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Brauchen wir die Sonntagsruhe noch?
„Am Tag der Sonne sollen alle Richter, ebenso das Volk in den Städten sowie die Ausübung der Künste und Handwerker ruhen.“ Das verfügte Kaiser Konstantin im März 321 in einem Edikt. Um 1700 Jahre arbeitsfreien Sonntag zu feiern, hat eine Allianz aus Kirchen und Gewerkschaften ein Jubiläumsjahr ausgerufen. Vom Ideal sind wir allerdings weit entfernt. Es gibt viele Berufsgruppen – wie Ärztinnen, Polizisten oder Pflegekräfte – die sonntags arbeiten, um die Gesellschaft am Laufen zu halten.
Es gibt verkaufsoffene Sonntage, die an Veranstaltungen geknüpft sind und einer Genehmigung
bedürfen. Und es gibt Versuche, die Ladenöffnungszeiten auszuweiten, um wirtschaftliche Ausfälle während der Pandemie zu kompensieren. Ausgerechnet die CSU, die Partei mit dem C im Namen, sprang während des Wahlkampfs auf diesen Zug auf. Sie forderte vier verkaufsoffene Sonntage pro Jahr, die nicht mehr an bestimmte Anlässe gebunden sein sollen, und stellt damit den Profit vor die gesetzlich verankerte Sonntagsruhe.
Wir brauchen aber den Sonntag: als Zeit für Familie und Freunde, für gesellschaftliches und
kulturelles Engagement, Ruhe und ja – auch für Gott. Der Sonntag ist eine Unterbrechung des Alltags, die Chance, einmal in der Woche aus der Geschäftigkeit auszusteigen. Eine Selbstverständlichkeit ist er nicht. Es lohnt sich, für ihn zu kämpfen und zu fragen: Wo höhle ich selbst die Sonntagsruhe aus?
Eva-Maria Werner
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