Der Marathon-PaterPater Tobias Breer ist Prämonstratenser, Lauftrainer und Pastor. Mit seinen
Marathon-Läufen unterstützt er soziale Projekte in der Pfarrei und weltweit.
Was ihn antreibt und wie er die Menschen erreicht, erzählt er in kontinente. |
Warum laufe ich? Natürlich um mich gesund zu halten, und weil es für mich eine Meditation ist, wo ich auftanken kann, bei der die Gedanken frei laufen, ich gute Ideen habe.
2006 bin ich meinen ersten Marathon gelaufen. Danach war ich sicher: Nie wieder! Mir tat alles weh. Aber am nächsten Tag waren die Schmerzen wieder weg – und ich habe mich für den nächsten gemeldet. Das war so ein tolles Glücksgefühl, wenn man ins Ziel kommt, das möchte man immer wieder erfahren. Die Schmerzen vergisst man relativ schnell. Vielleicht ist es so ähnlich wie bei einer Geburt …
Bei meinem zweiten Marathon habe ich entdeckt, dass manche für Geld laufen und damit Kinder in Armut oder Ähnliches unterstützen. Wir haben auch Kinder hier in Duisburg-Neumühl, die bedürftig sind, die können jeden Cent gebrauchen. Seitdem laufe ich als Sponsorenläufer. Zuerst waren es nur drei Marathons im Jahr. 2020 bin ich schon 20 Mal für einen guten Zweck gelaufen.
Ordensmann, Priester, Läufer – das passt für mich gut zusammen. Ich verbinde alles mit Seelsorge. Jesus ist ja auch gelaufen; ich glaube, der hat noch mehr Kilometer geschafft als ich! Als Ordensmann bin ich 16 Stunden am Tag unterwegs, immer mit dem Ziel: Wo kann ich Menschen erreichen? Und weil ich ja sowieso laufen muss, kann ich auch andere begleiten und fit machen. