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Einmaleins der ZukunftIn Afghanistan organisiert ein deutscher Mathematiker Unterricht in Moscheen, vor allem für Mädchen. Seine Verbündeten sind die lokalen Mullahs. Ohne Bildung sei Frieden und wirtschaftlicher Aufschwung unmöglich, sagen sie. |
Text: Carsten Stormer; Fotos: Uli Reinhardt
Darauf war das Mädchen nicht vorbereitet. „Was ist 57 minus 8?“, fragt der Deutsche in flüssigem Dari. Niemand meldet sich, die Mädchen starren mit einem Bitte-nicht-ich-Blick zu Boden. Der Mann zeigt auf eine Schülerin. „Na?“ Das Mädchen überlegt, knetet die Hände, läuft rot an, setzt an, stockt – und sagt nach einer Weile: das Ergebnis. Anschließend sackt sie zusammen wie ein Ballon, aus dem jemand die Luft gelassen hat. Peter Schwittek lächelt und zwinkert der Lehrerin in der Abu Bakre Sediq Moschee zu. Er trägt eine hellblaue Schalwar Kamiz, das traditionelle afghanische Gewand aus Oberhemd und Pluderhose. Hageres Gesicht, Igelfrisur, weiße Haare, verschmitzte Äuglein hinter einer Brille und zerknitterte Hände.
Die Moschee ist ein hellblauer Kasten in einer Seitenstraße des Kabuler Stadtteils Jagatut, wo bärtige Männer auf den Straßen palavern und Besuchern unter ihren Turbanen freundlich zulächeln. Polizisten dösen auf Schemeln in der Mittagshitze, ihre Kalaschnikows auf den Knien. Schafshälften hängen vor Fleischerläden in der Sonne und in den verschachtelten, staubigen Gassen lassen Jungen Drachen in den Himmel steigen oder kicken mit Plastikflaschen. Der Militärflughafen von Kabul ist nur wenige 100 Meter entfernt. Ständig zirkeln Hubschrauber über den Lehmbauten, Flugzeuge landen und starten, denn der Krieg ist auch hier nicht weit entfernt.
Das afghanische Abenteuer begann 1973, als Peter Schwittek eine Dozentenstelle an einer Universität in Kabul annahm. Über die Jahre folgten weitere Aufenthalte in Afghanistan und Pakistan. Seit 1998 lebt der 70-jährige Peter Schwittek mit seiner Frau Anne Marie dauerhaft in Afghanistan und leitet die „Organisation zur Förderung regionaler afghanischer Initiativen und Nachbarschaftshilfen“, kurz: OFARIN. Im Persischen heißt OFARIN auch: „Gut gemacht!“ – „Das sagen Lehrer zu ihren Schülern. Darüber hat der Peter lange nachgedacht“, sagt Anne Marie Schwittek und kichert. OFARINs Lehrer sollen die Schüler nach dem Sinn der Sätze und Geschichten fragen, die sie lesen. „Bei uns lernen die Schüler innerhalb eines Jahres lesen und schreiben – und verstehen den Inhalt des Gelesenen“, sagt Schwittek. Etwa 5500 Kinder, mehr als die Hälfte davon Mädchen, lernen zurzeit bei OFARIN – in Moscheen in Bini Hissar, Kart-e-Nau, Khodscha Bughra und Jagatut. Es ist der Versuch auf Mikroebene, die afghanische Jugend aus der Apathie des Analphabetismus zu katapultieren, ihrem Leben eine Richtung zu geben, eine Chance.
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