Ausstellungsstücke: In der Werkstatt von Daniel Mensah können Besucher unterschiedliche Sargmodelle anschauen. Foto: Fritz Stark |
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Mit dem Adler auf die letzte Reise gehen
Daniel Mensah
Daniel Mensah ist Sargschnitzer. Doch Standardware sucht man bei ihm vergeblich. Er fertigt Motiv-Särge nach dem Wunsch seiner Kunden und trägt damit dazu bei, den Charakter und die Lebensleistung der Verstorbenen auch über ihren Tod hinaus zu würdigen.
Daniel Mensah kennen in Accras Stadtteil Teshie alle nur unter dem Namen „Hello“. Um den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu verdienen, schnitzt der Ghanaer Särge. Aber nicht irgendwelche. Seine Kunden haben für ihre letzte Reise besondere Wünsche und so kann man in seiner Werkstatt wählen: Ein Fisch, eine Ananas, ein Adler, hölzerne Bibeln und sogar eine Canon-Kamera stehen zum Probeliegen bereit. Je nach Üppigkeit des Geldbeutels bleiben die außen bunt angestrichenen Särge innen ganz schlicht oder werden bequem mit dickem Stoff ausgekleidet. Mensah erklärt: „Viele Menschen möchten auch über den Tod hinaus mit dem verbunden bleiben, was ihnen im Leben wichtig war. Also ordern Fischer Fischsärge oder Kanus, Pfarrer und gläubige Christen Bibeln, Menschen, die für ihr Leben gern Bananen aßen, eine entsprechende Frucht.“ Manchmal sind es auch die Hinterbliebenen, die ihre Toten auf besondere Weise ehren möchten, indem sie einen charakteristischen Sarg bestellen. Nicht selten, so erzählt Mensah, verkauft er Särge in Gestalt eines Huhns. Damit wollen sich die oft zahlreichen Kinder einer Mutter für deren Lebensleistung bedanken, für den Schutz und die Liebe der Mutter, die wie eine Glucke für sie sorgte. Der Sarg in Form eines Adlers ist dagegen beliebt bei Pfarrern, Stammeshäuptlingen und anderen einflussreichen Menschen, die zeitlebens den Überblick behalten mussten. Schmunzeln löst der Fön-Sarg aus. Ob sich dafür eine ehemals bewunderte Schönheit entscheiden kann? Wer weiß ... Schließlich können unerfüllte Wünsche Anlass sein, einen besonderen Sarg zu bestellen. Menschen, die nie im Leben die Möglichkeit hatten zu fliegen, ordern einen Flugzeug-Sarg für ihre letzte Reise.
Mensah hat das Schnitz-Handwerk von seinem Vater gelernt. Es ist für ihn nicht nur Broterwerb, sondern auch sinnstiftend. „Indem ich meine Aufträge erfülle, würdige ich den Charakter und die Lebensleistung meiner Kunden. Ich kann dazu beitragen, dass die Beerdigung einen tröstenden, sehr individuellen Aspekt erhält.“ Die Särge veranschaulichen auf originelle Weise wichtige Persönlichkeitsmerkmale der Verstorbenen. Allerdings: Die Erfüllung der hölzernen Träume hat ihren Preis. Unter 500 Dollar ist ein Sarg nicht zu haben. (emw)
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