Texte: Pia Scheiblhuber und Eva-Maria Werner
Illustrationen: WWS
Moderne Sklaverei hat viele Gesichter: Zwangsarbeit – auf Plantagen, im Bergbau, als Haushaltshilfe. Menschenhandel, Kinderehen, Zwangsprostitution. Über 50 Millionen Menschen weltweit leiden laut dem jüngsten Global Slavery Index unter sklavenähnlicher Ausbeutung – das sind zehn Millionen mehr als als noch fünf Jahre zuvor. 28 Millionen von ihnen müssen Zwangsarbeit leisten, 22 Millionen werden gegen ihren Willen verheiratet.
In Nordkorea, Eritrea und Mauretanien gibt es, gemessen an der Gesamtbevölkerung, weltweit die meisten Sklaven. Am niedrigsten ist der Sklavenindex in der Schweiz, gefolgt von Norwegen, Deutschland und den Niederlanden. Das Ranking soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch in Europa viele Menschen gibt, dieser Profitgier zum Opfer fallen.
Sklaverei ist kein Phänomen der Vergangenheit. Der Besitz von Menschen ist zwar in allen Ländern der Welt verboten. Dennoch gibt es heute in absoluten Zahlen mehr Menschen, die in sklavenähnlichen Verhältnissen leben, als je zuvor. Sie werden gegen ihren Willen in ein Dienstverhältnis gedrängt, das auf wirtschaftlicher Ausbeutung und gewaltsamer Kontrolle basiert. Eine gängige Praxis ist auch, Menschen mit falschen Versprechen an einen Ort oder in eine Arbeit zu locken.

Diese „moderne“ Sklaverei unterscheidet sich von der „alten“ in vielen Dingen. Zum Beispiel ist Sklavenarbeit viel günstiger als früher, da es heute deutlich mehr Menschen gibt, die ausgebeutet werden können. Es herrscht also gewissermaßen ein „Überangebot“. Das führt dazu, dass Sklaven austauschbar sind und Arbeitgeber es nicht als notwendig erachten, ein langfristiges Verhältnis zu ihnen aufzubauen und sie fair zu behandeln. Eines aber sticht im Vergleich besonders heraus: In allen möglichen Lebensbereichen – von Lebensmitteln über Elektronik bis Kleidung – profitieren Menschen heute von den billigen Arbeitskräften. Moderne Sklaverei betrifft uns alle.
Moderne Sklaverei verhindern
Die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Herstellung von Alltagsprodukten wie Schokoloade, Kaffee, Jeans oder Handys menschenunwüdige Arbeitsbedingungen herrschen, ist hoch. Jedoch kann jeder Verbraucher durch den Kauf von fairen Produkten zu mehr Gerechtigkeit beitragen. Notwendig sind aber vor allem Initiativen wie das deutsche und europäische Lieferkettengesetz, die Unternehmen in die Pflicht nehmen: Sie sollen entlang ihrer gesamten Lieferkette sicherstellen, dass Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden. Der Einsatz für faire Handelsbedingungen stärkt die wirt- schaftliche Situation der Arbeiter weltweit und verringert so Fluchtursachen


So geht nachhaltiger Konsum
Die Pyramide für fairen Konsum gibt klare Handlungsempfehlungen: Nur wenn sich das gewünschte Produkt nicht ausleihen oder gebraucht kaufen lässt, sollte man es neu kaufen. Dabei lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Produkte, die unter ausbeuterischen Verhältnissen produziert wurden, erkennt man in der Regel am auffällig günstigen Preis. Auch ist das Herkunftsland oft nicht leicht ersichtlich. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann auf www.siegelklarheit.de prüfen, welche Produktsiegel glaubwürdig sind.

60 moderne Sklaven pro Person
Schon gewusst? 60 moderne Sklaven arbeiten durchschnittlich für einen Konsumenten: Sie bauen Reis an, arbeiten in Minen und färben Textilien. Und wie viele arbeiten für Sie? Finden Sie es heraus auf der Seite www.slaveryfootprint.org.

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