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Christi Blut: Für alle oder für viele?
Seit der Liturgiereform 1970 spricht der Priester bei der Wandlung: „Das ist mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird.“ Nun hat Papst Benedikt XVI. in einem Brief an die deutschen Bischöfe angeordnet, die seit Längerem angemahnte Rückkehr zur wörtlichen Übertragung des lateinischen „pro multis“ auch in Deutschland umzusetzen. Während die Übersetzung „für alle“ bereits eine Interpretation sei, müsse es gemäß dem Urtext „für viele“ heißen. Andere Sprachfamilien haben diese Änderung bereits vollzogen. Ob die geforderte Revision tatsächlich mehr Treue zum Text erreicht oder aber weiter von der neutestamentlichen Deutung des Todes Jesu wegführt, ist unter Fachleuten höchst umstritten. „Viele“ steht im Neuen Testament vor allem im Gegenüber zu dem „Einen“, wogegen wir heute in unserem Sprachgebrauch eher die Einschränkung hören: nur viele, aber nicht alle. Zudem kennen wir den genauen Wortlaut dessen, was Jesus im Abendmahlssaal gesagt hat, nicht. Die liturgische Gestalt der Abendmahlstradition in der geltenden Form ist in der Schrift nicht zu finden. Auch der Papst unterstreicht, dass die wörtliche Übersetzung des „pro multis“ die allen Menschen geltende Sühne- wirkung des Todes Jesu nicht in Frage stellt. Weil durch die Formulierung „für viele“ der Eindruck entstehen könnte, Jesus sei nicht mehr für alle Menschen gestorben, fordert er die deutschen Bischöfe auf, Priester und Laien auf diese wörtliche Übertragung vorzubereiten. Sollte, wenn alle Menschen gemeint sind, dies in der Heiligen Messe auch weiter gesagt werden? Oder ist das Anliegen einer einheitlichen Sprache der Kirche in der Eucharistie, einer Einheit im innersten Raum kirchlichen Betens höher zu gewichten?
Von Katja Heidemanns
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Ingeborg Jende aus Düsseldorf schreibt:
Nicht nur wenn ich in Rom bin, fühle ich mich in der katholischen Kirche zuhause. Sie definiert sich als treue Überlieferin der Worte Jesu Christi durch die römische Tradition. Deshalb gilt für mich, dass ich auf jeden Fall das unterstützen werde, was das Anliegen des Heiligen Vaters ist. Er ist der von Christus eingesetzte Nachfolger Petri, dem die Kirche anvertraut wurde. Er wird außerdem als weiser Theologieprofessor genau wissen, um was er seine Bischöfe bitten muss. Für mich gilt deshalb: Ich möchte dem Heiligen Vater folgen. Zudem gehöre ich zu der weltweit großen katholischen Gemeinschaft der Christen. Wenn in vielen anderen Ländern die Übersetzung pro multis gilt, dann sollte sie auch in Deutschland gelten. Den Protestantismus haben wir längst hinter uns. Schade, dass nicht überall am Sonntag wenigstesn eine Hl. Messe in Latein gelesen wird. Dann wäre man auf der ganzen Welt noch mehr zuhause.
Adalbert Schaller aus St. Blasien-Menzenschwand ist der Meinung:
Der Zelebrant muss also laut sagen „für viele“, auch wenn er weiß, dass Jesus „für alle“ gestorben ist. Wenn meine Worte nicht übereinstimmen mit dem, was ich denke, nennen wir das doppelzüngig. Auf doppelzüngige Messleser können wir verzichten. Oder wir kehren zu den Piusbrüdern zurück, die die Konsekrationsworte still, also unhörbar sprechen.
Gregor Heinrichs aus Düsseldorf schreibt dazu:
Im lateinischen Text heißt es "pro multis". Frei übersetzt heißt es "für alle", wörtlich übersetzt heißt es "für die Vielen" oder auch nur "für viele". Die Schwierigkeit bei einer wörtlichen Übersetzung in eine andere Sprache besteht darin, dass die wörtliche Übersetzung oft nicht den Sinn, den das Wort in der Ursprungssprache hat, zu 100% wiedergeben kann. Wenn die Wandlungsworte in der deutschen Sprache gesprochen werden, entsteht durch die Übersetzung mit "für viele" ein gewisser Bedeutungsverlust. Dennoch halte die wörtliche Übersetzung für richtiger und bin für die Übersetzung mit "für die Vielen" , weil sie dem ursprünglichen Sinn am nächsten kommt. Die einfache Übersetzung mit "für viele" halte ich für eine bedenkliche Einschränkung, die hier nicht gemeint sein kann!
