Wie sieht Ihr Tag normalerweise aus?

Ich stehe um vier Uhr auf, mache den Haushalt, füttere die Kühe, Schweine, die Ziegen und Hühner. Dann mache ich Frühstück für meine Enkel. Um sieben gehe ich auf die Teeplantage. Wir pflücken jeden Tag Tee an einer anderen Stelle. In der Regel muss ich drei bis vier Kilometer dorthin laufen. Um zwölf Uhr komme ich nach Hause, und wir essen. Ich teile mir mit meinen zwei Söhnen, der Schwiegertochter und den drei Enkeln ein Häuschen. Von zwei bis fünf Uhr nachmittags bin ich wieder als Teepflückerin unterwegs. Wir funktionieren wie Automaten. Aber wir haben keine andere Wahl. Abends koche ich, schneide Gras für das Vieh und bringe es in den Stall.

Was tun Sie am liebsten?
Ich liebe Tiere! Wenn ich Zeit habe, gehe ich zu ihnen und kümmere mich um sie. Und ich arbeite gerne im Garten. Da ziehe ich Gemüse, Ingwer und Salat.

Ein Haus für die Familie

Was ist Ihr größter Wunsch?

Wenn ich viel Geld hätte, würde ich ein schönes Haus bauen, in dem ich mit
meinen Kindern und den Enkeln leben kann. Und ich würde meine Enkel zur Schule schicken.

Haben Sie einen Lieblingsort?

Wenn ich könnte, würde ich mir einen ruhigen Ort suchen. Aber meine Enkel
folgen mir überall hin. Trotzdem bin ich glücklich, wenn ich mit ihnen zusammensein kann.

Wovor haben Sie Angst?

Mein Leben als Witwe und Teepflückerin ist sehr schwierig. Wir haben kein Land. Und wenn wir keinen Tee pflücken, bekommen wir keinen Lohn. Wir sind total abhängig von dem Plantagenbesitzer. Auch unser Haus gehört ihm. Wenn wir irgendwann nicht mehr arbeiten können, verlieren wir es. Ich habe Angst, dass uns etwas passiert und der Eigentümer uns dann vor die Tür setzt.

Haben Sie ein Lebensmotto?

Ich verlasse mich auf Gott. Er ist immer bei mir. Wenn etwas Schlimmes passiert, bete ich. Er ist meine Stütze.

Haben Sie einen Lieblingsheiligen?

Ja, Maria. Sie war auch eine Mutter. Sie versteht mich.

„Ich liebe Weihnachten“

Was war der schönste Tag in Ihrem Leben?

Mein Lieblingstag ist Weihnachten. Wir schmücken das Haus und sind die Einzigen hier, die eine Krippe aufstellen: Wir haben viele Ton-Figuren – nicht nur Maria, Josef und das Jesuskind, sondern auch ein Kamel, Ziegen, den Verkündigungsengel.

Wen oder was lieben Sie?

Meine Enkel. Ohne sie kann ich nicht leben.

Wenn Sie Regierungschefin von Nepal wären, was würden Sie ändern?

(Lacht) Ich würde alle verjagen, die anderen Menschen schaden. Ich würde für Frieden im Land sorgen und das Kasten-System abschaffen.

Interview: Beatrix Gramlich

Weitere kontinente-Interviews