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Fo­to: FMS

Teu­fels­ritt mit dem Prit­schen­wa­gen

Es ge­schah ge­gen En­de der Re­gen­zeit in der kam­bod­scha­ni­schen Pro­vinz Mon­dol­ki­ri. Ich hat­te mich auf ei­nen ru­hi­gen Abend ein­ge­s­tellt, als plötz­lich mein Han­dy klin­gel­te. Die Köchin des In­ter­nats bat mich, sch­nell mit dem Au­to der Pfar­rei nach Bus­ra zu kom­men. Dort sei ein jun­ger Mann bei ei­nem Mo­tor­rad-Un­fall ver­letzt wor­den. In dem Dorf gibt es zwar ei­ne Ge­sund­heits­sta­ti­on mit ei­ner Schwes­ter, aber kei­nen Arzt, kei­ne Me­di­ka­men­te und kein Fahr­zeug. So mach­te ich mich denn auf den Weg.
Der al­te Prit­schen­wa­gen, der der Kir­che ge­hört, ist seit Adam und Eva in Ge­brauch. Sein Fuß­bo­den gibt den Blick auf die Stra­ße frei, und auch sonst hat er vie­le Män­gel. Aber er fährt. Nach 40 Ki­lo­me­tern durch den dun­k­len Ur­wald wur­de der Pa­ti­ent ins Au­to ge­packt. Zu mei­ner Über­ra­schung zwäng­te sich auch die gan­ze Sip­pe des jun­gen Man­nes in un­se­ren al­ten Klap­per­kas­ten.
Der fol­gen­de „Teu­fels­rit­t“ brach­te das Fahr­zeug an die Gren­zen sei­ner Be­last­bar­keit. Es war über­la­den, muss­te durch vie­le Schlaglöcher. Die Mit­fah­rer wa­ren al­le pit­sch­nass, denn wir muss­ten die Fens­ter öff­nen, weil ein paar Leu­te lan­ge Zeit nicht ge­duscht hat­ten. Mei­ne Ner­ven ha­be ich al­len Himm­li­schen an­emp­foh­len. Am En­de er­reich­ten wir das Kran­ken­haus in Sen Mono­rom. Nur ein ein­zi­ger Mit­rei­sen­der be­dank­te sich für die Fahrt.
Ich hat­te den Leu­ten ver­spro­chen, sie am Mor­gen zu­rück nach Bus­ra zu brin­gen. Dann je­doch stell­te ich fest, dass das Au­to zwei Platt­fü­ße hat­te und zu­erst in die Werk­statt muss­te.
Bei mir warf das Er­leb­nis vie­le Fra­gen auf: Warum ist das Ge­sund­heits­we­sen so un­ter­ent­wi­ckelt? Wie­so zieht nie­mand die de­so­la­ten Fahr­zeu­ge aus dem Ver­kehr? Warum hat nur ei­ner „Dan­ke“ ge­sagt? Wer hat die Luft aus den Rei­fen ge­las­sen? War der gu­te Aus­gang Zu­fall oder Vor­se­hung?
Die Men­schen hier glau­ben, dass al­les von den Geis­tern der Ver­s­tor­be­nen und der Na­tur be­ein­flusst wird. Man muss sie nur bei gu­ter Lau­ne hal­ten. Un­se­re Trieb­fe­der ist die Mis­si­on. Aber ei­nes ist si­cher: Die nächs­te Her­aus­for­de­rung kommt be­stimmt.

Bru­der Bern­hard Trem­mel

Bern­hard Trem­mel, 71, Ma­ris­ten­bru­der, ist Er­zie­her, Ex­er­zi­ti­en- und Me­di­ta­ti­ons­lei­ter so­wie No­vi­zen­meis­ter. Seit 2007 ar­bei­tet er im ka­tho­li­schen Ju­gen­d­­­zen­trum in Pa­lung in Kam­bod­scha.



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