„Wo Frauen präsent sind verschwinden Barrieren“Frauen wollen Teil des Dialogs sein, der dauerhafte Veränderungen und positiven
Wandel in unseren Gesellschaften herbeiführt, macht Schwester Roxanne Schares,
Generaloberin der Schulschwestern von Notre Dame, im kontinente-Interview deutlich. |
In der deutschen Kirche gibt es eine starke Debatte darüber, ob Frauen zu Diakonissen oder Priesterinnen geweiht werden können. Auch viele Ordensfrauen beteiligen sich an dieser Debatte. Gibt es diese Diskussion auch weltweit?
Diese Diskussion gibt es wahrscheinlich weltweit, allerdings scheint sie nicht in jedem Teil der Welt die gleiche Priorität oder das gleiche Anliegen zu haben. Ordensfrauen konzentrieren sich in erster Linie auf die Frage, wie sie am besten auf die dringenden und kritischen Anliegen dieser Zeit reagieren können, wie sie die an den Rand Gedrängten erreichen, begleiten und stärken können, die um ihr Überleben kämpfen, um ein Leben in Würde, um mehr Gerechtigkeit und Frieden in ihrem Leben.
In manchen Kulturen ist es vielleicht gar nicht möglich, Frauen eine starke Stellung in der Kirche zu geben, weil die Gesellschaft das nicht akzeptiert?
Dies ist eine Ansicht von einigen. Kulturelle und gesellschaftliche Überzeugungen und Werte können die effektive Beteiligung von Frauen an wichtigen Diensten in Kirche und Welt einschränken und tun es auch. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass dort, wo Frauen präsent, glaubwürdig und in sinnvollen und relevanten Diensten engagiert sind - besonders bei denen, die an den Rand gedrängt und isoliert sind, die in schwierigen Situationen zu kämpfen haben - die Barrieren verschwinden. Die Menschen sehen und begrüßen die authentische und mitfühlende Präsenz und den Dienst von Frauen, und sie werden oft nach vielfältigeren und neuen Antworten von Frauen fragen. Und Frauen wollen auf reale Bedürfnisse reagieren. Sie wollen ihnen eine Stimme geben und Teil des Dialogs sein, der dauerhafte Veränderungen und positiven Wandel in unseren Gesellschaften herbeiführt.
Ein Bischof aus dem Amazonasgebiet erzählte mir, dass er sehr gehofft habe, dass Frauen in Lateinamerika mit einem eigenen Amt als Kirchenvorsteherinnen berufen werden, also eine Art Diakonin. Würden sich die Oberinnen das wünschen?
Viele Oberinnen wären dafür offen, denn damit könnte man effektiver auf ungedeckte Bedürfnisse in verschiedenen Teilen unserer Welt reagieren und die Beteiligung an der Förderung der Mission Gottes stärken.
Die Die Internationale Gemeinschaft von Generaloberinnen (UISG) fordert immer wieder mehr Dienste und Rechte für Frauen in der Kirche. Was sind aus Ihrer Sicht die dringendsten Probleme?
In letzter Zeit sind mehrere Pandemien deutlicher geworden: Diskriminierung und Marginalisierung, zunehmende Ungleichheit und Armut, verschiedene Formen von Sklaverei und Gewalt, Verwüstung unserer gemeinsamen Heimat-Erde. Die UISG unterstützt Ordensfrauen dabei, stark zu werden und andere zu befähigen, für das größere, gemeinsame Wohl aller zu arbeiten und füreinander Schwestern und Brüder zu werden, was Papst Franziskus als Teil des Geflechts universaler Gemeinschaft (Fratelli Tutti, 149) beschrieben hat.
Interview: Christina Brunner
Zur Person
Schwester Roxanne Schares SSND ist Generaloberin der Schulschwestern von Notre Dame und Mitglied des Vorstands der Internationalen Gemeinschaft von Generaloberinnen (UISG).
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