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Be­­ne­­di­­to dos San­tos Con­ce­ição

Be­­ne­­di­­to dos San­tos Con­ce­ição

Mein Le­bens­lauf

Das bin ich ...

Mein Na­me ist Be­ne­di­to dos San­tos Con­ce­ição. Ge­bo­ren wur­de ich am 9. Fe­bruar 1987. Ich bin das sieb­te von neun Kin­dern mei­ner El­tern Ma­no­el und Ma­ria. Mein Va­ter ist Fi­scher und Klein­bau­er. Mei­ne Mut­ter hat sich um Haus und Kin­der ge­küm­mert. Zu­hau­se bin ich in ei­ner klei­nen Sied­lung am Fluss Acaí, ei­nem der vie­len klei­nen Ne­ben­flüs­se des Xin­gu in der Nähe von Por­to de Moz an der Mün­dung des Xin­gu in den Ama­zo­nas. Un­ser Haus und un­se­re Fel­der sind nur mit dem Boot er­reich­bar. Es gibt kei­ne Stra­ßen. Des­halb spiel­te sich mein Le­ben die ers­ten Jah­re über­wie­gend in un­se­rer Sied­lung ab. Ben­zin für die Boo­te war im­mer sehr teu­er dar­um wa­ren Aus­flü­ge in die „Stadt“ sehr sel­ten.

Von klein auf wur­den mei­ne Ge­schwis­ter und ich da­zu er­zo­gen, zu ar­bei­ten und um die not­wen­di­gen Din­ge des täg­li­chen Le­bens zu kämp­fen. Wir gin­gen mit dem Va­ter zum Fi­schen oder ha­ben auf dem Feld ge­ar­bei­tet, wo Man­dio­ca, Ma­ca­xei­ra, Mais und Reis gepflanzt wur­den. Die Er­trä­ge reich­ten meist nur für den Le­bens­be­darf un­se­rer Fa­mi­lie. Mei­ne Fa­mi­lie hat im­mer ein sehr ein­fa­ches Le­ben ge­führt. Was über die tag­täg­li­chen Be­dürf­nis­se hin­aus er­ar­bei­tet wur­de, ha­ben mei­ne El­tern in un­se­re Aus­bil­dung ge­steckt. Heu­te sind drei mei­ner Schwes­tern Leh­re­rin­nen, ei­ne ist Kran­ken­schwes­ter, drei Brü­der ar­bei­ten in der Land­wirt­schaft und ein Bru­der hat wie ich in ei­nem Se­mi­nar mit dem Stu­di­um be­gon­nen.

Kein Geld für die Schu­le

Un­se­re El­tern ha­ben im­mer dar­auf be­stan­den, dass wir ler­nen und ei­nen or­dent­li­chen Schul­ab­schluss ma­chen. Va­ter sag­te im­mer, dass es kei­ne Zu­kunft und Ar­beit für den gä­be, der nicht ge­nug ge­lernt ha­be. Ich bin ab dem 7. Le­bens­jahr in die Schu­le ge­gan­gen und ha­be mit 15 das „en­si­no fun­da­men­tal“ ab­ge­sch­los­sen (ent­spricht et­wa der frühe­ren acht­jäh­ri­gen Volks­schu­le in Deut­sch­land). Die Schu­le war am Ort ... die Kin­der aus den um­lie­gen­den Sied­lun­gen ka­men hier zum Un­ter­richt zu­sam­men. Die Leh­rer wa­ren ei­gent­lich kei­ne rich­ti­gen Leh­rer, son­dern äl­te­re Ju­gend­li­che, die schon das „en­si­no mé­di­o“ ab­ge­sch­los­sen hat­ten (vier­jäh­ri­ger Auf­bau­kurs, der da­nach zur Auf­nah­me­prü­fung an Uni­ver­si­tä­ten be­rech­tigt).

Mit 15 Jah­ren muss­te ich das Ler­nen ab­b­re­chen, denn für das „en­si­no mé­di­o“ hät­te ich in die Stadt Por­to De Moz ge­hen müs­sen. Da es kei­ne Mög­lich­keit gab je­den Tag dort­hin zu fah­ren, hät­te ich dort auch woh­nen müs­sen. Da­für hat­ten wir kein Geld. Es wa­ren ja schon ei­ni­ge mei­ner äl­te­ren Ge­schwis­ter au­ßer Haus und muss­ten ver­sorgt wer­den. Für mich brach ei­ne Welt zu­sam­men, weil ich doch ler­nen woll­te und weil ich die Wor­te mei­nes Va­ters sehr tief in mich auf­ge­nom­men hat­te. Es half aber nichts, vier Jah­re blieb ich zu Haus, hab die El­tern un­ter­stützt und auch für an­de­re ge­ar­bei­tet, um Geld zu ver­die­nen und dann ei­nes Ta­ges doch wie­der Ler­nen zu kön­nen.

