Sie sind hier: Aktuelles 
Foto: Ackermann

An­fang und En­de der Welt

Am Tur­ka­na-See im äu­ßers­ten Nor­den Ke­nias hat ver­mut­lich die Ge­schich­te der Mensch­heit be­gon­nen.
Heu­te le­ben hier Hir­ten und Fi­scher, die weit­hin be­kannt sind für ih­ren krea­ti­ven Kör­per­sch­muck.
Doch ih­re Welt ist be­droht. Mäch­ti­ge Stau­däm­me in Äthio­pi­en las­sen den See lang­sam au­s­trock­nen.

Text: Kirs­ten Mil­hahn; Fo­to: An­ne Acker­mann

Gott lebt im See. Und die Stel­le, an der er zu­hört, liegt am fla­chen öst­li­chen Ufer. Dort be­fin­det sich der hei­ligs­te Ort der El Mo­lo, ei­nes Vol­kes von Fi­schern, zah­len­­mä­ß­ig wohl die kleins­te Eth­nie Ke­nias. Ei­gen­t­­lich füh­re er nie Frem­de dort­hin, sagt Ra­pha­el Leiya­pir, fal­tet die für sei­ne sch­ma­le Sta­tur viel zu kräf­ti­gen Hän­de vor der Brust und schüt­telt den Kopf. „Zu ge­fähr­li­ch“, be­fin­det er. „Wer Wakh ver­är­gert, ris­kiert sein Le­ben.“ Der al­te Mann ist wie die meis­ten Men­schen in der Ge­gend Christ und als Ka­te­chist zu­dem so ei­ne Art geist­li­cher Bei­stand in der Stroh­hüt­ten­sied­lung Moi­te. Doch Wakh, die heid­ni­­sche Kon­kur­renz, bringt dem Fi­scher­volk Re­gen, heilt Krank­hei­ten, sorgt für Frie­den zwi­schen den Nach­bar­stäm­men und für rei­che Fisch­be­stän­de.

Wie­ge der Mensch­heit
Es kos­tet ei­ni­ges an Über­re­dungs­kunst, bis sich Leiya­pir zu ei­ner Aus­nah­me hin­rei­ßen lässt. „Aber fasst bloß nichts an.“ Über ei­nen stau­bi­gen Pfad geht es von der Ebe­ne, auf der das Dorf liegt, hin­un­ter zum See. Wind­böen ja­gen Staub­teu­fel vor sich her. Ein paar Hir­­ten­bu­ben in ih­ren kun­st­­voll um den Leib dra­pier­ten bun­ten Um­hän­gen, den Shu­kas, trei­ben Zie­gen und Scha­fe von den Hän­gen zur Trän­ke an den See. Wort­los he­ben sie zum Gruß die Au­gen­brau­en. Es herrscht Stil­le, durch­bro­chen nur vom Knir­schen der Salz­krus­te, die un­ter Leiya­pirs Schrit­ten birst. Das See­was­ser hat sie im Sand hin­ter­las­sen. We­gen ih­rer Ab­ge­schie­den­heit gal­ten das Omo-­Tal und der Tur­ka­na-See lan­ge als Ran­d­­ge­biet – No­ma­den­land, in dem kaum et­was zu ho­len war. Doch in den 1970er-Jah­ren rück­te die Re­gi­on ins Zen­trum des In­ter­es­ses: In sei­ner Mit­te ver­or­te­te man die „Wie­ge der Mensch­heit“, weil Pa­läo­an­thro­po­lo­gen wie Ri­chard Lea­key hier ei­ni­­ge der äl­tes­ten Ho­mini­den-­Res­te fan­den. Das Tal und Tei­le der Ge­gend am See sind des­halb zum Unes­co­-Welt­kul­tur­er­be er­nannt wor­den.

