Christen protestieren nach einem schweren Anschlag in Peshawar (Pakistan) mit 81 Toten und mehr als 140 Verletzten. Foto: pa/dpa |
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Pakistan
Folgenschwerer Anschlag auf Christen
26.09.13 - Nach dem Selbstmordanschlag auf eine Kirche in Pe- shawar im Nordwesten Pakistans protestierten Christen gegen den Anschlag und verlangten mehr staatlichen Schutz. Unterdessen stieg die Zahl der Todesopfer laut pakistanischen Medien auf 81, darunter auch zahlreiche Menschen, die den Maristenbrüdern nahe standen. Mehr als 140 Menschen wurden durch die Bomben verletzt, die nach einem Gottesdienst am vergangenen Sonntag detonierten.
Der Regierungsbeauftragte für Minderheiten, Paul Bhatti, erhob schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitsbehörden. Der Staat sei so schwach, dass "jeder jeden jederzeit töten" könne. Dies sei "eine Schande", sagte der katholische Politiker, dessen Bruder Shahbaz als Minister für Minderheiten 2011 bei einem Attentat ums Leben kam.
Bhatti wandte sich zugleich gegen weitere Verhandlungen mit der radikalislamischen Gruppierung "Jandullah", die sich zu dem Anschlag bekannt hatte. Es sei kein Dialog möglich mit "denen, die Unschuldige töten". Die den Taliban zugehörige "Jandullah" nannte das Attentat auf die Kirche eine Vergeltung für Drohnenangriffe der USA. Pakistans Regierung plant offenbar, die Gespräche mit "Jandullah" auf Eis zu legen. "Wir haben andere Mittel, um mit ihnen umzugehen, und werden sie nutzen", hieß es aus dem Innenministerium.
Christen in Pakistan reagierten auf den bislang folgenschwersten Anschlag auf ihre Gemeinschaft mit teils wütenden Protesten. Bereits am Sonntag hatten aufgebrachte Demonstranten in Peshawar mit Leichen von Anschlagsopfern eine Straße blockiert. Andere griffen mit Steinen ein Krankenhaus an, weil es dort an medizinischem Personal und Betten für Verletzte gefehlt habe. Auch am Montag gab es Straßensperren in Islamabad und anderen Städten. In Quetta setzten Teilnehmer eines Protestzuges laut Medienberichten Autoreifen in Brand.
Der Orden der Maristenbrüder (FMS), kontinente-Mitherausgeber und vor Ort in Peshawar aktiv, beklagt den Tod mehrerer Schüler und Studenten seiner Schule St. Mary sowie des Internates St. John. Bruder Remigius Fernando, der bereits seit den 60er Jahren in Pakistan lebt, beschreibt in einem Brief an seine Mitbrüder, dass zudem viele Frauen, Jugendliche und Kinder verletzt im Krankenhaus lägen und den Tod von Angehörigen verkraften müssten.
Das Internationale Katholische Missionswerk missio sieht eine neue Qualität der Gewalt gegen religiöse Minderheiten in dem Land. "Christen und andere religiöse Minderheiten in Pakistan sind zwar in der Vergangenheit schon Opfer von Angriffen geworden, Kirchen und Gottesdienste sind davon aber bisher weitgehend verschont geblieben", erklärte missio-Präsident Klaus Krämer in Aachen. "Es hat auch ein solches Ausmaß an Toten und Verletzten bisher nicht gegeben. Es bereitet uns Sorge, dass Christen jetzt anscheinend nicht mehr ohne Angst Gottesdienst feiern können. Damit wird christliches Leben in Pakistan noch schwieriger, als es bisher schon war," fügte Krämer hinzu. Die pakistanische Regierung müsse alles dafür tun, religiöse Minderheiten zu schützen. Die Bewachung von Kirchen durch Sicherheitskräfte sei in der angespannten Lage ein wichtiges Element. Noch wichtiger aber sei die Arbeit für einen dauerhaften Religionsfrieden und Harmonie zwischen den Glaubensgruppen. In diesem Zusammenhang forderte der Geistliche die Abschaffung der Blasphemiegesetze und die Reformierung des Schulunterrichts mit Blick auf die Darstellung der Religionen in Pakistan. Rund 96 Prozent der 185 Millionen Einwohner Pakistans sind Muslime. Zum Christentum bekennen sich etwa drei Millionen Bürger.
(C) kna/eb
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