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Kann Ster­be­hil­fe christ­lich sein?

Im ver­gan­ge­nen Jahr ha­be ich mei­ne Tan­te im Ster­ben be­g­lei­tet:
bis ins ho­he Al­ter ei­ne un­ge­heu­er agi­le, viel­sei­tig in­ter­es­sier­te, gepf­leg­te Frau. Als sie die Krebs­diag­no­se be­kam, ga­ben die Ärz­te ihr ma­xi­mal noch neun Mo­na­te. Mei­ne Tan­te ent­schied sich ge­gen ei­ne The­ra­pie. Sie war gläu­big, hat­te ein gu­tes Le­ben ge­habt und sah kei­nen Sinn da­rin, es um je­den Preis zu ver­län­gern.
Ihr letz­ter Weg dau­er­te dann doch län­ger als prog­nos­ti­ziert. Was ich in die­ser Zeit er­lebt ha­be, hat mei­ne Ein­stel­lung zur Ster­be­hil­fe ve­r­än­dert. Auf ein­mal ka­men die Zwei­fel. Wel­chen Sinn soll es ha­ben, dass ein Mensch, der mit sich im Rei­nen und be­reit ist zu ge­hen, sich quält? Auch wenn pal­lia­tiv­me­di­zi­ni­sche Be­t­reu­ung bei den meis­ten – längst nicht bei al­len! – Pa­ti­en­ten die Sch­mer­zen lin­dert: Der Ver­lust der Selbst­be­stim­mung und die Er­fah­rung, völ­lig auf frem­de Hil­fe an­ge­wie­sen zu sein, bleibt kaum ei­nem er­spart. Auch das ist für vie­le quä­lend. Als Chris­ten glau­ben wir, dass Gott uns das Le­ben schenkt und er es ist, der es nimmt. So ge­se­hen, dür­fen wir es nicht ei­gen­mäch­tig be­en­den. Aber ich bin auch über­zeugt: Gott will nicht, dass wir lei­den. Vi­el­leicht wä­re es – wenn­g­leich ein schwe­rer – tat­säch­lich ein Akt der Nächs­ten­lie­be, Tod­kran­ken auf de­ren aus­drück-
li­chen Wunsch bei ei­nem selbst­be­stimm­ten, wür­di­gen Ster­ben zu hel­fen. Ich bin selbst im Ge­wis­sens­kon­f­likt. Ei­ni­ges, von dem ich fest über­zeugt war, ist ins Wan­ken ge­ra­ten.

Von Bea­trix Gram­lich

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