Wakhs Ra­che
Das nützt frei­lich nichts, wenn es um Geld geht: Gro­ße Be­wäs­se­rungs­plä­ne und ein ge­wal­ti­­ges Stau­damm­pro­jekt dro­hen dem größ­ten Wüs­­ten­see der Welt all­mäh­lich das Was­ser ab­zu­gr­a­ben und da­mit die Land­schaft und das Le­ben für im­­mer zu ve­r­än­dern. ­Doch noch herrscht hier Wakh. In­mit­ten des ver­trock­ne­ten Land­s­trichs er­öff­net sich un­ver­mit­­­telt der Blick auf ei­ne üp­pi­g­­grü­ne Pal­me­noa­se. Ring­s­um wächst ein Gras­tep­pich, so dicht und saf­­tig, dass er wohl mit je­dem eng­li­schen Ra­sen mit­­hal­ten könn­te. „Na­sai“, flüs­tert Leiya­pir ehr­fürch­­tig. In sei­ner Spra­che be­deu­tet das so viel wie „der Platz, an dem Gott lausch­t“. In re­spekt­vol­lem Ab­­stand bleibt er an ei­nem sch­ma­len Zie­genpfad ste­hen. Der führt wie ei­ne Grenz­li­nie um den hei­li­­gen Ort. „Selbst die Tie­re hal­ten Ab­stand.“ Wakh höchst­per­sön­lich sor­ge da­für, dass Na­sai nie aus­­trock­net, auch in der al­ler­größ­ten Hit­ze nicht. Das wis­se je­der in der Ge­gend; und auch dass man sein Le­ben ris­kiert, wenn man die Pal­men st­reift. „Zu­letzt hat es ein Dut­zend Fi­scher von der an­de­ren Sei­te des Sees er­wisch­t“, er­zählt Leiya­pir. Tur­ka­na, die nachts mit ih­ren Boo­ten an Wakhs hei­li­gem Ort an­lan­de­ten und aus den Palm­blät­tern von Na­sai Tra­ge­kör­be für die ge­fan­ge­nen Fi­sche floch­ten. „Wakh hat sie da­für kur­zer­hand nachts mit ih­ren ei­ge­nen Boo­ten er­schla­gen.“ Am Mor­gen sei­en sie al­le am Strand ge­le­gen, gleich ne­ben ih­ren zer­stör­ten Ka­nus.

Hei­li­ge Oa­se
Höchs­tens 1500 Men­schen vom Volk der El Mo­lo le­ben heu­te noch am Tur­ka­na-See und mit ih­nen ei­ne Hand­voll Hir­ten­stäm­me. „Ru­dolf­see“ nan­n­­te ihn zu­erst sein ös­t­er­rei­chi­sch­-un­ga­ri­scher En­t­­­de­cker Graf Sá­mu­el Te­le­ki von Szék – in An­leh­nung an Kron­prinz Ru­dolf von Ös­t­er­reich­-Un­garn. Nach En­de der Ko­lo­nial­zeit hat ihn Ke­nias Re­gie­rung um­be­nannt – nach den Tur­ka­na, der größ­ten am See an­säs­si­gen Volks­grup­pe. Der Wind frischt auf. Er fegt jetzt über die hei­li­ge Oa­se, reißt an den Palm­we­deln. Über dem See brau­en sich Wol­ken zu­sam­men und ver­dun­keln die Son­ne. „Wakh ist zor­ni­g“, meint Ra­pha­el Leiya­pir, „schon seit ei­ner gan­zen Wei­le.“ Dann dreht er sich um und geht die rund 200 Me­ter über das vom Salz ge­b­leich­te Ufer hin­un­ter zum See. „Vor drei Jah­ren spül­ten um die­se Zeit des Jah­res hier noch die Wel­len“, mur­melt er im Ge­hen. „In der Re­gen­zeit schlu­gen sie manch­mal bis an die Oa­se heran. Doch in den ver­gan­ge­nen Jah­ren hat sich das Was­ser im­mer wei­ter zu­rück­ge­zo­gen.“ Woran das lie­ge? Er deu­tet mit aus­la­den­der Hand­be­we­­gung in Rich­tung Nor­den. „Geht, sucht dort.“
Im Nor­den mün­det der Omo, die Le­ben­s­­a­der Südäthio­pi­ens, in den Tur­ka­na-See. Doch seit Jah­ren kommt im­mer we­ni­ger Was­ser nach. Der Grund: Das Nach­bar­land Äthio­pi­en ver­sucht, sei­­nen stei­gen­den En­er­gie­be­darf mit Was­ser­kraf­t­­wer­ken zu de­cken. Der Plan sieht dar­über hin­aus vor, von Ro­h­öl­im­por­ten mit­tel­fris­tig un­ab­hän­gig zu wer­den und durch En­er­gie­ex­por­te den Grun­d­­stein für die In­du­s­tria­li­sie­rung zu le­gen.

Sie möch­ten die gan­ze Re­por­ta­ge le­sen? Dann be­s­tel­len Sie hier ein kos­ten­lo­ses Pro­be­heft

Zu­rück zur Nach­rich­ten­über­sicht Ju­li/Au­gust 2018




SUCHE

PROBEHEFT GRATIS BESTELLEN
Eine Welt.
Ein Magazin.

