missio-Kampagne im Kongo: Die Minenarbeiter wollen Gold und Coltan zu fairen Preisen für Apple & Co. fördern und fordern Schutz vor den Rebellen. Foto: Oppitz/KNA |
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missio-Aktion "Saubere Handys"
Gold und Coltan für Handys
06.09.2013 - 10.000 Menschen unterstützen bislang die missio-Aktion „Saubere Handys“. Nun weitet sich die Kampagne auf den Kongo aus, wo Rebellen illegalen Handel mit Gold und Coltan be- treiben. Die Mobilfunk-Unternehmen geraten unter Druck.
Pfarrer Justin Nkunzi hat einen seiner besten Freunde verloren. Sie studierten zusammen Theologie und verbrachten viel Zeit miteinander. „Hier im Pfarrhaus von Kabare haben die Rebellen ihn erschossen“, klagt der 44-Jährige. Als Direktor der katholischen Menschenrechtsinitiative „Justice and Peace“ weiß Justin Nkunzi, wie gefährlich es ist, als Priester im Kongo für Frieden zu predigen. Im Osten des afrikanischen Landes wüten seit Jahren blutige Kämpfe. Es geht unter anderem um die reichen Bodenschätze. Die Rebellen erobern gezielt die Gold- und Coltan-Minen. Die Mineralien werden für die Herstellung von Mobiltelefonen benötigt. Durch illegale Verkäufe finanzieren bewaffnete Gruppen ihren Krieg, der wegen brutaler Vergewaltigungen berüchtigt ist.
Niemand ist hier mehr sicher. Auch nicht die Frauen, Kinder und Männer, die neben dem Pfarrhaus von Kabare in einer langen Reihe warten. „Wir haben eine Anlaufstelle mit Trauma-Zentrum für die Opfer des blutigen Konflikts aufgebaut“, berichtet Pfarrer Justin. Seine Mitarbeiterin Thérèse Mema betreut jene, die Opfer brutaler Überfälle wurden. Sie bringt Frauen ins Krankenhaus, die schwanger aus den Fängen der Rebellen fliehen konnten. Sie hilft Familien, deren Väter mit vorgehaltener Kalaschnikow gezwungen wurden, ihre Töchter zu vergewaltigen. Die sadistische Gewalt verbreitet sich wie ein Flächenbrand. Dennoch schafft es Thérèse Mema hier, kleine Wunder zu vollbringen. Mehr als 600 Frauen, Kindern und Männern konnte sie im vergangenen Jahr mit ihrem Team helfen. So gibt es Familien, die nach Monaten und Jahren der Trauer und Traumatisierung neuen Lebensmut gefunden haben. Ermöglicht wird die Arbeit für die notleidenden Menschen in den Trauma-Zentren der katholischen Kirche durch Spenden von missio aus Deutschland. Im Rahmen der Aktion Schutzengel war Pfarrer Justin Nkunzi im vergangenen Jahr beim Katholikentag in Mannheim. Er sprach mit Menschenrechtsexperten, Journalisten und Vertretern der Mobilfunkbranche über die Zusammenhänge zwischen dem Krieg im Kongo und den Handys in der westlichen Welt. Der Pfarrer spürte, dass sich etwas bewegen lässt. Und zwar nicht nur in Deutschland, wo bislang 10.000 Menschen die Aktion „Saubere Handys“ unterstützen.
Nun will der Direktor von „Justice and Peace“ die Kampagne nach Afrika bringen. „Mit der Aktion gegen Blutmineralien setzen wir uns dafür ein, dass die Menschen im Kongo von den Bodenschätzen profitieren und nicht die Kriegstreiber.“ Am heutigen Tag plant der Seelsorger eine Fahrt zu den Minenarbeitern der Region Walungu. Kurz vor dem Start erhält er vom Pfarrer der dortigen Gemeinde eine dramatische Nachricht: In der Nacht zuvor haben die Rebellen ein Dorf überfallen. „Ich muss also vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück sein, sonst wird es zu gefährlich“, erklärt Priester Justin. Bei seiner Ankunft wird er von den Minenarbeitern und deren Familien freudig begrüßt. „Endlich interessiert sich jemand für unser Schicksal“, sagen die Menschen. „Vor zwei Wochen haben die Rebellen uns überfallen“, klagt ein Mann, der mit dem Leben davon kam. Minenarbeiter, die es schaffen, ihre wertvollen Mineralien zum Verkauf anzubieten, werden vielfach ausgebeutet. Mehrere Hundert Prozent Gewinn machen die Zwischenhändler. Für die Familien in den Minen bleibt gerade genug zum Leben, aber nichts mehr für Schulgeld und Arztrechnungen übrig. „Ich lade die Handy- Hersteller zu uns in den Kongo ein, damit sie sich ein eigenes Bild machen können über die Notsituation der Familien und jener Männer, die das Gold und das Coltan schürfen“, erklärt Pfarrer Nkunzi.
Das Geschäft mit den Mobiltelefonen
Jedes Jahr werden alleine in Deutschland 35 Millionen Handys gekauft. Der Wert des hierbei verwendeten Goldes und Coltans beträgt 60 Millionen Euro. Wer wissen will, woher diese wertvollen Mineralien stammen, erhält von den Herstellern ausführliche Informationen über deren Nachhaltigkeitskonzepte und umweltbewusste Unternehmenspolitik. Eine Garantie, dass kein Gold und Coltan von Rebellen über Zwischenhändler gekauft wurde, will kein Unternehmen geben. Angeblich sei es zu schwierig, diese lange Lieferkette nachzuvollziehen. Dass es dennoch gehen kann, beweist nun ein niederländischer Betrieb mit acht Angestellten den Weltkonzernen. „Fairphone“ heißt das Mobiltelefon mit Coltan aus dem kongolesischen „Solutions for Hope-Projekt“, einer garantiert konfliktfreien Initiative.
Von Jörg Nowak
missio hat führende Mobilfunkhersteller befragt, wie sie sich für den Einsatz konfliktfreier Rohstoffe engagieren. In dieser Übersicht sehen Sie die Antworten, recherchiert von Geneviève Hesse. (PDF)
Dieser Artikel stammt aus dem kontinente-Eigenteil von missio Aachen. Mehr dazu finden Sie hier.
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