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Doris Chembo
Mein Lebenslauf
Ich heiße Doris Chembo. Am 15. Juni 1988 wurde ich im ländlichen Sambia im sogenannten Kupfergürtel geboren. Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, in dem es kein fließendes Wasser oder Strom gab. Jedoch hatten wir in einiger Entfernung des Dorfes einen schönen Fluss mit sauberem Wasser.
Als meine Geburt bevorstand, begab sich meine Mutter in eine nahe gelegene Missionsklinik, wo sie die medizinische Hilfe bekam, die sie benötigte. Gott sei Dank hat sie mich als gesundes Baby zur Welt gebracht. Nach unserer Entlassung aus dem Krankenhaus kam ich in mein Heimatdorf, in dem auch viele meine Verwandten wohnen. So bin ich umgeben von Cousinen und Cousins, Tanten und Onkel aufgewachsen.
Ich bin das fünfte von acht Kindern in unserer Familie. Wir sind drei Mädchen und fünf Jungen. Meine Eltern sind Kleinbauern und leben in Mpongwe, wo sie vor allem Mais anbauen. Einen Teil davon verbrauchen sie selbst, den Überschuss verkaufen sie. Der älteste meiner Brüder arbeitet für ein Transportunternehmen im Kupfergürtel. Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Der zweitgeborene Bruder ist verheiratet und hat fünf Kinder. Der Drittgeborene arbeitet ebenfalls für das Unternehmen. Die übrigen Geschwister gehen zur Schule und leben noch bei meinen Eltern in Mpongwe, wo sie in der Landwirtschaft mithelfen.
Die Ernte gemeinsam eingebracht
In meiner Kindheit drehte sich alles um die Arbeit auf unserem Bauernhof. Ich habe gelernt, das Land zu bearbeiten und mich um die Pflanzen zu kümmern. Meine Eltern sorgten dafür, dass wir unseren Teil zur Lebenshaltung beitrugen. Sie machten wenig Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen, so dass ich erlernte, das ich zu leisten, was auch Jungs leisten können. Beim gemeinsamen Arbeiten auf dem Land habe ich gelernt, mit den Familienmitgliedern genau abzusprechen, wie wir die Aufgaben am besten gemeinsam bewältigen können. Manchmal baten meine Eltern uns, zusammen in einem Bereich zu arbeiten. Das hat mich gelehrt, wie wichtig es ist, andere in der Familie zu unterstützen. Wenn die Ernte eingebracht wurde, war dies schließlich die Ernte unserer Familie und nicht die Ernte eines einzelnen Familienmitglieds. Meine Eltern arbeiteten immer mit zusammen uns auf den Feldern und gingen mit gutem Beispiel voran.
Ich unserer großen Familie habe ich auch Meinungsverschiedenheiten mit meinen Brüdern und Schwestern erlebt – manchmal sogar Streitereien unter uns Geschwistern. Da meine Eltern streng waren und überzeugte Katholiken sind, sorgten sie dafür, dass wir unserer Probleme untereinander lösen. Sie bestanden darauf, dass wir uns spätestens vor dem Schlafengehen wieder versöhnen. Auf Vergebung, Geduld und Eintracht legten sie großen Wert. Im Groll zu leben und nicht miteinander zu reden, wurde einfach nicht geduldet. So lernte ich, wie wichtig der Gespräch und das Lösen von Meinungsverschiedenheiten ist, wann und wo immer sie auftreten.
Ziegen schlachten für das Schulgeld
Zur Grundschule bin ich ganz in der Nähe unseres Dorfes gegangen. Ich spürte sehr bald, wie ernst mein Vater die Erziehung nahm. Er bestand darauf, dass ich zur Schule gehe, und prüfte während der Feldarbeit, was ich und meine Geschwister gelernt hatten. Die Erlaubnis, einmal nicht zur Schule zu gehen, erteilte er nur, wenn meine Mutter ihm versicherte, dass man wirklich krank sei. Wir hielten ein paar Ziegen und vier Kühe auf dem Bauernhof, und diese kamen gelegen, wenn wir Bücher oder Uniformen für die Schule benötigten. Wenn der Verkauf von Mais nicht genügend Geld einbrachte, schlachtete mein Vater eine Ziege, um durch den Fleischverkauf die Lücke decken zu können. Ich liebte es, zur Schule zu gehen, weil ich dort viele Freunde fand und Zeit hatte, mit unseren Puppen Mutter und Kind zu spielen. Ich liebte es, auf dem Weg von der Schule nach Hause durch den Busch zu laufen, wilde Früchte zu sammeln oder Feuerholz für unsere Kochstelle zu sammeln.
