In Deutschland hat Schwester Doris (2. v. re.) zum ersten Mal Schnee erlebt. Foto: Sr. Geraldine Busse |
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Schwester Doris kommt nach Deutschland
Frühjahr 2014
Doris Chembo hat einen großen Schritt auf ihrem Weg ins Ordensleben getan: In Lusaka hat sie die Gelübde abgelegt, dass sie in Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam leben will. Ihr Versprechen ist zunächst zeitlich begrenzt und gilt für ein Jahr. Aber mit diesem Schritt ist sie zur „Schwester“ geworden. Über Zeit der Vorbereitung auf die Gelübde-Feier und ihre Reise nach Deutschland berichtet Schwester Doris in diesem Beitrag.
Ich kann es kaum glauben, dass ich nun wirklich in Deutschland meinem Orden dienen soll. Mein Traum ist Wirklichkeit geworden: Ich bin eine der vier Schwestern, die in dem großen Kloster Strahlfeld nun ein Jahr lang ihren Dienst tun.
Aber lassen Sie mich dort beginnen, wo mein letzter Brief aufgehört hat. Ich erzählte Ihnen von meinen Erfahrungen in Simbabwe, wo wir drei Monate lang geblieben waren. Das war eine gute Erfahrung, aber es war auch schön, nach Sambia zurückzukehren. Von da an bereiteten wir uns auf die Feier unserer Ersten Gelübde vor.
Ein großer Tag für unsere Kongregation
Das zweite Jahr meines Noviziats war eine Zeit, in der ich noch ernsthafter meinen Lebensweg erkennen sollte. Ich musste beten und nachdenken, indem ich mich fragte, ob das Ordensleben die richtige Wahl für mich sei. Der Unterricht, den wir erhielten, half mir, mit diesen Fragen umzugehen. Ich erfuhr mehr über die drei Gelübde und darüber, was es bedeutet, sie in der Art der Dominikanerinnen zu leben.
Bezüglich des Keuschheitsgelübdes, das eher im Widerspruch zur Kultur steht, musste ich mich fragen, ob ich bereit bin, auf ein Leben mit Ehemann, Kindern und eigenem Heim zu verzichten. Gewiss, das war eine Herausforderung für mich. Aber nach einer Phase des Gebets und des Nachdenkens wurde mir klar, dass sowohl das Ehe- als auch das Ordensleben ein Leben zur Ehre Gottes sein sollen. Anders ausgedrückt, ergänzen sie einander. Ich erkannte, dass wir alle berufen sind, für Gott zu leben. Im meinem Erkenntnisprozess spürte ich ständig die Liebe Gottes und auch Selbstvertrauen und Freude darüber, zu Gottes Anruf – als Ordensschwester zu leben – „ja“ sagen zu können. Achttägige, geführte Exerzitien waren ein weiteres Element meiner spirituellen Vorbereitung. Ich hatte wirklich Zeit, um auf mich zu hören.
Neben der spirituellen Vorbereitung auf unser erstes Gelübde lernten wir als Gruppe, unsere eigenen Schleier zu nähen. Das war recht interessant und machte uns froh, da kaum eine Minute verging, in der wir nicht versuchten, unsere Schleier anzulegen und in der wir uns nicht schon als hübsche Schwestern sahen. Diese freudigen Erfahrungen zeigten uns, dass wir alle zu unserem ersten Gelübde bereit waren.
Am Tag meines Gelübdes zitterte ich und hatte Angst, beim Ablegen des Gelübdes Fehler zu machen. Dies konnte mich jedoch nicht daran hindern, zu singen und zu tanzen. Gottseidank lief alles gut und ich machte nicht auch nur einen Fehler. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Feier unseres Gelübdes ein großer Tag für unsere Kongregation war. Dies wurde uns gezeigt durch die Gebete und die Unterstützung, die wir von unseren Schwestern aus verschiedenen Regionen und Gemeinschaften erhielten.
Wenn ich an den Augenblick zurückdenke, in dem uns gesagt wurde, dass die beiden jungen Schwestern, die damals in Deutschland tätig waren, uns am Telefon sprechen wollten, muss ich lachen. Ich sprang vor Freude in die Luft. Ich hatte das Gefühl, dass wirklich für mich gesorgt wurde und erkannte, dass wir alle eine Familie sind. Ich musste auch an meine eigene Familie denken. Wegen der Noviziatsregeln nahm kein Mitglied meiner Familie an der Feier teil. Am Vortag telefonierten wir miteinander, und ich erhielt ihren Segen und ihre guten Wünsche. Ich hatte das starke Gefühl, im Geiste beisammen zu sein, und ich wusste auch, dass sie mich besonders stark unterstützten.
Außergewöhnliche Ehrung in der Heimat
Zwei Tage nach meinem Gelübde erhielt ich die Erlaubnis, einen Monat lang Urlaub bei meiner Familie zu machen. Dabei machte ich einige großartige Erfahrungen, an die ich mich immer noch voller Wertschätzung und Freude erinnere. Zuerst besuchte ich meinen älteren Bruder, der mit seiner Familie in Ndola, der größten Stadt des Kupfergürtel-Gebiets lebt. Nachdem ich ein paar Tage bei ihm verbracht hatte, wollte ich wieder nach Hause zurückkehren. Zu meiner großen Freude beschloss mein Bruder, mich auf dem Rückweg zu unserem Heimatdorf zu begleiten. Wir erzählten einander unsere Kindheitserinnerungen und tauschten uns darüber aus, wie Gott uns geholfen hat, dass wir in unserem Leben so weit kommen konnten.
