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Braucht die Kirche den Wandel?
Die Forderungen sind nicht neu, aber es fällt auf, dass sich hochrangige Vertreter der modernen Kirche und engagierte Laien verstärkt zu Wort melden. Erzbischof Reinhard Marx aus München-Freising und Bischof Franz-Josef Bode aus Osnabrück setzen sich für einen neuen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen ein. Bode fordert zudem, dass die Kirche wieder politischer werden müsse, statt sich „vor allem um sich selbst zu drehen“ und „vorrangig über Innerkirchliches zu debattieren“. Und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken verabschiedete kürzlich ein Positionspapier, das unter anderem die Wiedereinführung des schon in der Urkirche bestehenden Diakonats der Frau fordert. Und das alles in Zeiten, in denen der konservative Wind in der Kirche heftig weht und die Fraktion der konservativen Bischöfe nach Meinung von Insidern ein zunehmend prägendes Gewicht in der Bischofskonferenz hat. Hinzu kommt, dass der Papst längst jede Diskussion, etwa um das Weiheamt für Frauen, für beendet erklärt hat und sich auch in den anderen genannten Punkten kaum Offenheit abzeichnet. Während traditionell erzogene und denkende Katholiken durch solche Reform-Forderungen leicht die „Feste“ Kirche wanken sehen, schütten die „Aufrechten“ in einschlägigen Internetforen Häme und heftige Beleidigungen über die Reformwilligen aus. Lohnt sich da überhaupt der Einsatz? Wer seinen Auftrag als Christ ernst nimmt, kann dies nur mit „Ja“ beantworten. Denn die Kirche lebt davon, dass wir sie mitgestalten und lebensfähig halten. Das kann nur funktionieren, wenn auch sie sich immer weiterentwickelt: „Ecclesia semper reformanda“ war und ist eine Botschaft der Protestanten und des Zweiten Vatikanischen Konzils. Recht haben sie.
Von Hildegard Mathies
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Eine Auswahl der Leserzuschriften:
Axel Harald Stark aus Passau meint dazu:
Die Menschen und die Generationen wandeln sich im Laufe ihres Lebens, die Gesellschaften wandeln sich im Laufe der Zeit und auch die Kirche wandelt sich. Darum stellt sich für mich nicht die Frage, ob die Kirche einen Wandel braucht - ja oder nein, sondern es gibt ihn zwangsläufig. Für mich stellt sich die Frage: wie wird dieser Wandel vernünftig und verantwortlich gestaltet? Und wie wird die Identität der Kirche im Wandel erhalten? Man kann also nicht das, was man bisher getan hat, einfach weiter tun. Menschliches und damit auch kirchliches Tun ist immer auch von Fehlern, Sünden, Unvollkommenheiten geprägt. Vollkommen ist Gott und das Reich Gottes, aber nicht die Menschen und die Kirche. Im Laufe der Zeit gibt es auch neue Herausforderungen und Probleme: diese rechtzeitig als "Zeichen der Zeit" zu erkennen und neue Lösungen zu finden ist eine notwendige Kunst. So hat der Apostel Paulus das Christentum gegen die Ansichten anderer Apostel geöffnet für die "Heiden" und damit den Weg freigemacht für die christliche Weltkirche. Gegen den Willen der Kolonialherren hat der damalige Papst Pius X. 1913 zugestimmt, dass ein Schwarzafrikaner, damals Angehöriger eines abhängigen Kolonialgebietes, zum Priester geweiht werden darf und 1939 gab es den ersten schwarzafrikanischen Bischof. Das war nicht unumstritten, es wird immer verschiedene Ansichten geben, aber es war mutig und zukunftsweisend. Auch heute stellen sich neue Herausforderungen, zu deren Lösung man Mut und eine in die Zukunft weisende Hoffnung braucht.
Johannes Weitzel aus Müllheim schreibt:
Vielfältig engagierter und bekennender Christ bin ich, sogar studierter. Doch die Verbindung zu dem, was ich hier "römischer Geist" nennen will, habe offenbar nicht nur ich, sondern ganze Heerscharen der katholischen "Kirche" verloren. Eine "reine Lehre", wie sie uns Benedikt schon seit seiner Zeit als Präfekt darlegt und die bereit ist, über die Einhaltung von Prinzipien das persönliche Unglück von Menschen in Kauf zu nehmen, kann definitv nicht Gottes Wille und damit zukunftsfähig sein. Dabei denke ich nicht nur an die Geschiedenenpastoral, Sexualethik, Ökumene, die Karfreitagsfürbitte, Weiheamt und den Umgang mit abweichenden Meinungen. Es scheint, als ob das "depositum fidei", der Wahrheitskern unseres Glaubens, seinen Ort verlagert hat vom "Ort der Unfehlbarkeit" hin zum "wandelnden Volk Gottes auf Erden". Die Kirche braucht den Wandel, es geht um ihr Sein oder Nichtsein.
Helmut Göggel aus Simaringendorf meint:
Zu Ihrer Frage: "Braucht die Kirche den Wandel" gibt es nur eine Antwort. "Ja". Aber der Wandel wird nicht kommen, da an der obersten Spitze der Kirche ein hoch intelligenter Mann das Sagen hat, dem die Nöte und Sorgen der Mehrheit der Gläubigen kein wichtiges Anliehen sind. Seiner primären Aufgabe als oberster "Seel-Sorger" wird er nicht gerecht. Mit Ausnahme seiner begrüßenswerten Zuwendung zur orthodoxen Kirche ist er der Vertreter überholter patriarchalischer Strukturen, dem erforderliche Reformen innerlich zuwider sind. Er wird in die Geschichte eingehen als der große Verhinderer einer ökumenischen Zusammenarbeit in Deutschland. Es ist zum Weinen.