Manfred Holz, Wuppertal, meint:
Gut, dass der Papst sonst keine anderen Sorgen hat. Wen interessiert z.B. in Afrika diese akademische Formulierung Christi Blut: Für alle oder viele? Wir sollten lieber beten und vor allem auch handeln: "Unser täglich Brot gib allen Menschen!"
Christa Wellenreuther aus Schifferstadt schreibt:
Was soll diese Meinungsumfrage? Wir dürfen uns freuen über Papst Benedikt, einen spirituellen Mann und hochgeistigen Theologen als HL. Vater zu haben. Er wird wissen, welches die richtigen Worte sind. Außerdem hat er im Band 2 seines Buches „Jesus von Nazareth“ darauf hingewiesen. Wann endlich lernen wir Deutschen zuzuhören. Bei allen Umfragen, Reformgedanken und vor allem Gremiumssitzungen wird die Hauptsache vergessen – nämlich das Gebet. Lassen wir den HL. Geist in unserer Kirche wirken und nicht die Reformer. Bei mir entsteht allmählich der Eindruck, die deutsche Kirche (einige Bischöfe, Priester und Laien) erwartet von Rom einen Sonderstatus und vergisst dabei, dass wir eine Weltkirche sind.
Norbert Vonier, Biberach/Riss:
Wie weit wollen wir Katholiken noch zurückrudern? Ursache bringt Wirkung. Hat nicht Jesus gerade dieses Naturgesetz durchbrochen und überwunden! Hat unser liebender Schöpfergott von vornherein eingeplant, dass es eine Einschränkung Seiner Liebe geben wird? Und wie viele sollen es sein, oder "darf`s a Bisserl mehr sein?" Oder meint Benedikt dass es für die anderen vielleicht doch auch einen anderen Gott gibt - ist unserer vielleicht doch auch nur einer von vielen? "Die Priester und Laien drauf vorzubereiten……" ist doch nur Spitzfindigkeit. Oder ist es ihm nur langweilig?
Axel Harald Stark aus Passau meint:
Diese Änderung des liturgischen Wortlauts ist kirchenpolitisch verständlich: Papst Benedikt will u.a. den Piusbrüdern entgegenkommen, die für die Rückkehr zum früher geltenden Text plädieren. Nur: wer sich an den genauen Buchstaben hält, kann trotzdem den „Geist der liturgischen Worte“ verfehlen! Jesus Christus wurde nicht zu einem zahlenmäßig beschränkten Kreis von Gläubigen gesandt, sondern zu allen Menschen, die ja nach christlichem Glauben Geschöpfe Gottes sind und an die der Ruf des Evangeliums gerichtet ist. Diesen Geist der liturgischen Worte leugnet Papst Benedikt ja anscheinend nicht. Dann hielte ich es für besser das lateinische „pro multis“ – selbst schon eine Übersetzung, da Jesus nicht Latein gesprochen hat – dem liturgischen Geist entsprechend mit „für alle“ in die deutsche Sprache zu übersetzen. Es entspricht auch unserem christliche Gottesbild, weil Gott das Heil aller Menschen will und nicht das Heil für manche und das Unheil für andere.
Dr. Hans A. Groß aus Meckenheim schreibt:
Der Papst hat den Rückgriff auf die alte Lesart überzeugend begründet. Im ältesten Evangelium heißt es bei Markus (griechisch und lateinisch) „für viele“. Dies ist auch immer die katholische Lesart gewesen (vgl. z.B. den Schott von 1934). Sollten sich Priester, die diese Wandlungsworte zu sprechen haben, gegen die Intention des Papstes stellen, so gilt auch hier, dass ein Haus, das in sich uneins ist, zerfällt. Im Übrigen hat die Version „für viele“ einen durchaus heilsamen Charakter. Jeder mag sich dann fragen, ob er dazu gehört. Das könnte das weithin verloren gegangene Sündenbewusstsein neu erwecken; denn wenn auch heute propagiert wird, dass ein jeder gerettet werde, so spricht die Bibel insoweit doch eine völlig andere Sprache, was von einer ehrlichen Theologie nicht überzeugend weg argumentiert werden kann.
