Alptraum vom schnellen GoldIn Burkina Faso suchen Tausende in illegalen Goldminen ihr Glück. Auch Kinder und Jugendliche riskieren dabei ihr
Leben. Zwei Priester kümmern sich um sie, wollen ihnen helfen, dem Elend und der Gefahr zu entkommen. |
Text: Bettina Tiburtzy, Foto: Hartmut Schwarzbach
Das Goldgräberfeld flimmert in der brütenden Hitze. Hunderte Löcher, tief in die Erde gegraben, erstrecken sich kilometerweit. Feiner Staub überdeckt alles: Menschen, Geröll und die mit Stroh und Plastikplanen bedeckten Hütten des Camps. Abbé Charlemagne Sawadogo nimmt den alles durchdringenden Staub in Kauf. Der Priester stapft in der Mittagshitze einen steinigen Pfad zu den Löchern hinauf, gemeinsam mit seinem Mitbruder Abbé Marcellin Ouédraogo. Beide sind in der Kinder- und Jugendseelsorge des Bistums Ouahigouya tätig.
Niemand kann sich Sicherheit leisten
Im Norden von Burkina Faso, in dem auch das Bistum liegt, lagern große Goldvorkommen in der Erde. Tausende suchen hier nach dem Edelmetall. Sie graben Stollen in die Erde, viele bis zu 100 Meter tief. Oft brechen die völlig unzureichend mit ein wenig Holz abgestützten Schächte ein. Menschen sterben. „Es gibt keine Sicherheit. Niemand hier kann sich das leisten“, erklärt Abbé Charlemagne und deutet auf einen Jugendlichen, der nur mit einer an einem Gummiband befestigten Taschenlampe am Kopf barfuß und ohne Helm oder Gurt in einen Schacht hinuntersteigt. „Sie gehen das Risiko ein, denn ihnen fehlt das Minimum zum Leben, um zu essen, ein Dach über dem Kopf zu haben und ihre Familien zu unterstützen“, erklärt Abbé Marcellin, während er einem Jungen ausweicht, der ihm mit einem schweren Wasserkanister auf der Schulter entgegenkommt.
Schwere Verbrennungen
An einem Einstieg drehen Jugendliche und junge Männer an einer Seilwinde und ziehen einen Sack mit Steinen aus dem Schachtloch. Frauen und Kinder zerschlagen Gesteinsbrocken. Beim Auswaschen des Goldes werden trotz des Verbotes giftige Chemikalien wie Quecksilber und Zyankali eingesetzt. Oft mit verheerenden Folgen, wie bei Halidou, einem kleinen Jungen. Er spielte dort, wo das Gestein mit Zyankali behandelt wird, kam mit dem ätzenden Gift in Kontakt und erlitt schwere Verbrennungen. An diesem Tag waren die beiden Priester im Camp, um über die Gefahren der Goldsuche aufzuklären. Sie versuchten vergeblich, einen Krankenwagen aus dem 40 Kilometer entfernten Ouahigouya kommen zu lassen. Schließlich organisierten sie ein Auto und brachten das Kind und seine Mutter ins Krankenhaus. „Heute geht es Halidou wieder gut“, berichtet Abbé Charlemagne. „Doch ich bin immer noch sehr traurig, wenn ich daran denke, dass der Verursacher des Unfalls den Jungen noch nicht einmal im Krankenhaus besucht hat.“
Rettung aus der Prostitution
Immer wieder helfen die Priester auch jungen Frauen und Mädchen wie Pascaline, die sich in den Camps prostituieren und aus dem Milieu aussteigen wollen. „Nach dem Tod ihrer Eltern musste sie die Schule abbrechen, suchte Arbeit in einer Goldmine. Tagsüber zerschlug sie Steine, nachts prostituierte sie sich – und wurde schwanger“, erzählt Abbé Charlemagne. „Als ich sie traf, hatte sie gerade einen Jungen geboren und war völlig verzweifelt.“ Er half ihr, mit einem Kleinkredit einen Straßenstand mit Lebensmitteln zu starten. Heute können sie und ihr Kind gut davon leben. „Jetzt ist Pascaline verlobt, und ihre Hochzeit steht be-vor“, berichtet Abbé Charlemagne stolz.
Zentrum der Begleitung
Angesichts des großen Elends so vieler junger Menschen möchten Abbé Charlemagne und Abbé Marcellin in der Nähe der Goldminen Alga, Darigma und Namissiguima ein „Zentrum der Begleitung“ mit Versammlungs- und Unterrichtsräumen, einer Erste Hilfe-Station und einem Gebetsraum errichten. Dort planen sie, mit einem Team von Katechisten, Sozialarbeitern und einem Krankenpfleger Kinder und Jugendliche zu betreuen. „Wir möchten noch vielen anderen helfen – so wie Pascaline und Halidou“, erklärt Abbé Charlemagne.
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