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Benedito dos Santos Conceição
Die Geschichte meiner Berufung
Ich bin in einer 100 Prozent katholischen Welt aufgewachsen. Meine Familie, die Dorfgemeinschaft – da gab es gar nichts anderes, nicht mal eine evangelische Kirche. Sämtliche gemeinschaftlichen Aktivitäten hatten immer mit der Kirchengemeinde zu tun. Lange Jahre gab es bei uns keinen elektrischen Strom, also kein Fernsehen und keine anderen Unterhaltungsmedien. Die Erwachsenen trafen sich abends in unserer Kapelle zum Gebet, und wir Kinder gingen mit, um zu spielen.
Unsere Gemeinde hatte keinen eigenen Priester. Unser Pfarrer war in Porto de Moz und kam nur an den Festtagen der Gemeinde oder zu Taufen und Trauungen. Unser Glaubensleben war weniger von der Eucharistie oder der Messfeier als vielmehr von der Heiligenverehrung geprägt. Maria, der Heilige Blasius als Pfarrpatron und auch Kaspar del Bufalo, der Gründer der Missionare vom Kostbaren Blut, waren immer wichtig für uns. Die Missionare vom Kostbaren Blut hatten vor langer Zeit in unserer Gegend gewirkt und uns ihr Gebetbüchlein dagelassen. Beim Morgengebet zu Haus und beim Abendgebet in unserer Kapelle wurde mit diesem Andachtsbuch gebetet. Das waren meine ersten noch sehr unbewussten Kontakte mit der Gemeinschaft der Missionare vom Kostbaren Blut.
Priesterwunsch gerät in Vergessenheit
Zeitgleich mit dem Schulbeginn habe ich auch mit dem Katecheseunterricht begonnen Schulischen Religionsunterricht gibt es bei uns nicht. Katechese ist Aufgabe der Gemeinde. Jeden Samstag und Sonntag kamen die Kinder und Jugendlichen zusammen zum Religionsunterricht, der von jugendlichen und erwachsenen Mitgliedern der Gemeinde gehalten wurde. So wurde ich für den Empfang der Erstkommunion und der Firmung vorbereitet. Nach der Firmung wurde ich selbst Katechist und habe versucht, meinen Glauben und alles, was ich selbst gelernt hatte, an andere Kinder weiterzugeben. Auch in anderen Gruppen unserer Gemeinde habe ich mitgearbeitet. Mit 13 Jahren, nach der Firmung, wuchs in mir der Wunsch, Priester zu werden. Ich hab gespürt, wie sehr der Pfarrer bei uns in der Gemeinde fehlte. Es waren immer Höhepunkte im Lauf eines Jahres, wenn er dann mal zum Gottesdienst kam. Und dann sah ich hinter diesem Wunsch auch die Möglichkeit, studieren zu können.
Meine Eltern und die in der Gemeinde Verantwortlichen sagten mir aber, dass ich zu jung sei, um in ein Seminar eintreten zu können. Ich blieb also zu Hause und mein Wunsch geriet ein bisschen in Vergessenheit. Als ich dann 2006 nach Porto de Moz ging, um meine Schullaufbahn fortzusetzen, rief mich unser Pfarrer zu sich und fragte mich, ob nicht in der Leitung der PJ (Jugendpastoral) mitarbeiten wolle. Ich war total erschrocken, weil die Stadt ganz anders war als „meine Welt“ in unserer kleinen Siedlung. In der Stadt war ich anfangs total verunsichert, merkte, dass ich eigentlich gar nichts vom Leben wusste. Ich habe das Angebot aber angenommen und zusammen mit zwei anderen die Leitung der Jugendgruppe der Pfarrei übernommen.
Erste Kontakte mit den Missionaren vom Kostbaren Blut
Über diese Arbeit kam ich in Kontakt mit den Schwestern der Gemeinschaft der Anbeterinnen des Kostbaren Blutes (ASC). Die Schwestern betreuten eine Gruppe von Jugendlichen mit dem Ziel, eine Entscheidung über eine religiöse Berufung zu finden. Über die Schwestern kam ich zum ersten Mal in direkten Kontakt mit den Missionaren vom Kostbaren Blut. Ich lernte Pater Arcelino kennen, der aus Porto de Moz stammt. Zwei Jahre lang wurden ich und ein anderer Jugendlicher direkt von ihm begleitet. Zumeist ging der Kontakt per E-Mail, weil Pater Arcelino gut 400 Kilometer flußaufwärts am Xingu in Altamira lebte. Er hat mir geholfen, meinen früheren Wunsch Priester zu werden, wieder zu entdecken.
Zum Ende des Jahres 2008 fragte er uns dann, ob wir beide ins Seminar der Gemeinschaft in Belém-Ananindeua eintreten wollten. Wir waren beide begeistert. Im Januar 2009 reisten wir mit einer Gruppe unserer Pfarrei zum Welt-Sozial-Forum nach Belém. Im Anschluss an dieses Treffen sollten wir dann ins Seminar einziehen. Wir hatten alle unsere Habseligkeiten bei uns und waren richtig guter Dinge. Nach dem Abschluss des Forums brachte uns ein in Belém lebender Freund aus Porto de Moz mit dem Auto zum Seminar. Gut 100 Meter bevor wir dort ankamen, sagte mein Kollege auf einmal, dass er doch nicht bleiben wolle, sondern mit der Gruppe zurück nach Hause führe. Ich hatte nicht mal Zeit zu überlegen, was ich denn da jetzt machen sollte. Wir kamen an, mein Gepäck wurde ausgeladen und dann war ich im Haus. Ich hab mich selten so allein gefühlt, wie in den ersten Stunden und Tagen dort im Seminar.
Die Millionenstadt Belém machte mir Angst
Ich habe mich oft gefragt, was ich hier denn eigentlich wolle – die Millionenstadt hat mir Angst gemacht, ich kannte ja noch gar nichts, dann waren plötzlich die Freunde nicht mehr da, und schon in den ersten Tagen merkte ich, dass auch das Studium sehr schwierig werden würde. Meine bisherige Schulbildung erwies sich als sehr schwach und lückenhaft. Hier hat mir meine neue Hausgemeinschaft sehr geholfen, mich immer wieder an mein Ideal und meinen Lebenswunsch erinnert, viel Geduld mit mir gehabt bei all dem, was ich nicht wusste und nicht kannte.
Die Aufnahmeprüfung fürs Philosophiestudium inklusive des einjährigen Vorbereitungskurses musste ich zweimal machen. Trotzdem hat mich niemand deswegen schlecht angesehen. Dann kamen die ersten Schritte in pastoraler Arbeit dazu – mir wurde die Jugendgruppe einer der kleinen Gemeinden unserer Pfarrei anvertraut. Heute bin ich im ersten Semester der Philosophie und glücklich, hier zu sein. Immer noch bringt mir jeder Tag Neues und immer noch tauchen viele Schwierigkeiten auf, vor allem mit dem Studium. Ich spüre aber in allem, was ich bisher gelebt habe, Gottes Führung und versuche, darauf zu antworten. Mein Traum lebt und ich fühle mich sehr wohl in meiner Hausgemeinschaft und in der Kongregation.
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