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Un­ter­wegs in … der De­mo­k­ra­ti­schen Re­pu­b­lik Kon­go

kon­­­­­­­ti­­­­­­­nen­­­­­­­te-Re­dakteu­rin Bea­trix Gram­lich ist ge­­­­­­­mein­­­­­­­sam mit dem Fo­to­­­­­­­gra­­­­­­­fen Hart­mut Schwarz­bach auf Re­cher­che­r­ei­­­­­­­se. Von ih­­­­­­­ren Er­­­­­­­le­b­­­­­­­nis­­­­­­­sen vor Ort be­rich­­­­­­­ten sie im kon­­­­­­­ti­­­­­­­nen­­­­­­­te-Rei­­­­­­­se­ta­­­­­­­ge­buch.

Tex­te: Bea­trix Gram­lich; Fo­tos: Hart­mut Schwarz­bach

Foto: Schwarzbach

15. Ju­li 2016

Geld­gie­ri­ge Büro­k­ra­ten

Für die vier Ta­ge, die wir in Dun­gu ver­brin­gen, müs­sen wir ei­ne Au­f­ent­halts­ge­bühr en­trich­ten. Die Au­ßen­s­tel­le des Mi­nis­te­ri­um des In­ne­ren und für Si­cher­heit, zu der wir pf­licht­schul­dig fah­ren, ent­puppt sich als Zwei­raum-Well­b­lech­ba­ra­cke. Das Se­kre­ta­riat – zwei Holz­ti­sche, fünf Stüh­le – be­herrscht ein Pla­kat von Jo­seph Ka­bi­la: Dies­mal sch­mückt den Kopf des Prä­si­den­ten das Ver­sp­re­chen ei­ner Er­folgs­bi­lanz, die es nie gab. Die drei Da­men im Se­kre­ta­riat ha­ben er­kenn­bar nichts zu tun. Ihr Ar­beits­ma­te­rial be­steht aus ein paar di­cken Kl­ad­den, Li­neal, Ta­cker, Ku­gel­sch­rei­ber. Wäh­rend ei­ne mit be­s­te­chen­der Lang­sam­keit un­se­re Pass­da­ten no­tiert, blät­tert ih­re Kol­le­gin ge­lang­weilt in ei­ner Zeit­schrift. Die drit­te ord­net de­mon­s­t­ra­tiv ei­nen Sta­pel Luft­post­brie­fe. On se débrouil­le – man be­schäf­tigt sich.

Foto: Schwarzbach

14. Ju­li 2016

Blau­hel­me und Angst vor Re­bel­len

In Dun­gu sind 800 UN-Blau­hel­me sta­tio­niert. Sie sol­len den Schutz der Zi­vil­be­völ­ke­rung ga­ran­tie­ren und ha­ben ein so ge­nann­tes „ro­bus­tes Man­da­t“, das heißt, sie dür­fen im Not­fall auch mit Waf­fen­ge­walt rea­gie­ren. Das „Th­reat As­sess­ment Le­vel“ vor ih­rem Haupt­quar­tier in der Stadt stuft die ak­tu­el­le Be­dro­hungs­la­ge mit drei ein – auf ei­ner Ska­la von eins bis fünf.
Re­bel­len der LRA, die ur­sprüng­lich aus Ugan­da kom­men, sind bis auf 50 Ki­lo­me­ter nörd­lich von Dun­gu vor­ge­rückt. Es ist ei­ne klei­ne ma­ro­die­ren­de Grup­pe, de­ren Mit­g­lie­der im Kon­go auf 150 Mann ge­schätzt wer­den. Aber un­ter der Be­völ­ke­rung ver­b­rei­ten sie Angst und Sch­re­cken. Sie über­fal­len die Dör­fer, tö­ten die Män­ner, plün­dern, brand­schat­zen und ent­füh­ren die Mäd­chen als Sexs­kla­vin­nen. In Dun­gu gibt es ein gan­zes Vier­tel mit Fa­mi­li­en, die vor der LRA ge­f­lo­hen sind.

