
Schule auf Rädern
Über das Projekt „Schule auf Rädern“ bringt die Manege schon seit fünf Jahren Jugendliche zum Hauptschulabschluss. Jede dritte Woche fahren sie zum Blockunterricht nach Heiligenstadt, wo sie an der Berufsbildenden Schule unterrichtet werden. „Wenn sie ihre Koffer packen und wieder in den Bus steigen dürfen, sind die meisten von ihnen euphorisiert“, weiß Schwester Margareta. Und Heiligenstadt sei viel ruhiger als Berlin, so dass sie dort, abseits von ihrem Freundeskreis, kaum abgelenkt würden.
„Aber dieses Modell passt nicht für alle“, hat Schwester Margareta festgestellt. Denn viele könnten aufgrund familiärer Verpflichtungen nicht regelmäßig für eine Woche verreisen. In der Manege gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, Kinder zu betreuen. Schwester Maria Raphaela Benkhoff hat jeden Tag ein paar Kleinkinder um sich, damit die Mamas und Papas zur Schule gehen oder auch Sozialstunden ableisten können.
Von Ulrich Bock
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