Franz Heitz, Rheinstetten:
Ihr Artikel „Christi Blut für alle oder für viele?“ hat bei mir nur Verwunderung hervorgerufen. Wenn ich mir vorstelle, wie viele hochkarätige Kapazitäten sich mit der Frage, ob „ für alle“ oder „für viele“ beschäftigt haben, habe ich Freude und Ärger zugleich. Freude über die offensichtlich nur kleinen Problem unserer Kirche, insbesondere der Kurie. Da scheint offensichtlich die Katholische Welt voll in Ordnung zu sein. Intrigenspiel gegen unseren Papst, Weitergabe geheimer Unterlagen offensichtlich alles kleine Fische gegenüber sprachlicher Feinheiten. Ärger, und der überwiegt, über die vielen ungelösten Probleme in unserer Kirche. Ich denke hier z. Beispiel an die Frage der Zulassung schuldlos Geschiedener zur Hl. Kommunion, Zulassung von Frauen zur Weihe, die Wiedereingliederung verheirateter ehem. Priester und vieles mehr. Zu all den brennenden offenen Fragen keine Antwort. Leider auch in naher Zukunft nicht. Schade!
Dr. phil. Horst Krämer, Ulm, ist der Meinung:
Was sollen wir Fußvölker Ihnen denn schon schreiben. Als ob sich jemals schon "die da oben" um uns nachher geschert hätten? Wie es wirklich heißt, wissen Sie ja selbst, wobei ich mich nicht am unmaßgeblichen lateinischen Text festmachen würde, sondern am griechischen Urtext. Und da steht ja nun:
Mt 26,27 ... trinket a l l e daraus (pántes, (Neugr.: óloi) und dann allerdings im Kontext zu dieser Universal-Einladung)
Mt 26 28 ... für v i e l e vergossen (perí pollón).
Hier in Ulm wird bis jetzt praktiziert: ... für alle ..., wie wenn nichts gewesen wäre. Und ich finde, so sollte man es auch lassen. Wenn Sie mich schon fragen.
Agnes und Gerhard Volk aus Duisburg:
Man kann es nicht fassen! Wenn man Ihre Zeitschrift liest, ist man immer wieder erschüttert zu erfahren wie viel Elend, Not und Ungerechtigkeit es in der Welt gibt. Wenn man die Probleme betrachtet mit der denen die Kirche in unserem Land konfrontiert ist. Wenn man die Sorgen um Priestermangel, Zusammenarbeit Laien und Amtskirche sieht. Sollten wir eigentlich Wichtigeres zu tun haben als darüber zu diskutieren, ob es für alle oder für viele im Wandlungstext heißen soll. Ganz abgesehen davon, dass wohl niemand genau weiß was Jesus beim Abendmahl wirklich gesagt hat. Uns fehlt jedes Verständnis dafür, dass eine solche Diskussionsrunde aufgemacht wird. Wir hätten brennendere Themen zu behandeln.
Josef Kolbeck aus Gau-Algesheim:
„Christus ist nicht der Mittelpunkt, der von der Welt durch den Schutzwall der Kerngemeinde getrennt wäre. Auch heute hat Christus seinen Ort noch dort, wo ihn vor 2000 Jahren Jesus von Nazareth fand - bei den Zöllnern und Sündern, den Randsiedlern und Atheisten.“ So formulierte es krass die evangelische Theologin Dorothee Sölle. Dieser Satz dieser reformierten Theologin kommt mir ins Bewusstsein, wenn ich über die Auseinandersetzung denke, die nun durch einen Brief des Papstes an die Deutschen Bischöfe vorerst zum Abschluss gekommen ist. „Die Bibel ist niemals ausgelesen, nie fertig, sondern immer Teil eines Dialogs.“ Bei aller theologischen Wertschätzung für diese Korrekturen an der Richtigstellung der Einsetzungsworte Jesu bei diesem Mahl muss dennoch die dringliche Richtung deutlich werden, wie sie Dom Helder Camara angegeben hat: „Notwendig ist es, ja dringend, von Deiner Gegenwart im Sakrament überzugehen zu Deiner Gegenwart, einer ebenso realen, im Abendmahl des Armen. Weh dem, der sich von Dir nährt und dann keine offenen Augen hat, um Dich zu entdecken, wie Du Dir im Müll Deine Nahrung suchst,von überall verstoßen,wie Du unter dem Zeichen völliger Unsicherheit lebst.“ (aus: Helder Camara, Mach aus mir einen Regenbogen, Zürich 1981, 61)
Für Jesus war das Mahl eine unbedingte Klammer, den Dank, die Freude, die Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde zu verbinden und exemplarisch zu leben mit den Armen und Ausgegrenzten. Man kann nur hoffen, dass diese Erklärung des Papstes nicht zu einer neuen spitzfindigen Diskussion innerhalb der Kirche und im ökumenischen Prozess führen. Die Erinnerung und die Vergegenwärtigung des Mahles mit den Sündern und Ausgegrenzten, das Jesus selbst am Abend vor seinem Leiden praktizierte dürfen nicht dazu führen, die Diskussion darum noch exklusiver und einschränkender zu machen, sonder es so feiern, dass der Mahlcharakter und der präsentische Erinnerungscharakter an Jesu leibhaftige Gegenwart zur Sendung mit den Armen und Ausgegrenzten vor aller akribischen Übersetzungs- und Interpretationspflicht stehen.