Foto: Schwarzbach

12. Ju­li 2016

Plas­tik­blu­men mit Herz

Seit ei­ner Stun­de flie­gen wir über tro­pi­schen Re­gen­wald – in dem klei­nen Busch­f­lie­ger, der uns von Bu­nia nach Dun­gu in der Nähe der süd­s­u­da­ne­si­schen Gren­ze bringt. Un­ter uns un­durch­dring­li­ches Di­ckicht in Grün, so weit das Au­ge reicht. Dunk­le, rie­si­ge Bäu­me, durch­bro­chen von gift­grü­nen Lich­tun­gen. Der schlamm-brau­ne Dun­gu-Ri­ver durchpflügt die Land­schaft in üp­pi­gen Sch­lei­fen. Ich kle­be am Fens­ter, ver­sun­ken in ehr­fürch­ti­ges Stau­nen. Die Aus­sicht ist atem­be­rau­bend.
Mit je­der Zwi­schen­lan­dung wer­den die Pis­ten sch­ma­ler. In Dun­gu ist es nur noch ei­ne Wie­se, auf der die Zie­gen da­von­s­tie­ben. Am Rand war­tet ei­ne afri­ka­ni­sche Ma­ma in bunt ge­mus­ter­tem Rock mit ei­nem Dut­zend Kin­dern im Sonn­tags­staat. Zwei von ih­nen hal­ten Plas­tik-Blu­men­str­äu­ße. So­eur Angé­l­i­que ist mit ei­nem „Emp­fangs­ko­mi­tee“ für uns an­ge­rückt, das nun aus vol­ler Keh­le sch­met­tert: „Will­kom­men, lie­be Freun­de!“ „Au-des­sous de ces fleurs, nous avons ca­ché nos co­eurs – un­ter die­sen Blu­men ha­ben wir un­se­re Her­zen ver­steckt.“

Foto: Schwarzbach

11. Ju­li 2016

Der Fo­to­graf wird be­droht

Mit ei­ner zwölf­sit­zi­gen Cess­na flie­gen wir von En­teb­be nach Bu­nia. Drei­mal pro Wo­che be­di­ent ei­ne klei­ne pro­te­s­tan­ti­sche Ge­sell­schaft, die auch Hilfs- und Ret­tungs­flü­ge fliegt, die­se St­re­cke. In Bu­nia müs­sen wir zur Ein­wan­de­rungs­be­hör­de, die uns trotz un­se­rer Vi­sa er­neut ei­ne Ge­bühr ab­knöpft, und durch den Zoll, wo uns ein Beam­ter mit knap­pen Wor­ten an­weist, die Kof­fer zu öff­nen. Bei mir als Frau trau­en die Män­ner sich of­fen­bar nicht, mei­ne Sa­chen zu durch­wüh­len. Sie kon­zen­trie­ren sich auf den Fo­to­gra­fen. Er soll sei­ne Ka­me­ra au­s­pa­cken und „Do­ku­men­te“ vor­wei­sen. Wir er­klä­ren, dass es sich um ei­nen äl­te­ren Ap­pa­rat han­delt, der in Deut­sch­land ge­kauft wur­de, und wir kei­ne Pa­pie­re da­für vor­wei­sen kön­nen. Dass wir für die Kir­che ar­bei­ten und in Dun­gu Pro­jekt­part­ner be­su­chen.
Es wird ziem­lich un­ge­müt­lich, der Lei­ter der Zoll­sta­ti­on im­mer ag­gres­si­ver. Er wirft uns vor, dass wir Jour­na­lis­ten sind und oh­ne Fo­to­er­laub­nis ar­bei­ten. Er droht, die Ka­me­ra zu zer­trüm­mern. Wir sind al­lein, hin­ter ver­sch­los­se­nen Tü­ren. Glück­li­cher­wei­se ist der Flug­ha­fen win­zig. In ei­nem un­be­o­b­ach­te­ten Au­gen­blick ge­lingt es uns, den Ruck­sack mit der kom­p­let­ten Fo­to­gra­fen­aus­rüs­tung nach drau­ßen zu schaf­fen und ei­nen Mit­ar­bei­ter der Flug­ge­sell­schaft um Hil­fe zu bit­ten. Er legt sich laut­stark mit dem Zoll­beam­ten an, er­klärt die Sa­che für be­en­det und ex­pe­diert uns sch­leu­nigst hin­aus.