Als wir uns unserem Dorf näherten, erblickten wir eine Gruppe von Frauen, die darauf warteten, mich bei meiner Rückkehr ins Dorf willkommen zu heißen. Mit frohen Gesichtsausdrücken baten sie mich, aus dem Auto auszusteigen. Dann trugen sie mich auf dem Rücken – wobei sie einander abwechselten – ins Haus. Das war eine großartige Sache für mich, denn diese Ehre wird gewöhnlich nur einem Bräutigam oder einer Person erwiesen, die im Leben etwas Außergewöhnliches erreicht hat. Wenn einem so etwas widerfährt, dann bedeutet es, dass man ganz besonders geliebt und im Dorf überaus herzlich willkommen geheißen wird. So fühlte ich mich in der Tat geehrt, und ich glaube, dies geschah, weil ich nun Ordensfrau war.
Meine Leute waren auch glücklich, und ich konnte ihnen ansehen, dass sie mich und meine Lebensentscheidung unterstützten; sie brachten nämlich ihre Freude und ihre Dankbarkeit Gott gegenüber zum Ausdruck. Sie fragten mich auch, wie es mir gelungen sei, auf Gottes Anruf mit „Ja“ zu antworten. Es gab aber auch andere Mitglieder meiner Familie, die es nicht akzeptieren konnten, dass gerade ich in ihrer Mitte stand. Da musste ich ihnen klarmachen, dass ich Doris bin, die Person, die sie schon lange kannten, und dass ich ein Mensch wie sie bin. Als ich ihnen allen von einigen meiner Erfahrungen berichtete und ihnen von der Feier am Tag unseres ersten Gelübdes erzählte, kamen wir einander wieder näher und sie hatten fast das Gefühl, als seien sie mit dabei gewesen. Besucher erhalten Geschenke – das ist ein Brauch in meinem Dorf, und so erhielt auch ich viele verschiedene Geschenke. Die meisten davon waren verschiedene Arten von Speisen, einschließlich lebender Hühner.
Mit ganzem Herzen „Ja“ sagen
Mein Aufenthalt in Mpongwe war auch eine Gelegenheit für mich, meinen Eltern bei der Feldarbeit zu helfen. Aufs Feld gehen, etwas Wasser holen, Brennholz suchen, abends am Lagerfeuer Geschichten erzählen, mit der Familie zur Kirche gehen – all dies waren Dinge, die mir gefehlt hatten. All dies wieder zu erleben, war gut für mich, denn mir wurde dadurch in Erinnerung gerufen, woher ich komme. Andere Dorfbewohner waren überrascht, mich bei der Arbeit zu sehen, sie dachten, dass wir im Konvent nicht arbeiten. Durch meine Aktivitäten begriffen sie, dass wir im Konvent Faulheit nicht fördern, sondern sogar noch mehr arbeiten, als sie in ihren Häusern.
Alles in allem war mein Heimaturlaub auch insofern gut und fruchtbar, weil meine Familie und andere Personen in ihrem Glauben erneuert wurden durch unsere gemeinsamen Gebete. Es machte mich traurig, vom Tod verschiedener Personen zu erfahren, die ich gekannt hatte, ehe ich in den Konvent eintrat. Während meines Noviziats erfuhr ich vom Tod einiger Personen, und wir beteten miteinander, was mir ein Trost war, da ich nicht nach Hause fahren konnte. Mit all den Erfahrungen, die ich während meines Heimaturlaubes gemacht hatte, konnte ich mein Zuhause mit einem Lächeln auf den Lippen Gesicht verlassen, und auch auf den Gesichtern der Dorfbewohner konnte ich ein Lächeln entdecken.
In dem Wissen, dass ich eine Missionsschwester der Dominikanerinnen bin, konnte ich von ganzem Herzen „Ja“ sagen zu dem Auftrag meiner Vorgesetzten, für ein Jahr nach Deutschland zu gehen. „Hier bin ich, Herr, sende mich!“
Am 16. Januar bestiegen wir das Flugzeug und begannen so unser großes Abenteuer, nämlich, unser Heimatland zur Ehre Gottes zu verlassen. Das Fliegen war eine unglaubliche Erfahrung, und als wir in Deutschland ankamen, waren wir sehr aufgeregt. Am Nürnberger Flughafen wurden wir von zwei Mitschwestern aus Strahlfeld herzlich willkommen geheißen. Diese gaben uns sofort warme Kleidung, da in Deutschland gerade Winter herrschte. Nach einer eineinhalbstündigen Fahrt kamen wir wohlbehalten im Strahlfelder Konvent an, wo die Schwestern uns schon erwarteten und ebenfalls sehr herzlich begrüßten. Nach dem langen Flug waren wir freilich sehr müde, fühlten uns nach einem langen Schlaf aber zu unserer neuen Aufgabe bereit.
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