Doris - eine Begegnung
Doris Chembo und Schwester Geraldine Busse waren sich zuvor noch nie begegnet. Die Strahlfelder Missions-Dominikanerin kannte die Ordens-Kandidatin nur aus der Internetdoku „Um Himmels willen“. Da das Erweiterte Ratstreffen der Ordensgemeinschaft, an dem sie als Delegierte teilnehmen sollte, Schwester Geraldine nach Sambia führte, wollte sie die Gelegenheit nutzen, ihre künftige Mitschwester persönlich kennenzulernen. Von dieser Begegnung hat Schwester Geraldine eine Bilderserie (siehe Bildergalerie rechts) und einen Bericht für kontinente mitgebracht.
„Wie mag sie wohl aussehen? Wie stelle ich mich ihr vor? Worüber werden wir sprechen?“ Dies waren die Fragen, die mir durch den Kopf gingen, bevor ich Doris Chembo zum ersten Mal treffen sollte. Nachdem ich ihren Lebenslauf in kontinente gelesen hatte, spürte ich schon eine gewisse Neugier auf die junge Frau, die so locker sagen konnte: „Ich bin meinen Eltern dankbar, dass sie mich nicht unter die Haube gebracht haben.“ Diese Denkweise spricht für eine gute Portion Selbstbewusstsein und zeigt Aufgeschlossenheit neuen Denkweisen gegenüber.
Entgegen meinen Erwartungen brauchte ich nicht zur Fatima-Missionsstation zu fahren, die rund 25 Kilometer von der inoffiziellen Hauptstadt des Kupfergürtels, Ndola, entfernt ist, wo die Kandidatinnen unserer Gemeinschaft leben. Sie nahmen nämlich alle an der Feier der Ewigen Profess von zwei sambischen Schwestern, Sylvia und Annie, teil. Nach der kirchlichen Feier, die in der Kathedrale von Ndola stattfand, waren alle Gäste in den Klosterhof zu einem Imbiss und Umtrunk eingeladen. Für die speziell Geladenen gab es im Laufe des Nachmittags ein buntes Programm – etwas, das der afrikanischen Mentalität sehr entspricht. Sketche mit hintergründigem Humor und Szenen aus dem Alltagsleben wechselten sich dabei mit traditionellen Liedern und Tänzen ab.
Viele Stühle mussten für diesen Anlass gestellt werden, und da war es gut, zusätzlich helfende Hände zu haben. Eifrig packten Doris und die anderen jungen Frauen aus ihrer Gruppe mit an. Bei dieser Gelegenheit traf ich Doris das erste Mal. Verschwunden waren die Fragen, die mir zuvor durch den Kopf gegangen waren; es ergab sich spontan ein völlig ungezwungenes Begrüßen, Vorstellen und auch ein „In-Augenschein-nehmen“.
Doris Freude über den Kontakt mit kontinente
Die junge Frau mit dem rundlichen Gesicht und dem schelmischen Lächeln war mir auf Anhieb sympathisch. Dazu passte eigentlich so gar nicht das eher scheue Auftreten und die leise Stimme. Schön war, dass Doris sich sehr über den Kontakt mit kontinente freute und nun erstmals diesem Magazin ein Gesicht zuordnen konnte. Es war ihr anzumerken, dass sie es ganz spannend fand, für dieses Langzeitprojekt ausgesucht worden zu sein. Wir vereinbarten, dass ich sie bei nächster Mitfahrgelegenheit auf der Fatima-Mission besuche, um zu sehen, wo sie nun lebt und was ihre Aufgaben dort sind.
Bereits einige Tage später ergab sich die Möglichkeit für mich, bei einem Kurzbesuch unserer Schwestern in Fatima auch Doris und die anderen Kandidatinnen zu treffen. Während meine Mitschwestern sich noch in der Fatima-Gemeinschaft aufhielten, stahl ich mich rasch weg und suchte meinen Weg zum Haus der Kandidatinnen, das sich am Rand des großen Schulkomplexes befindet. Es ist ein flaches Gebäude mit einem offenen Innenhof, um den die Gemeinschaftsräume, die Kapelle und die Zimmer der jungen Frauen angeordnet sind. Als ich das Haus betrat, hörte ich Singen und Beten und ging deshalb gleich in die Kapelle. Sofort wurde mir ein Stundenbuch zum Mitbeten der Vesper gebracht, und ich war hineingenommen in ihre Mitte. Beim Einsetzen der Trommeln und rhythmischen Gesänge wurde ich regelrecht angesteckt von der Lebendigkeit der kleinen Gemeinschaft.
Nach und nach füllte sich die Bank neben mir, und meine Mitschwestern, die inzwischen auch nachgekommen waren, schlossen sich dem Stundengebet an. Das große Hallo kam dann anschließend, als sich alle im Innenhof zur allgemeinen Begrüßung einfanden. Doris und ich begrüßten uns nun fast schon wie alte Bekannte. Ich bat sie dann auch gleich, sie bei ihren verschiedenen Pflichten und Aufgaben fotografieren zu dürfen. Auch da reagierte sie leicht verlegen, nickte aber strahlend, so dass ich spüren konnte, wie sehr sie sich über die Aufmerksamkeit freute. Sie vermittelte aber zu keinem Zeitpunkt unseres Besuches den Eindruck, den übrigen Kandidatinnen überlegen oder „etwas Besonderes“ zu sein. Das empfand ich als sehr angenehm und es sprach für ihre Sensibilität den anderen gegenüber.
