Mar Gregorios Yohanna Ibrahim, syrisch-
orthodoxer Erzbischof von Aleppo. Foto: KNA |
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Syrien: Verwirrung um entführte Bischöfe
Keine genauen Angaben über Verbleib
25.04.2013 - Über den Verbleib der beiden am Montag in Syrien entführten Bischöfe gibt es nach Angaben der syrisch-orthodoxen Kirche weiter keine Informationen. „Wir wissen lediglich, dass sie an einem sicheren Platz sind“, zitierte die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA am Mittwochabend den Kanzler des syrisch-orthodoxen Patriarchen von Antiochien in Damaskus, Jean Kawak. Gegenüber dem Internationalen Katholischen Missionswerk missio in Aachen äußerten Mitarbeiter des griechisch-orthodoxen Patriarchates in Damaskus die Vermutung, die Entführten könnten in die Türkei gebracht worden sein.
Eine Bestätigung darüber liege allerdings noch nicht vor. Auch seien bisher keine Forderungen der Entführer im Patriarchat in Damaskus eingegangen. Erzbischof Ludwig Schick, Vorsitzender der Kommission Weltkirche bei der Deutschen Bischofskonferenz, rief über den Kurznachrichtendienst twitter dazu auf, für die entführten Bischöfe zu beten. Die Lage in Syrien werde immer unübersichtlicher.
„Mit der Entführung der Bischöfe spitzt sich die Lage der Christen in Syrien erneut zu“, sagt der missio-Nahostreferent und Islamwissenschaftler Dr. Matthias Vogt. In den vergangenen Monaten seien immer wieder Kirchen bei den Gefechten zerstört worden. Bisweilen werde vermutet, dass radikale islamistische Kämpfer gezielt Kirchen angegriffen haben, um Christen einzuschüchtern. Gleiches gelte für die vielen Entführungsfälle. „Mit der Entführung der beiden Bischöfe wird nun ein erneuter Schlag gegen die Christen geführt, die etwa zehn Prozent der Bevölkerung Syriens ausmachen. Die schnelle Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit ist die Voraussetzung dafür, dass Christen eine Zukunft in Syrien sehen und nicht in großer Zahl das Land verlassen und so das Christentum aus einem seiner Ursprungsländer verschwindet“, sagt Vogt.
Eindringlich zum Bleiben im Land rufen in einer gemeinsamen Stellungnahme die beiden Patriarchen von Antiochien, Ignatius Zakka I. Iwas von der syrisch-orthodoxen und Johannes X. Yazigi von der griechisch-orthodoxen Kirche die Christen in Syrien auf. Das Schreiben vom 23. April liegt missio im Wortlaut vor. Die Kirchenoberhäupter betonen darin, dass die Christen integraler Bestandteil der syrischen Gesellschaft seien. Sie appellieren an alle Konfliktparteien, sich so zu verhalten, dass die konfessionelle Gewalt in Syrien nicht weiter angeheizt werde. Alle Syrer - Christen wie Muslime aller Glaubensrichtungen - ermutigen die Patriarchen zur Zusammenarbeit, um den blutigen Konflikt in ihrem Land zu beenden. Vor allem warnen sie davor, Menschen als Ware oder Pfand zu behandeln, um politische Ziele oder materiellen Gewinn zu erreichen; auch als menschliche Schutzschilde dürften sie nicht missbraucht werden.
Die beiden orthodoxen Geistlichen waren Medienberichten zufolge auf dem Rückweg von einem Besuch in einem Dorf nahe der türkischen Grenze, als ihr Auto Montagabend kurz vor Aleppo von Bewaffneten angehalten wurde. Die beiden kamen offenbar von Verhandlungen, um die Freilassung zweier vor mehreren Monaten entführter Priester zu erreichen. Yazigi ist der Bruder des griechisch-orthodoxen Patriarchen von Antiochien, Johannes X. Yazigi. Die Hintergründe der Entführung sind weiter unklar. Laut der syrisch-orthodoxen Diözese soll es sich bei den Entführern um Tschetschenen im Sold der islamistischen Al-Nusra-Front handeln.
(C) missio Aachen/KNA
Hören Sie hier ein domradio-Interview mit Dr. Matthias Vogt, missio-Nahostreferent
PDF missio Aachen: Stellungnahme der griechisch-orthodoxen und des syrisch-orthodoxen Patriarchen
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