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Soll der Muezzin in Köln rufen?
Köln pflegt gerne sein Image als tolerante, weltoffene Stadt. Nun hat die Verwaltung beschlossen, dass künftig der Muezzin zum Gebet rufen darf – vorerst jedoch nur freitags zwischen 13 und 15 Uhr, maximal fünf Minuten und in festgelegter Dezibelstärke.
Alle 45 Moscheegemeinden der Domstadt können sich an dem auf zwei Jahre befristeten Pilotprojekt beteiligen. Was andernorts – etwa in München– längst Praxis ist, führt in Köln zu heftigen Kontroversen. Schließlich betreibt die der türkischen Regierung unterstellte Ditib im Stadtteil Ehrenfeld die größte Moschee Deutschlands.
Wer die Kölner Initiative wie Oberbürgermeisterin Henriette Reker als Beitrag zu Vielfalt und Religionsfreiheit beklatscht, sollte genau hinschauen. Denn der Gebetsruf der Muslime, der zweifelsohne zum Recht gehört, seinen Glauben öffentlich auszuüben, hat es in sich. Wenn mit „Allahuakbar“ lautstark „Allah ist der Größte“ über deutsche Dächer schallt, verbirgt sich dahinter auch ein Machtanspruch, der dem politischen Islam in die Hände spielt.
Viele Moscheegemeinden in Deutschland werten Nicht-Muslime ab und warnen vor einer unislamischen Gesellschaft. Religionsfreiheit aber gilt für alle, egal ob Christen, Juden, Muslime oder Atheisten. Nicht umsonst sehen Vertreter eines gemäßigten Islam den Ruf des Muezzin kritisch. Sie suchen den Dialog und verbreiten keine Ideologie. Das tut übrigens auch kein Glockengeläut.
Beatrix Gramlich
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