Doris lebt in einer Gemeinschaft mit sechs jungen Frauen
In der Mitte der zementierten Fläche des Innenhofes entdeckte ich Doris, die mit den zum Trocknen ausgelegten Süßkartoffel-Schnitzel beschäftigt war. Doris scheint gern zu kochen, denn sie wirkte ganz locker und munter, als sie mit einer anderen Kandidatin am Herd stand, um die nächste Mahlzeit vorzubereiten. Die Gruppe der sechs jungen Frauen bildet eine Lebensgemeinschaft, die zwei Jahre dauert, und ihren eigenen Tagesablauf hat, unabhängig von der Kommunität der Schwestern auf der Fatima-Mission. Während dieser Zeit werden sie in die klösterliche Lebensweise eingeführt und machen erste Erfahrungen in einer anderen Gemeinschaft.
Für Doris hieß das, rund ein halbes Jahr in der Kommunität in der Hauptstadt Lusaka zu leben und in einem Krankenhaus mitzuhelfen. Während dieser Gemeinschafts- und Praxiserfahrung erleben die jungen Frauen erstmals, was es heißt, Ordens- und Berufsleben in ausgewogenem Maß miteinander zu verbinden. Es ist hilfreich, diese Herausforderungen schon zu Beginn des Ordenslebens kennen zu lernen, denn manche Apostolate sind sehr zeitaufwändig, und es bedarf einer großen Portion Selbstdisziplin, die klösterliche Observanz, das Befolgen der Regeln, treu einzuhalten. Diese erste „Prüfung“ hat Doris bereits hinter sich, und noch immer verspürt sie den starken Wunsch, sich als Dominikanerin Gott zur Verfügung zu stellen.
Schwester Susan, die zur Zeit meines Besuches in Ferien war, und Schwester Chama sind verantwortlich für die geistliche und praktische Ausbildung der Ordensanwärterinnen. Sie sind Leiterin, aber auch Vorbild und Vertraute. Es ist gut, zwei Schwestern in der Leitung zu haben, da die Kandidatinnen dann wählen können, welcher von beiden sie sich leichter anvertrauen können.
Doris Alltagsleben
Die Gemeinschaft des Ausbildungshauses ist für alle anfallenden Arbeiten und Aufgaben selbst verantwortlich. Es gibt einen Garten hinter dem Haus, in dem Gemüse und Kartoffeln angebaut werden und in dem es auch Blumen für die Dekoration der Kapelle und des Hauses gibt. Der Tag beginnt mit dem Morgengebet in der Kapelle, Zeit für Meditation, Frühstück, Hausarbeit, Unterricht, Kochen, Waschen, Nähen und was sonst noch alles zum täglichen Ablauf gehört. An der Eucharistiefeier können die jungen Frauen in der Kapelle der Fatima-Mission teilnehmen.
Neben dem Studium, der geistlichen Unterweisung und der Hausarbeit kommt auch die soziale Komponente zum Tragen. Kranke, die in der näheren Umgebung leben, werden besucht und Kranke in der Kavu-Klinik, die sich in der Nähe befindet. Freizeit, Spiel und Spaß, Singen und Trommeln sowie Erzählen sind wichtige Elemente, die zum Leben des afrikanischen Menschen dazugehören. Deshalb ist auch für diese Dinge Zeit und Raum vorhanden. Ja, es wird sogar gepflegt, da es wesentlich dazu beitragen kann, sich beheimatet und wohl zu fühlen.
Herzlicher Abschied
Die freundliche Einladung zum Essen konnten wir leider nicht mehr annehmen, da wir noch vor dem Einsetzen der Dunkelheit wieder zurück in Ndola sein wollten. Schwester Vianney, die in Kolumbien tätig ist, verabschiedete sich von den Kandidatinnen auf Spanisch, und sie versuchten eifrig, die ungewohnten Wortlaute zu wiederholen: Hasta luego oder Adios. Da war unser deutsches „Auf Wiedersehen“ schon ein wenig leichter. Jedenfalls konnte Doris das schon recht gut aussprechen. Zum Schluss wurde sie sogar etwas mutiger und meinte, dass es schön wäre, wenn sie auch den Redakteur von kontinente einmal kennen lernen könnte, der sie für die Internetdoku „Um Gottes willen“ habe gewinnen können. Ich versprach ihr, nach meiner Rückkehr nach Deutschland den Wunsch und ihre Grüße in der Redaktion auszurichten. Unter viel Gelächter, Umarmen und Händeschütteln verließen wir diesen lebendigen und hoffnungsvollen Ort.
Von Geraldine Busse OP
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