Gleich­zei­tig ar­bei­ten und ler­nen

Die Chan­ce er­gab sich, als ich 19 Jah­re alt war. Ich konn­te bei Ver­wand­ten in Por­to de Moz un­ter­kom­men und so wie­der zur Schu­le ge­hen. Nach ein­ein­halb Jah­ren ve­r­än­der­ten sich aber de­ren Le­ben­s­um­stän­de, und für mich war klein Platz mehr. Ich woll­te die Schu­le aber nicht ab­b­re­chen, hab mir al­so ei­ne Woh­nung ge­sucht und muss­te ar­bei­ten, um Mie­te und Le­bens­un­ter­halt zu be­st­rei­ten. Tags­über hab ich ge­ar­bei­tet – mit den Fi­schern, als Las­ten­trä­ger und vie­les an­de­re mehr – und abends bin ich zum Un­ter­richt ge­gan­gen. Das war ei­ne schwie­ri­ge Zeit. Ich war abends oft ein­fach zu mü­de.

Da­zu kam, dass die Leh­rer für das „en­si­no mé­di­o“ von aus­wärts, al­so aus Belém, San­ta­rém oder an­de­ren grö­ße­ren Or­ten ka­men und nur zeit­wei­se in Por­to de Moz wa­ren. Oft hat­ten wir Blo­ck­un­ter­richt, statt nur abends auch schon am Nach­mit­tag oder auch Vor­mit­tag. Das war mit der not­wen­di­gen Ar­beit nur schwer zu ve­r­ein­ba­ren. Und der Un­ter­richt war qua­li­ta­tiv nicht sehr gut und nicht sehr re­gel­mä­ß­ig. Von den vier Jah­ren re­gu­lä­ren Schul­be­suchs hat­ten wir im Gan­zen vi­el­leicht ein Jahr mit Un­ter­richt.

Dank an Freun­de und El­tern

Schwie­rig war auch das Le­ben al­lei­ne. Mei­ne Freun­de ha­ben mich im­mer wie­der dar­auf hin­ge­wie­sen, wie ge­fähr­lich es sei, al­lein zu woh­nen. Raub und an­de­re For­men von Ge­walt ge­hö­ren hier ein­fach zum All­tag da­zu. Mehr­fach wur­de ich auch von Ju­gend­li­chen ein­ge­la­den, „sch­nel­les Gel­d“ zu ma­chen – ich soll­te Dro­gen ver­kau­fen und bei Raub­zü­gen mit­ge­hen. Ich ha­be mich im­mer er­folg­reich weh­ren kön­nen. Mir war wich­tig, mei­nen El­tern kei­ne Schan­de zu ma­chen und mei­nen Traum vom Stu­di­um und ei­nem sinn­vol­len Le­ben zu er­fül­len. In all den Jah­ren hat mir die Mit­ar­beit in mei­ner Kir­chen­ge­mein­de zu Hau­se und in Por­to de Moz ge­hol­fen. Hier hab ich im­mer wie­der Men­schen ge­trof­fen, die mich er­mu­tigt ha­ben, mei­nen Weg wei­ter­zu­ge­hen. Und dann wa­ren auch vie­le Freun­de wich­tig, mit de­nen ich mich fast täg­lich zum Fuß­ball­spie­len ge­trof­fen hab. Vor al­lem, nach­dem ich von mei­ner Fa­mi­lie ge­t­rennt war brauch­te ich die­se Stüt­ze, um nicht auf schie­fe Glei­se zu ge­ra­ten. Die Ver­lo­ckun­gen wa­ren groß.

Sch­ließ­lich bin aber bis hier­her ge­kom­men, ha­be un­ter vie­len Schwie­rig­kei­ten die Vor­be­rei­tung für ein Stu­di­um und die Auf­nah­me­prü­fung am diöze­sa­nen In­sti­tut für Phi­lo­so­phie und Theo­lo­gie ge­schafft und bin jetzt im 1. Se­mes­ter des Phi­lo­so­phie­stu­di­ums. Ein Teil mei­nes Trau­mes ist schon wahr ge­wor­den und ich bin froh und zu­frie­den, dass ich trotz schwie­ri­ger Pha­sen nicht auf­ge­ge­ben ha­be. Heu­te bin ich mei­nen El­tern dank­bar, dass sie mir bei­ge­bracht ha­ben, für al­les in mei­nem Le­ben zu kämp­fen und auch schwie­ri­ge Pha­sen zu durch­ste­hen.

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