Hartnäckig: Hinterbliebene verklagt Italien. Foto: Pro Asyl |
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Anwältin der Flüchtlinge
Gergishu Yohannes
14.01.2013 - Seit August 2009 lässt Gergishu Yohannes ein Thema nicht mehr los: Flüchtlinge, die auf dem Mittelmeer den Tod finden. Ihr Bruder ist einer von ihnen. Er harrte 20 Tage auf einem überfüllten Schlauchboot aus, bevor er starb.
Mehrmals, erzählten fünf Überlebende, seien Schiffe an dem Flüchtlingsboot vorbeigefahren, ohne Hilfe zu leisten. Ein Mann sei zurückgestoßen worden bei dem Versuch, sich an Deck eines Schiffes zu ziehen. „Als ich davon hörte, war ich schockiert“, erzählt die 47-Jährige, die als Jugendliche selbst vor dem Krieg in Eritrea geflohen ist. „Ich fühlte mich in Deutschland willkommen. Hier bekam ich die Möglichkeit, das Beste aus meinem Leben zu machen.“ Die Mutter von drei Kindern arbeitet mit ihrem Ehemann als selbstständige EDV-Beraterin. „Das Schicksal von Flüchtlingen hatte ich nicht im Blick.“
Nach der Tragödie aber besuchte die Katholikin im Sudan und in Eritrea sechs Wochen lang Hinterbliebene der Opfer, kehrte mit Vollmachten zurück und verklagte Italien wegen unterlassener Hilfeleistung mit Todesfolge in 72 Fällen. Noch nie zuvor hat jemand in diesem Ausmaß versucht, einen Staat für den Tod von Flüchtlingen haftbar zu machen. Bis heute weiß Yohannes nicht, was aus ihrer Anzeige geworden ist. Untätig ist sie in der Zwischenzeit nicht: Sie hält Vorträge in Schulen und organisiert Gedenkgottesdienste für die Opfer. „Ich bleibe dran am Thema“, sagt sie entschlossen. (emw)
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