Als ich 2018 mein Doktorat an der belgischen Universität Leuven begann, gingen Missbrauchsfälle in Myanmar in den sozialen Medien viral. Betroffene prangerten im digitalen Raum den Missbrauch in der Kirche an. Sie starteten Kampagnen in den sozialen Netzwerken, weil sie sich nicht direkt an die Kirche wenden konnten. Denn es gibt keine kirchlichen Meldestellen für Missbrauch in Myanmar. Das muss sich ändern.
Missbrauch in Myanmar: Es braucht Transparenz
Vor allem in den meist sehr abgelegenen Dörfern Myanmars sind viele Menschen von der Kirche und dem Wohlwollen der Priester abhängig. Sie können nicht ihre Stimme erheben, wenn es zu Missbrauch kommt. Darüber hinaus ist der Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Erwachsenen noch ein relativ neues Thema in Myanmar. Die Diskussion darüber erscheint fast revolutionär. Mein Ansatz ist eine Theologie der Kommunikation, die auf eines zielt: Transparenz. Diese muss Schutzmaßnahmen, klare Meldewege und gründliche Untersuchungen ebenso umfassen wie Sensibilisierungsschulungen. Zusammen mit Repräsentanten der Erzdiözesen, der Bischofs- und Ordenskonferenz, Priestern und Laien habe ich eine „Safeguarding Policy“, ein Dokument über Maßnahmen zum Schutz vor Missbrauch und Gewalt, erarbeitet. Im Januar wird es in Kraft treten.
Widerstand brechen und Schutzbedürftige unterstützen
Dank der Unterstützung meines Bischofs Marco Tin Win darf ich bald Schulungen zum Thema Kinderschutz in unserer Erzdiözese Mandalay machen. Mein Ziel ist, Laien, Ordensleute und Kleriker mit Präventivmaßnahmen gegen Missbrauch vertraut zu machen. Ich will sie über die dauerhaften psychologischen Auswirkungen von Missbrauch informieren. Wichtig ist auch, sie mit ethischen Werkzeugen auszustatten, die helfen, Missbrauch zu verhindern. Um all das zu erreichen, hole ich andere Fachleute – einen Psychologen und einen Spezialisten für Schutzmaßnahmen – aus säkularen Organisationen mit ins Boot.
Wir müssen den Widerstand brechen, den es unter vielen Verantwortlichen in der Kirche gibt, und uns für die Würde aller schutzbedürftigen Menschen einsetzen.
Aufgezeichnet von Pia Scheiblhuber