Mutter-LiebeDas einzige christliche Krankenhaus im Sudan wird von Comboni-Schwestern geleitet.
Hier werden Mütter aller Religionen und gesellschaftlicher Schichten liebevoll umsorgt.
Jeden Tag kommen hier im Schnitt zehn Kinder zur Welt. |
Text | Fotos: Andrzej Rybak
Es ist früher Morgen, doch in der Entbindungsklinik St. Mary’s in Khartum wird bereits hektisch gearbeitet. Gerade wurde eine verängstigte Frau eingeliefert, der auf der Straße plötzlich die Fruchtblase geplatzt war. Sie taumelt ein wenig, als sie, von einer Hebamme gestützt, in den Kreißsaal gebracht wird. Während der Untersuchung setzen die Wehen ein. Ihre Schreie sind überall auf dem Flur zu hören. „Wenn Frauen direkt von der Straße zur Entbindung gebracht werden, weiß man nie, was auf einen zukommt“, sagt Schwester Lette besorgt. „Aber auch in solchen Fällen müssen wir helfen.“
Die St. Mary's Entbindungsklinik ist das einzige Krankenhaus, das im muslimischen Sudan von Ordensfrauen geführt wird. Das dreistöckige Gebäude befindet sich in der geschäftigen Altstadt der sudanesischen Hauptstadt, umgeben von einer grau getünchten Mauer. Drei Straßenzüge weiter wimmelt es von Menschen, die zum arabischen Markt und der Großen Moschee kommen. Autos blockieren die Straßen, überall liegt Abfall herum, denn die Müllabfuhr funktioniert in Khartum nicht.
Schwester Lette leitet die Klinik gemeinsam mit sieben anderen Comboni Missionsschwestern. Jeden Tag kommen hier im Schnitt zehn Kinder zur Welt. Über ihr Wohl wacht ein Team von 152 Personen: Ärzte und Krankenschwestern, Hebammen und Labortechnikern, Pharmazeuten und Reinigungsfrauen. „Wir haben 29 stationäre Betten, zwei OP-Säle und drei Kreißsäle“, zählt Schwester Lette auf, die seit 15 Jahren in der Klinik arbeitet. Dazu kommen ein eigenes Labor, eine Ambulanz und eine Apotheke.
Auf Leben und Tod
Die Müttersterblichkeit im Sudan ist bis heute sehr hoch. Bei 100.000 Geburten sterben 295 Frauen. In Deutschland sind es sieben. Das liegt an mangelnder Hygiene, schlechter medizinischer Versorgung und sicher auch an der großen Zahl der Kinder, die manche Frauen zur Welt bringen. „Es geht hier jeden Tag um Leben und Tod! Wir brauchen moderne Ausrüstung und Medikamente, die im Sudan nicht produziert werden“, sagt die 64-Jährige und seufzt. „Bei den vielen politischen und wirtschaftlichen Problemen, gegen die wir täglich ankämpfen müssen, geht die Arbeit manchmal an die Substanz.“
Doch Schwester Lette ist schwierige Situationen gewohnt. Zehn Jahre lang hat sie in Wau im Südsudan gearbeitet, mitten im Bürgerkrieg. Sie selbst stammt aus Eritrea. Gleich nach der Schule trat sie den Comboni-Schwestern bei, weil sie von deren Missionsarbeit begeistert war. Auch der Gründer des Ordens, der italienische Priester Daniele Comboni, hatte mehrere Jahre im Sudan gearbeitet. Im OP-Saal im dritten Stockwerkwird gerade ein Kaiserschnitt gemacht. Vorsichtig schneidet der Chirurg die Bauchdecke auf, sein Assistent saugt das Blut ab. Die Patientin ist wach, sie hat nur eine Spinalanästhesie bekommen...
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