Foto: Schwarzbach

9. Ju­li 2016

Cha­os als Job­mo­tor

Lu­bum­ba­shi Air­port: der Flug­ha­fen ei­ner Mil­lio­nen­stadt. Aber kein ein­zi­ges Hin­weis­schild, statt­des­sen Men­schen­men­gen, Lärm, Cha­os. Müh­sam fra­gen wir uns durch zum Schal­ter von Ke­nya Air­ways. Die Trau­be von Kof­fer zie­hen­den Pas­sa­gie­ren deu­tet dar­auf hin, dass hier bald ein Flug ab­geht. Ei­ni­ge ver­su­chen, auf Kos­ten der an­de­ren ei­nen Platz wei­ter vor­ne zu er­gat­tern. Wir ha­ben den Kampf auf­ge­ge­ben. Nach ei­ner Stun­de, die wir zu­sam­men­ge­fal­tet auf Tuch­füh­lung mit den Um­ste­hen­den ver­brin­gen, sich­ten wir ein paar Me­ter vor uns ei­nen Flug­ha­fen­an­ge­s­tell­ten, der Päs­se und Ti­ckets ein­sam­melt. Der Hel­fer in Warn­wes­te, der uns eif­rig sei­nen Di­enst an­ge­bo­ten hat, er­weist sich als we­nig hil­f­reich. Aber auf wun­der­ba­re Wei­se ge­lingt es ihm sch­ließ­lich doch, sei­nem Kol­le­gen un­se­re Pa­pie­re un­ter­zu­ju­beln. Wir dür­fen un­se­re Kof­fer durch­su­chen las­sen – von Hand! Und dann: Hur­ra, kön­nen wir end­lich ein­che­cken. Wei­ter geht’s hin­ter un­se­rem Hel­fer her, um ge­gen vier­fa­che Quit­tung ei­ne hor­ren­de Flug­ha­fen­steu­er zu en­trich­ten. Dann noch ei­ne Aus­rei­se­ge­bühr, für die wir als Ent­schä­d­i­gung ei­nen Stem­pel in un­se­rem Pass be­kom­men, Trink­geld für den Hel­fer. „On se débrouil­le“ – man schlägt sich durch. Cha­os als Job­mo­tor – auch ei­ne Form von Ar­beits­be­schaf­fung!

Foto: Schwarzbach

8. Ju­li 2016

Ka­bi­las Ei­gen­wer­bung

Übe­rall in der Stadt prangt das Kon­ter­fei des Prä­si­den­ten. Auf rie­si­gen Pla­ka­ten macht Jo­seph Ka­bi­la Wer­bung in ei­ge­ner Sa­che. Sein Slo­gan: 100 Pro­zent Dia­log. Es ist der blan­ke Hohn. Ka­bi­la, seit 15 Jah­ren an der Macht, kämpft ver­bis­sen um ei­ne drit­te Amts­zeit, die ihm laut Ver­fas­sung nicht zu­steht. Sein Ver­such, den ent­schei­den­den Ge­set­zes­ar­ti­kel zu än­dern, ist am Wi­der­stand vie­ler ge­sell­schaft­li­cher Kräf­te, vor al­lem aus der ka­tho­li­sche Kir­che ge­schei­tert. In den ver­gan­ge­nen Wo­chen lan­cier­ten hochran­gi­ge Beam­te den Ge­dan­ken, das Volk in ei­nem Re­fe­ren­dum über die Ver­fas­sung ab­stim­men zu las­sen.
Tat­sa­che ist: Ka­bi­la spielt auf Zeit. Denn so­lan­ge die ur­sprüng­lich für No­vem­ber ge­plan­ten Wah­len nicht statt­ge­fun­den ha­ben, bleibt er im Amt. Die Wahl­kom­mis­si­on hat be­reits er­klärt, es wer­de un­ge­fähr ein Jahr dau­ern, um die Wäh­l­er­ver­zeich­nis­se zu er­s­tel­len. Doch der in­ter­na­tio­na­le Druck steigt. Die US-Re­gie­rung wirft Ka­bi­la vor, die Wah­len zu ver­sch­lep­pen, Op­po­si­ti­on und Zi­vil­ge­sell­schaft zu un­ter­drü­cken ­ und droht mit Sank­tio­nen.