Hedwig Kruse schreibt:
Schon wenn man den Brief von Papst Benedikt XVI. an die Bischöfe gelesen hat, kann man dem Hl. Vater nur zustimmen. Diese Richtigstellung ist auch ökumenisch von Bedeutung. "Für alle" findet sich weder bei den orthodoxen, noch anglikanischen, noch evang. Christen. Auch sind die deutschsprachigen Länder die einzigen, die nicht den biblischen Urtext, die Einsetzungsworte Jesu, verwenden! Also: Roma locuta causa finita!
Kurt Bräuninger aus Fellbach schreibt:
Mir als theologischem Laien kommt eine Änderung der Wandlungsworte mit „mein Blut für alle entsprechend für viele“ diskriminierend an. Nachdem Christus seine Jünger zum Missionieren zu allen Völker geschickt hatte, kann ich mir nicht vorstellen, dass er Einschränkungen beim Einsetzen des Altarsakramentes beabsichtigt hatte. Auch kann ich den Papst nicht verstehen, dass er mit solchen Änderungen hervor tritt. Es gibt doch heutzutage ganz andere Brennpunkte die er in Angriff nehmen müsste: Das Zölibat, die Sakramenteverweigerung Geschiedener und Wiederverheirateter, Weihen für Diakoninnen oder Priesterweihe für Frauen, um nur einige Probleme anzuführen. Ich bin wieder einmal mehr vom Papst enttäuscht, wenn man wegen „pro multis oder pro omnes“ solchen – auch finanziellen – Aufwand betreibt. Es gab ja auch schon eine Zeit, dass ein Wort Leben gefordert hat: „dies bedeutet mein Blut- dies ist mein Blut“.
Christoph Werner, Grafing:
Die Antwort steht schon in der Bibel (Mt 23,24): „Weh euch ihr Schriftgelehrten und Theologen…Ihr siebt Mücken aus und verschluckt Kamele.“ Ich glaube, was Jesus will ist, dass wir uns öffnen und die Gnaden annehmen, die wir durch sein vergossenes Blut empfangen könnten – aber ob der Priester exakt wörtlich aus dem Lateinischen übersetzt, ist für Jesus sicher nicht so wichtig. Und ich will in der Eucharistiefeier wieder mehr darauf achten, dass ich mein Herz und alle meine Anliegen Jesus hinhalte, damit sein Opfer wirksam werden kann für mich und die meinen. Und dann gehöre ich auf jeden Fall zu den [vielen bzw. allen], egal welches Wort der Priester sagt.
Klara Fastus aus Ochsenhausen meint:
Ich meine, dass viele Menschen, die nicht so sehr im Glauben verwurzelt sind, unsicher werden. Die wörtlichen Übersetzungen gehen doch oft am eigentlichen Sinn des Gesagten vorbei, und ich glaube schon, dass es weiter von der neutestamentlichen Deutung wegführt. Wer von den 'Oberen' war im Abendmahlssaal dabei? Und wenn ich das als Laie so verfolge, dann muss ich sagen: Ändert der Geist Gottes seine Meinung? Und vor allem, was ist wichtiger, dass die Experten zufrieden sind, oder dass sich alle Menschen von Gott angenommen und geliebt wissen! Meiner Überzeugung nach sollte weiterhin 'für Alle' gesagt werden.
Hildegard Mühlenbeck aus Klein-Winternheim schreibt:
Trotz und mit meiner persönlichen „Sünde und Schuld“ fühle ich mich von Jesus angenommen, angesehen und geliebt, wenn ich die Worte verinnerliche: „mein Blut vergossen für Alle“. Alle Menschen gehören zu Gottes Schöpfung und dürfen auf „Erlösung“ hoffen, wenn Gott die Liebe ist. Die Formulierung für „viele“ grenzt nicht nur ein, sondern grenzt auch aus! Da kann die Frage aufkommen, gehöre ich dann noch dazu? Hat denn ein Papst das Recht, Menschen, die er gar nicht kennt, auszuschließen von einer Hoffnung, dass die Barmherzigkeit, Hingabe und Liebe Gottes für „Alle“ gilt? In Joh. 6, Verse 33-35 (bitte nachlesen) finde ich eine Bestätigung meiner „Zugehörigkeit“ und kann es so verstehen: Das eucharistische „Geheimnis“ geschieht „für das Leben der Welt“!