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Spiritualität
Das Leben siegt immer
Ein Virus – und alles hat sich verändert: Was für mich bisher selbstverständlich war, ist es nicht mehr. Und mir fällt auf, was ich alles vermisse und was mir wichtig ist. Zuhause bleibend, mache ich Frühjahrsputz, sortiere und stöbere in alten Fotoalben, wie viele andere auch.
Dies schenkt mir die Gelegenheit, zu überlegen, für was ich alles dankbar bin, was für Reichtümer ich habe an Wissen, Erfahrung, Erinnerungen und Menschen in meinem Leben. Aber darf ich in dieser Krisensituation dankbar sein? Mit all den Unsicherheiten, Belastungen, Ängsten? Dankbarkeit ist für mich ein Einüben des Loslassens: Alles ist ein Geschenk, nicht ein Verdienst. Es ist mir gegeben, zur Verfügung gestellt. Bin ich bereit, es auch wieder loszulassen, für eine Weile, für etwas Neues, für immer? Auch lerne ich bei aller Grenzerfahrung mehr über mich, bin auf mich zurückgeworfen und auf meine Fragen – mit der Chance auf neue Antworten, Wachsen und Reifen.
Dankbarkeit zeigt Solidarität: Meine Erfahrung als Ärztin in Ghana hat mich gelehrt, dankbar zu sein, dass wir hier immer etwas zum Essen haben und dass das Gesundheitssystem sehr gut ausgestattet ist. Ich bin dankbar für die, die „für mich“ arbeiten: Krankenpflegepersonal, Ärzte, Müllabfuhr, Forscher, Verkäufer. Im Bewusstsein, was mir alles an Gutem geschenkt ist, kommt der Wunsch auf, dass alle Menschen es genauso gut haben sollen. Es gibt so viele wunderbare Solidaritätsbekundungen, ganz unterschiedlich, mit viel Fantasie.
Wenn mir etwas schwerfällt, kann ich es aus Solidarität tun: Ich überwinde mich und helfe heute einem Freund, der eine Beziehungskrise hat, bei den Schulaufgaben; oder ich gehe bewusst nicht einkaufen, obwohl ich es gerne täte. Und ich werde solidarisch mit Menschen in den Ländern, die nicht so gut aufgestellt sind. Ich habe noch die Bilder vor Augen von der Ebola-Krise in Sierra Leone mit Plünderung, Hunger, Kämpfen ums Überleben, dies wird bei Corona leider nicht anders sein.
Dankbarkeit macht mein Leben heller, freundlicher. Wenn wir mehr zu Hause bleiben, kommen „Eigenheiten“ viel mehr zum Vorschein, und wir können uns weniger aus dem Weg gehen. Wir in der Kommunität merken derzeit besonders, wie wohltuend das „Danke“ ist. Es drückt Wertschätzung aus, führt den Blick auf das Schöne, Positive. Es macht mich achtsamer für das Gute im Leben trotz allem Schweren, trotz Verzicht und Beschränkungen: zum Beispiel für den Frühling, einen Anruf, Gespräche aus dem Fenster heraus, die Kreativität im Umgang miteinander. Und vor allem: Im Dank bleibe ich verbunden mit meinem Schöpfer. Im Dank werde ich einige meiner Sorgen los, im Dank liegt Vertrauen und die Zuversicht, dass das Leben letztendlich immer siegt!
Von Ursula Maier
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