Foto: Schwarzbach

7. Ju­li 2016

Roh­stoff aus ver­seuch­ten Se­en

Wir sind in Kol­we­zi, ei­ner al­ten Berg­ar­bei­ter­stadt im „Cop­per­bel­t“, dem Kup­fer­gür­tel, der sich Rich­tung Os­ten bis nach Sam­bia zieht. Schon die bel­gi­schen Ko­lo­nial­her­ren ha­ben den Bo­den hier aus­ge­beu­tet, der ne­ben Kup­fer und Ko­balt auch Gold und Uran ent­hält. Heu­te be­t­rei­ben aus­län­di­sche Kon­sor­ti­en sechs Mi­nen, die ein­zi­ge, die dem kon­go­le­si­schen Staat ge­hört, hat Kon­kurs an­ge­mel­det. Der Ab­bau ist zu­neh­mend in­du­s­tri­ell, die chi­ne­si­schen Be­t­rei­ber be­schäf­tig­ten über­wie­gend ei­ge­ne Lands­leu­te. Die Ar­beits­lo­sig­keit in Kol­we­zi liegt bei 90 Pro­zent. Not­ge­drun­gen ver­su­chen die Men­schen, an­ders über die Run­den zu kom­men: Ge­schätz­te 36 000 „Creu­seur­s“, il­le­ga­le Gräb­er, durch­su­chen die Abraum­hal­den nach Kup­fer und Ko­balt, der Roh­stoff, der in Li­thi­um-Io­nen-Ak­kus für Lap­tops und Smart­pho­nes steckt. Mit Spitz­ha­cke und Schau­fel gr­a­ben die Män­ner Schäch­te in die künst­li­chen Hü­gel und krie­chen mit Stirn­lam­pe bis zu 40 Me­ter tief un­ter die Er­de. Si­cher­heits­vor­keh­run­gen gibt es kei­ne, fast täg­lich wer­den Ar­bei­ter ver­schüt­tet, oft oh­ne dass es über­haupt je­mand merkt. Frau­en und Kin­der ste­hen bar­fuß in den künst­li­chen Se­en, die sich durch den Aus­hub ge­bil­det ha­ben und wa­schen das Ge­stein da­rin aus. Das Was­ser ist ra­dio­ak­tiv ver­seucht. Vie­le wa­schen auch ih­re Wä­sche da­rin. In Well­b­lech­ba­ra­cken di­rekt vor den Abraum­hal­den sit­zen die Händ­ler – chi­ne­si­sche, li­ba­ne­si­sche, in­di­sche. Sie kau­fen den Men­schen die wert­vol­len Mi­ne­ra­li­en zu Dum­ping­p­rei­sen ab und ver­su­chen da­bei noch, sie übers Ohr zu hau­en. Be­o­b­ach­ter sind un­er­wünscht. Wir wer­den schon am Ein­gang ver­scheucht. Im Schnitt ver­die­nen die Gräb­er 5 Dol­lar am Tag. Das reicht ge­ra­de, um die Fa­mi­lie zu er­näh­ren. Ein Hun­ger­lohn, für Roh­stof­fe, nach de­nen die Mo­bil­fun­k­in­du­s­trie giert.