Entdecken Sie kontinente
und bestellen Sie hier Ihr kostenloses Probeheft.

WORTWECHSEL
Was meinen Sie?
Bürgergeld-Bingo: Reichen 563 Euro?

DIE KONTINENTE-HERAUSGEBER
missio

missio - Internationales
Katholisches Missionswerk e. V.

Goethestr. 43
D-52064 Aachen
www.missio-hilft.de

Africanum

Africanum
Route de la Vignettaz 57-59
CH-1700 Fribourg
www.africanum.ch

Afrikamissionare – Weisse Väter

Afrikamissionare – Weisse Väter
Ludwigsburger Str. 21
D-50739 Köln
www.afrikamissionare.de

Anbeterinnen des Blutes Christi

Anbeterinnen des Blutes Christi
Kloster St. Elisabeth
FL–9494 Schaan
www.kloster.li

Arenberger Dominikanerinnen

Arenberger Dominikanerinnen
Cherubine-Willimann-Weg 1
D-56077 Koblenz
www.arenberger-dominikanerinnen.de

Comboni-Missionare

Comboni-Missionare
Scharrerstraße 32
90478 Nürnberg
www.comboni.de

Franziskanerinnen Salzkotten

Franziskanerinnen Salzkotten
Paderborner Str. 7
D-33154 Salzkotten
www.fcjm.de

Franziskanerinnen von Reute

Franziskanerinnen von Reute
Kloster Reute
D-88339 Bad Waldsee
www.kloster-reute.de

Herz-Jesu-Missionare

Herz-Jesu-Missionare
Schönleitenstraße 1
A-5020 Salzburg
www.msc-salzburg.at

Institut St. Dominikus

Institut St. Dominikus
Vincentiusstr. 4
D-67346 Speyer
www.institut-st-dominikus.de

Kapuziner

Deutsche Kapuzinerprovinz
Kapuzinerstr. 34
D-80469 München
www.kapuziner.de

Maristenbrüder

Maristenbrüder
FMS Sektor Deutschland

Klosterstraße 4
D-84095 Furth bei Landshut
www.maristen.org

Maristenpatres

Maristenpatres
Am Zwinger 1
D-94032 Passau

www.maristenpatres.de

Missio Nederland

Missio Nederland
Postbus 93140
NL-2509 AC Den Haag
www.missio.nl

Missionare vom Kostbaren Blut

Missionare vom Kostbaren Blut
Gyllenstormstr. 8
A-5026 Salzburg-Aigen
www.missionare-vom-kostbaren-blut.org

Missionarinnen Christi

Missionarinnen Christi
Linderhofstr.10
D-81377 München
www.missionarinnen-christi.de

Missions-Benediktinerinnen

Missions-Benediktinerinnen
Bahnhofstr. 3
D-82327 Tutzing
www.missions-benediktinerinnen.de

Missions-Dominikanerinnen Schlehdorf

Missions-Dominikanerinnen Schlehdorf
Provinz St. Immaculata
Kirchstr. 9
D-82444 Schlehdorf
www.schlehdorf.org

Missionsärztliche Schwestern

Missionsärztliche Schwestern
Scharnhölzstr. 37
D-46236 Bottrop
www.missionsaerztliche-schwestern.org

Missionsdominikanerinnen Strahlfeld

Missionsdominikanerinnen Strahlfeld
Am Jägerberg 2
D-93426 Roding-Strahlfeld
www.kloster-strahlfeld.de

Missionsschwestern v. d. Unbefleckten Empfängnis der Mutter Gottes

Missionsschwestern v. d. Unbefleckten Empfängnis der Mutter Gottes
Franziskusweg 2
D-48145 Münster

Missionsschwestern vom Hlst. Herzen Jesu

Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu
Hohe Geest 73
D-48165 Münster-Hiltrup
www.msc-hiltrup.de

Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel

Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel
Friedensplatz 6
D-37308 Heilbad Heiligenstadt
www.smmp.de

Spiritaner

Spiritaner
Missionsgesellschaft vom Heiligen Geist
Missionshaus Knechtsteden
D-41540 Dormagen
www.spiritaner.de


VIDEO
Der Film erzählt von Schwester Marie Catherine im Niger, die zur Versöhnung von Muslimen und Christen im ärmsten Land der Welt beiträgt.

Unterwegs in ...
Das kontinente-
Reisetagebuch

Facebook  YouTubeKontakt  |  FAQ  |  Sitemap  |  Datenschutz  |  Impressum