Rolle als Frau und Mutter gelernt
In Sambia gibt es 72 Volksstämme, und ich gehöre dem kleinen Stamm der „Lamba“ an. Meine Eltern sind beide Lamba und bin daher durch die Lamba-Kultur und
-Tradition geformt. Als junges Mädchen habe ich meine Rolle in der Familie schnell begriffen. Ich half beim Kochen, beim Hausputz und kümmerte mich um meine jüngeren Brüder und Schwestern. Zu meinen täglichen Pflichten gehörte es auch, Wasser zu holen, denn Wasser ist die Grundlage für Sauberkeit und Hygiene. Meine Erziehung war darauf ausgerichtet, den Pflichten einer künftigen Mutter gewachsen zu sein. Eine Mutter in unserer Kultur darf nie müde werden, sich um den Haushalt zu kümmern und vor allem für Gastlichkeit zu sorgen.
Wenn ein Mädchen im entsprechenden Alter ist, erfährt sie einen Initiationsritus, um den Übergang von der Kindheit zur jungen Erwachsenen zu markieren. Sie wird für einige Zeit vom Rest der Familie getrennt, um die notwendigen Instruktionen zu erhalten, die eine Frau für die Hygiene und ihre Rolle in der Gesellschaft benötigt. Diese Anleitung hat mich gelehrt, wie wichtig die Förderung der Einheit in der Kernfamilie sowie in der gesamten Verwandtschaft ist.
Ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen. Jungen wurden dazu ermutigt, Feldmäuse zu jagen, Fallen für Kleintiere im Wald aufzustellen oder Strohhütten zu bauen, um sich auf ihre künftige Rolle als Mann vorzubereiten. Mädchen spielten mit Mädchen, Jungen spielten mit Jungen. Nur in der Schule gab es gemeinsame Aktivitäten, bei denen wir mit den Jungs in Wettbewerb traten.
Abnabeln in der Großstadt
Nachdem ich die Sekundarstufe in der Schule abgeschlossen hatte, wurde ich zu meinem ältesten Bruder in die Stadt Ndola geschickt, wo sich Menschen aus allen Teilen des Landes ansiedelten, die ihre Dörfer verlassen hatten. Es war eine große Umstellung für mich, ohne meine Eltern zu leben. Zudem musste ich mich an meine Schwägerin gewöhnen, die mir nicht vertraut war. Außerdem musste ich mit Nachbarn zusammen zu leben, die mir fremd waren und die aus ganz anderen Teilen des Landes kamen. So habe ich gelernt, mich mit Menschen zu arrangieren, die nicht nach den Regeln meines Dorfes lebten. Die Zeit des Zusammenlebens mit meinem Bruder half mir, unabhängig und flexibel zu werden und mich vom Elternhaus und meiner vertrauten Umgebung abzunabeln. Während meiner Zeit auf dem Gymnasium in Ndola lernte ich viele Studenten sehr unterschiedlicher Herkunft kennen. Einige waren reich, und sie wurden mit dem Auto in die Schule gebracht. Andere kamen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wieder andere mit dem Fahrrad und einige – wie ich – gingen zu Fuß zur Schule. Die Wahl der Freunde in der Stadt stellte eine besondere Herausforderung für mich da, da es sehr passieren konnte, in die falschen Kreise zu geraten. Ich hatte Glück, denn ich saß gleich am ersten Schultag neben einem Mädchen, mit dem ich sehr viele Gemeinsamkeiten teile. Sie stammt wie ich aus einer armen Familie, ist sehr zurückhaltend, nahm die Schule so ernst, wie ich es tat. Wir wurden Freundinnen und unterstützen einander in vielerlei Hinsicht. Wir sind bis heute enge Freundinnen geblieben.
Meine Eltern wollten mich nicht unter die Haube bringen
Vor diesem Hintergrund bin ich geworden, was ich bin. Ich sehe mich als eine verantwortungsvolle und fürsorgliche Person, da ich diese Werte durch meine Familie gelernt habe. Mit Menschen vertrauensvoll zusammenzuleben und das Leben mit jedem teilen zu wollen, dem ich begegne, ist das Ergebnis meiner Erziehung. Ich schätze die Fähigkeit zur Vergebung und zum Dialog als Weg, Probleme zu lösen. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass sie traditionelle Grenzen überschritten und mich ermutigt haben, die Schule ernst zu nehmen. Und vor allem, dass sie sich nicht dafür entschieden haben, mich unter die Haube bringen zu wollen, wie es einigen meiner Freundinnen ergangen ist.
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