Foto: Schwarzbach

6. Ju­li 2016

Kro­ko­di­le fres­sen kei­nen Bi­schof

Ein Bi­schof in Schwimm­wes­te: Das ha­ben wir noch nicht ge­se­hen. Aber Bi­schof Ful­gen­ce Mu­te­ba st­reift die Ret­tungs­ja­cken in leuch­ten­den Re­gen­bo­gen­far­ben wie selbst­ver­ständ­lich über sei­ne Sou­ta­ne. Je­der, der die „San­ta Ma­ria“ be­tritt, ist verpf­lich­tet, ei­ne Schwimm­wes­te zu tra­gen. Mu­te­ba hat das Boot bau­en las­sen, als die Au­to­fahrt an die Gren­zen sei­nes rie­si­gen Bis­tums noch Wo­chen dau­er­te – so sch­lecht wa­ren die Stra­ßen. Auf dem Schiff soll­ten die Men­schen mit ih­ren Wa­ren si­cher und be­qu­em rei­sen – an­ders als auf den höl­zer­nen See­len­ver­käu­fern, die – völ­lig über­la­den – im­mer wie­der auf dem Lua­po­po, dem Grenz­fluss zu Sam­bia, ken­ter­ten. Mu­te­ba gab ein sta­bi­les Schiff aus Me­tall in Auf­trag und ließ es mit Toi­let­ten und Sitz­bän­k­en aus­stat­ten. „Es ge­hört zur Wür­de der Men­schen, dass sie si­cher und mit ei­nem Mi­ni­mum an Kom­fort rei­sen“, sagt er. Auf dem Boot fährt ein Ka­te­chist oder Pries­ter mit. Er be­t­reut die Mann­schaft, in den 15 Hä­fen zwi­schen Ka­sen­ga und Pu­lu war­ten häu­fig Gläu­bi­ge und bit­ten um sei­nen Be­such. So­lar­zel­len auf dem Dach be­t­rei­ben zwei Bild­schir­me im Pas­sa­gier­raum, auf de­nen re­li­giö­se Fil­me ge­zeigt wer­den. Ei­ne ein­fa­che Form der Evan­ge­li­sie­rung, die die Men­schen be­geis­tert. Auf der lan­gen Rei­se – der ge­sam­te Weg auf dem Fluss dau­ert vier­zehn Ta­ge – ist ih­re Auf­merk­sam­keit ga­ran­tiert. Doch seit die Chi­ne­sen die Stra­ßen in Stand ge­setzt ha­ben, be­vor­zu­gen vie­le den Bus, der die­sel­be St­re­cke in zwei Ta­gen zu­rück­legt. Zur­zeit trans­por­tiert die „San­ta Ma­ria“ nur Fracht. Bi­schof Mu­te­ba sucht be­reits nach ei­ner neu­en Ver­wen­dung für sei­ne hei­li­ge Ma­ria. Die Schwimm­wes­ten hat er üb­ri­gens höchst­per­sön­lich im Fluss ge­tes­tet. „Herr­li­ch“, kom­men­tiert er. „Man kann sich ganz sorg­los trei­ben las­sen“ – Kro­ko­di­le fres­sen kei­nen Bi­schof.

Foto: Schwarzbach

5. Ju­li 2016

Chi­ne­sen plün­dern Re­gen­wald

Chi­ne­sen sind da­bei, die Stra­ße von Kil­wa nach Ka­sen­ga in Stand zu set­zen – und ma­chen ne­ben­bei gu­te Ge­schäf­te: Die Ver­kehr­sa­der durch­schnei­det den tro­pi­schen Re­gen­wald, in dem die sel­te­nen Mu­ku­la-Bäu­me wach­sen. Ihr ro­sa­far­be­nes Holz ist ex­t­rem hart und be­gehrt – zur Her­stel­lung von Möbeln und zur De­ko­ra­ti­on. Die Chi­ne­sen schla­gen die Bäu­me rechts und links der Stra­ße, das schwe­re Ge­rät, mit dem sie in den Wald ein­drin­gen, zer­stört zahl­rei­che an­de­re Bäu­me. Der Holz­schlag ist il­le­gal, aber nie­mand stoppt ihn. Seit Bi­schof Mu­te­ba ihn in den Me­di­en an­ge­pran­gert hat, rol­len die Holz­trans­por­te nachts – die gro­ßen Stäm­me auf den La­de­flächen der Lkw un­ter Plas­tik­pla­nen ver­steckt. Sei­ne Ver­mu­tung: Nicht nur die Chi­ne­sen pro­fi­tie­ren, son­dern auch die rang­ho­hen Po­li­ti­ker bis hin zum Clan des Prä­si­den­ten.

