Franz Jussen |
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Familiensynode:
Unnachgiebig oder barmherzig?
Ein Novum in der Kirchengeschichte. Papst Franziskus hat einen Fragebogen verschicken lassen, in dem Katholiken ihre Ansichten über die Themen Ehe, Familie und Sexualität äußern konnten. Die Antworten stehen nun in einem 85-seitigen Dokument, das der Familiensynode vom 5. bis 19. Oktober im Vatikan als Leitfaden dienen soll. In der Sache bestätigt das Papier, was ohnehin schon alle vermutet hatten: Es gibt eine große Kluft zwischen dem kirchlichen Familienbild und der Lebenspraxis vieler Gläubiger. Gesprächsbedarf besteht vor allem bei den Themen Homosexualität, künstliche Empfängnisverhütung und wiederverheiratete Geschiedene.
Die kirchliche Lehre zu Ehe und Familie stößt nicht nur bei Gläubigen auf Unverständnis. Sie bringt auch manchen Mitarbeiter der Kirche zur Verzweiflung. In kontinente 5/2014 fordert die Missionsärztin Marlies Reulecke die Kirche auf, der „barmherzigen Fürsorge für das Leben von Müttern und Kindern“ einen höheren Stellenwert einzuräumen als dem eisernen Festhalten an bisherigen Regeln. Mit Blick auf die verzweifelte Lage vieler Frauen in Afrika spricht sie sich etwa dafür aus, Verhütungsmittel verordnen zu dürfen, wenn dadurch Leben gerettet werden kann.
Dafür müsste die Kirche sich nicht von ihren Grundsätzen trennen. Tagtäglich stehen Seelsorger, Ordensschwestern, Mediziner oder Sozialarbeiter vor einer oft folgenreichen Entscheidung, kirchliche Vorgaben „gnadenlos“ anzuwenden oder „barmherzig“ Hilfe zu leisten. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Bischöfe ihnen offiziell den Spielraum und das Vertrauen schenken würden, vor ihrem Gewissen abzuwägen, was richtig ist.
Von Franz Jussen
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