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6. März
Auftritt des betrunkenen Mönchs
Es knallt, zischt und dröhnt auf dem Tempelplatz. Zwei lange Knallfrosch-Schlangen knattern Richtung Eingang, eine Prozession von Gläubigen mit Geschenken schreitet heran und nimmt Kurs auf eine Person im gelb-schwarzen Kostüm, die sich schwankend nähert. Auftritt von Ji Gong, dem „betrunkenen Mönch“. Begleitet von Trommel, Becken und Gong dreht er sich um die eigene Achse, wedelt mit einem Fächer aus Farn und setzt immer wieder ein Gefäß an die Lippen. Darin: hochprozentiger Reiswein. Er lässt in einem Halbkreis Papiergeld verbrennen und weist die Gläubigen an, ihre Geschenke über die Feuerstellen zu tragen. Damit sollen die Gaben aufgewertet werden. Mit seinem ganzen Hofstaat betritt Ji Gong schließlich den Tempel. Dort warten die Gläubigen auf ihn. Mit Räucherstäbchen, Reiswein, Papiergeld und Erdnüssen bitten sie um die Gunst des buddhistischen Gottes, den Ji Gong verkörpert. Im 12. Jahrhundert, heißt es, sei Ji Gong als Sterblicher geboren, im Alter von 18 Jahren in ein Kloster eingetreten und wenig später wegen unmöglichen Verhaltens wieder ausgeschlossen worden. Doch seine guten Taten als eine Art asiatischer „Robin Hood“, die er als Wanderer in den Dörfern vollbrachte, ließen seine magischen Kräfte wachsen. Nur kurz nach seinem Tod ist er in das Pantheon der Götterwelt aufgenommen worden. Wem die Weisheit der Tempelsteine (Meldung vom 5. März) nicht ausreicht, erhofft sich von Ji Gong eine differenziertere Antwort auf Probleme. Er spricht mit den Menschen, schüttet Reiswein in offene Kehlen und lässt die Gläubigen beseelt ziehen. |