Eva-Maria Werner |
|
Was meinen Sie?
Slum-Tourismus:
Chance oder billige Attraktion?
Der Tourismus gilt in vielen Ländern der Welt als bedeutender Wirtschaftszweig. Schon heute ist er wichtigste Devisenquelle für jedes dritte sogenannte Entwicklungsland. Touristen wollen sich jedoch nicht mehr nur in bequemen Strandressorts erholen und inszenierte Shows konsumieren, sondern mit dem authentischen Leben des Gastlandes und seiner Bewohner in Kontakt kommen. Slum-Tourismus boomt.
In den Elendsvierteln der Großstädte könne man das „wirkliche Leben“ kennenlernen, ein tieferes Verständnis für die Alltagsprobleme der Menschen erhalten, in einen freundschaftlichen Austausch miteinander treten, meinen die Befürworter. Kritiker wie Dr. Malte Steinbrink vom Institut für Geografie an der Universität Osnabrück warnen jedoch vor einer „Entpolitisierung von Armut“. Durch den touristischen Blick würden die Slums häufig nicht als Folge weltwirtschaftlicher Ungleichheit betrachtet, sondern als Ausdruck einer kulturellen Eigenart, gibt er zu bedenken. Hätten zu Beginn des Slum-Tourismus in den 90er-Jahren vor allem politische Aspekte im Vordergrund gestanden – etwa beim Besuch der südafrikanischen Townships als Orte des Anti-Apartheid-Kampfes – spielten heute vor allem kulturelle Interessen eine Rolle.
Die zentrale Frage muss lauten: Was haben die Slum-Bewohner vom Besuch der ausländischen Gäste? Bringt der Tourismus ihnen eine Verbesserung ihrer Lebensumstände? Die verantwortlichen Tour-Anbieter müssen die Wünsche der Bevölkerung vor Ort berücksichtigen. Nur so besteht die Chance, dass Slum-Tourismus helfen kann, Armut zu verringern. Das geschieht sicher nicht, indem Touristen ein paar Euro für Kunsthandwerk hinterlassen.
Von Eva-Maria Werner
Was meinen Sie? Diskutieren Sie mit und geben Ihre Meinung direkt in das untenstehende Formular ein.
Oder schreiben Sie uns:
Redaktion kontinente, Anton-Kurze-Allee 6, 52064 Aachen
E-Mail: redaktion@kontinente.org (bitte Ihre Anschrift angeben)
Bestellen Sie hier Ihr kostenloses kontinente-Probeabo.
|