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Verkaufte KindheitAuf dem Markt von Benins Wirtschaftsmetropole Cotonou schuften Tausende Minderjährige.
Vor allem Mädchen sind den Händlern schutzlos ausgeliefert. Don Bosco Schwestern versuchen,
die Spirale von Armut und Ausbeutung zu durchbrechen. |
Text: Katrin Gänsler; Foto: David Gnaha
Auf dem Markt Dantokpa im Herzen von Cotonou herrscht dichtes Gedränge. Zwischen Tausenden kleiner Läden bieten junge Männer bitter schmeckende Kolanüsse an. Eine Frau balanciert eine Auswahl bunt bedruckter Stoffe auf ihrem Kopf. Beim Verkaufsgespräch muss sie gegen die Musik aus einem übersteuerten Lautsprecher anschreien. Etwas ruhiger ist es auf der südlichen Seite des Marktes. Hier werden Minibusse und Pkw mit Ware beladen, bevor sie aufbrechen, um Orte in ganz Benin anzusteuern.
Der Platz ist jeden Tag auch Treffpunkt für Dutzende Mädchen, die als Verkäuferinnen über den Markt ziehen. Der umgebaute Container der Don Bosco Schwestern, die Baraque S.O.S., bietet ihnen für ein paar Stunden Ruhe und Schutz. Die ersten drei kommen gegen zehn Uhr und begrüßen Claudine Bohissou kaum. Schnell greifen sie sich das Awalé-Spiel und legen die kleinen Spielsteine konzentriert von einer Mulde in die nächste. Ihre Umgebung nehmen sie nicht mehr wahr. Nur manchmal lachen sie auf. Eigentlich sollten die Mädchen in der Schule sein. Stattdessen verkaufen sie sechs Tage in der Woche Obst, Gemüse und Getränke. Ihre großen, schweren Plastikschüsseln mit Tomaten und Chili haben sie auf den Stufen abgestellt.
Claudine Bohissou schaut ihnen zu. Sie arbeitet seit der Einweihung des Zentrums 2001 hier. „Ziel war es, den Alltag für die Kinder menschenwürdiger zu gestalten“, sagt die 44-Jährige. Der ist von Stress geprägt. Die Mädchen stehen morgens zeitig auf, holen ihre Waren ab, sind den ganzen Tag unterwegs und gehen abends spät ins Bett. Ständig stehen sie unter Druck, für ihre Eltern oder eine „Bonne Dame“, wie die Händlerinnen und Betreiberinnen von Straßenrestaurants in Cotonou heißen, zu verkaufen. Oft sind diese Damen jedoch weniger gut als ihr Name verheißt. Den kleinen Verkäuferinnen zahlen sie maximal 1,50 Euro am Tag. Wie viele minderjährige Mädchen und Jungen auf dem Markt unterwegs sind, weiß niemand genau. Manche Schätzungen gehen von bis zu 10000 aus.
Sylvie Togbe, die kleine Plastikbeutel voll Wasser feilbietet, ist eine von ihnen. Nach ihrer ersten Tour über den Markt braucht sie dringend eine Pause. Die schmächtige 13-Jährige setzt sich auf eine Holzbank und beginnt eine Partie „Mensch ärgere Dich nicht“. Die Baraque S.O.S ist voll geworden, der Lärm manchmal unerträglich. Trotzdem versucht eins der größeren Mädchen, im Raum nebenan auf einer Plastikmatte zu schlafen.
Tagesverdienst: 2,30 Euro
Sylvie denkt ständig an ihre Großmutter, bei der sie lebt und die sie versorgen muss. „Niemand hat sich um sie gekümmert. Meine Mutter hat entschieden, dass ich zu ihr ziehe“, sagt sie auf Fon, der im Süden Benins meistverbreiteten Sprache. Seit mehr als zwei Jahren ist das Mädchen nun für die alte Frau verantwortlich. Weit weg wohnen die beiden nicht. Morgens läuft Sylvie zu Fuß zum Markt. Wenn sie abends müde ist und genügend verkauft hat, leistet sie sich für 20 Cent eine Fahrt mit dem Moped-Taxi. An guten Tagen verdient sie knapp 2,30 Euro, an schlechten noch weniger. Erschöpft ist sie immer. Claudine Bohissou hat sich neben die 13-Jährige gesetzt und legt den rechten Arm um sie. Sie kennt Sylvies Geschichte genau. Es braucht Vertrauen und vor allem Zeit, bis die Mädchen in der Baraque S.O.S. erzählen. „Sylvie fühlt sich sehr für ihre Großmutter verantwortlich. Sie geht davon aus, dass sie das Essen kaufen muss. Das ist das größte Problem.“
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