Stefan Stricker, Montabaur, schreibt:
Ich bin froh und dankbar, dass ich in einer katholischen Familie geboren wurde. Somit brauche ich mich nicht ständig dem Zeitgeist durch Synodenbeschlüsse anzupassen, die durch zufällige Mehrheiten zustande gekommen sind. Viele von denen, die sich gerne als katholisch bezeichnen, müssen wieder lernen, die Kirche aus Sicht ihres Gründers zu betrachten und nicht aus der Sichtweise von Menschen, die Fehlentwicklungen innerhalb der Kirche und persönliches Versagen nachträglich als unausweichliche Notwendigkeit sehen.
Cosma-Anna Engler aus Wuppertal ist der Meinung:
Nein, die Kirche braucht keinen Wandel ins Moderne. Zu viele Werte und Riten sind schon verloren gegangen. Aufgabe der Kirche ist es, nach Gottes Gesetz und nicht nach Menschengesetz zu handeln.
Bernhard Geißler aus Bühlertal schreibt:
Sicher braucht die Kirche den Wandel, und zwar hin zu Jesus und seiner Botschaft, die in der Bergpredigt klar gefordert wird. Also: Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst. So sollte die Kirche predigen und verkünden, so wie unser Meister Jesus. Das gäbe eine echte Wende. Das muss doch möglich sein. Jesus von Nazareth verhinderte die Steinigung der Ehebrecherin. Barmherzigkeit! Und was tut die Kirche heute mit den Geschiedenen und Wiederverheirateten? Wo bleibt da die Barmherzigkeit?
Renate Baller aus Göttingen ist der Ansicht:
Ja, die Kirche braucht den Wandel, und er ist vielerorts schon im Gange. Wer seine Kirchenzeitung und andere katholische Zeitschriften liest, erfährt von den Bemühungen vieler Gemeinden, Orden und kirchlicher Organisationen.
Kurt Haßkerl aus Petersberg schreibt:
Reformen? Ja! Aber wohin? Was heißt weiterentwickeln? Ist Mission überwiegend Sozialreform oder auch Glaubensvermittlung?
Renate Bischoff, Seligenstadt/Main, meint:
In den letzten Jahrzehnten ist die Kirche sehr viel moderner geworden, aber das hat nicht nur gute Auswirkungen gehabt. Soll die Kirche noch moderner werden? Meiner Meinung nach müssten wir mehr tun, was wir sollen und nicht, was wir wollen. Was sollen wir tun? Wir sollen Gott lieben und unseren Nächsten. Die Kirche lehrt uns, dass wir dazu Pflichten erfüllen müssen. Ich glaube, wenn wir unsere Pflichten besser erfüllen würden, dann würde der Wandel von ganz alleine kommen.
Burkhard Patt aus Hilchenbach schreibt:
Der Wandel der Kirche ist seit langem überfällig. Es ist müßig, alle die Punkte aufzuzählen, wo die Kirche sich reformieren sollte. Aber die Illusion, dass sich in absehbarer Zeit etwas ändert, habe ich nicht. Schon während des Pontifikats von Papst Paul II wurden unter dem Einfluss unseres jetzigen Papstes nur erzkonservative Kardinäle ernannt. Daran wird sich auch, solange Benedikt XVI am Ruder ist, nichts ändern und bei dem durch ihn ernannten Kardinalskollegium beim nächsten Papst auch nicht.
Josef Spieker aus Oberhausen ist der Meinung:
In Ihrem angesprochenen Thema sehe ich den derzeitigen Trend, Überständen durch Diskussionen in Gruppen und Grüppchen abzuhelfen. Diese Versuche sind nicht neu, aber meist blieb der erhoffte Erfolg aus, weil sich das zuständige System außer Stande sah, seine fest gefügten Normen auch nur geringfügig zu ändern.
Bernhard Oligschlaeger aus Düsseldorf schreibt:
Braucht die katholische Kirche Wandel? Eindeutig ja, falls sie eine lebendige Kirche bleiben will. Wenn sie sich aber engherzig nur der Überlieferung verpflichtet fühlt und jeglichen Wandel ängstlich ablehnt, wird sie im Heute ihren Anforderungen und Aufgaben nicht gerecht werden. Wandel heißt ja nicht, das Überlieferte in Frage zu stellen, sondern sich im Lichte der Überlieferung der Gegenwart zu öffnen. Die Offenbarung Gottes hat nie aufgehört, auch heute spricht Gott zu uns, weiß um uns, die wir in komplexeren gesellschaftlichen Verhältnissen und Abhängigkeiten leben als noch vor hundert Jahren. Übrigens gäbe es ohne den von Jesus eingeleiteten Wandel keine katholische Kirche.
Eleonore Klein aus Oberwesel findet:
Meine Antwort auf diese Frage lautet: "Ja", oder besser gesagt eine Rückbesinnung auf die eigentliche Lehre Jesus Christus. Sie schreiben in Ihrem Artikel, dass die Kirche offener, politischer werden muss und erinnern an das Zweite Vatikanische Konzil - richtig! Es gibt keine Resonanz dazu. Wen wundert es da, dass es so viele Kirchenaustritte gibt.