Foto: Schwarzbach

4. Ju­li 2016

Ex­t­re­me Ar­mut

Die Dör­fer am Stra­ßen­rand sind bit­ter­arm. Es gibt nichts, nicht mal ei­nen be­schei­de­nen Well­b­lech-Kiosk oder ei­ne bil­li­ge Kn­ei­pe mit selbst­ge­brau­tem Bier wie in an­de­ren afri­ka­ni­schen Län­dern. Als wir mit Pfar­rer Gu­s­ta­ve Ki­leya Mu­ko­be auf­tau­chen, sind wir im Hand­um­dre­hen von ei­ner Trau­be Kin­dern um­ringt. Der Pfar­rer ist der ein­zi­ge, der sich um die Men­schen hier küm­mert, sein Be­such ein Er­eig­nis. Die Klei­nen fol­gen uns laut­hals sin­gend und klat­schend auf Schritt und Tritt – bar­fuß, in zer­ris­se­ner, sch­mutz­star­ren­der Klei­dung. Die meis­ten ha­ben nur, was sie auf dem Leib tra­gen. Wenn sie wa­schen, sagt Ab­bé Gu­s­ta­ve, blei­ben sie nackt, bis ih­re Sa­chen ge­trock­net sind.
Auf der Land­stra­ße be­geg­nen uns Kin­der, die Ar­me hoch über den Kopf ge­reckt, auf dem je­des tap­fer ei­nen Back­stein trägt. Ih­re El­tern ha­ben be­sch­los­sen, den Schu­l­an­bau selbst in die Hand zu neh­men. Denn vom Staat ist nichts zu er­war­ten. Die Klei­nen sch­lep­pen tap­fer die selbst ge­brann­ten Zie­gel und hel­fen so auf ih­re Wei­se mit. Prä­si­dent Ka­bi­la hat an­de­re In­ter­es­sen: Auf dem Pla­teau des Kun­de­lun­gu-Ge­bir­ges hat er ei­ne Farm ge­kauft – 450.000 Hektar groß und mit­ten im Na­tio­nal­park. Wenn Bi­schof Mu­te­ba sei­ne Pfar­rei dort be­su­chen will, muss er in der Haupt­stadt Kin­sha­sa ei­ne Ge­neh­mi­gung ein­ho­len.

Foto: Schwarzbach

2. Ju­li 2016

Kein Strom, kein flie­ßen­des Was­ser

Der Kon­go ist ei­ne Schatz­tru­he: reich an Gold, Dia­man­ten, Kup­fer, Ko­balt – und das ärms­te Land der Welt. In der Diöze­se Kil­wa-Ka­sen­ga sieht man das auch am Bi­schofs­sitz: ein sch­lich­ter Flach­bau mit nack­ten Be­ton­bö­den. Es gibt kein In­ter­net, Strom und flie­ßen­des Was­ser nur, wenn abends für drei Stun­den der Ge­ne­ra­tor läuft. Die Re­gie­rung hat den En­er­gie­lie­fe­r­an­ten aus Sam­bia nicht be­zahlt. Des­halb kommt seit Wo­chen kein Strom mehr aus der Steck­do­se. „On se débrouil­le“, sa­gen die Kon­go­le­sen. „Wir schla­gen uns durch. “ „Se débrouil­ler“, das be­deu­tet im­pro­vi­sie­ren, aus nichts et­was ma­chen, die täg­li­chen Un­wäg­bar­kei­ten la­chend mit ei­nem Schul­ter­zu­cken quit­tie­ren. Die Kon­go­le­sen sind Meis­ter da­rin. Ich bin An­fän­ger – und froh, dass ich ge­ra­de fer­tig ge­duscht ha­be, als der Ge­ne­ra­tor mal wie­der schlapp macht.

Foto: Schwarzbach

1. Ju­li 2016

Sa­fa­ri mit Weih­nachts­lie­dern

Wir bret­tern wir über schnur­ge­ra­de san­di­ge Pis­ten, rechts und links rie­si­ge Mango­bäu­me, manns­ho­hes Busch­gras, hin und wie­der ei­ne An­samm­lung stroh­ge­deck­ter Lehm­hüt­ten. Nach den ers­ten Me­tern ist das Au­to mit ei­ner pul­v­ri­gen ro­ten Staub­schicht über­zo­gen. Wir be­g­lei­ten Bi­schof Mu­te­ba von Kil­wa zu sei­nem zwei­ten Amts­sitz Ka­sen­ga im Dop­pel-Bis­tum Kil­wa-Ka­sen­ga. Im Au­to du­deln Mu­sik­kas­set­ten. Die Kon­go­le­sen lie­ben Mu­sik, auch der Bi­schof. Plötz­lich schä­len sich be­kann­te Me­lo­di­en aus dem seicht da­hin­plät­schern­den Rei­gen: „Oh Tan­nen­baum“ und „I am drea­ming of a whi­te Christ­mas“ be­schal­len das Wa­gen­in­ne­re, wäh­rend an den Fens­tern ei­ne Sa­fa­ri­land­schaft vor­bei­f­liegt...


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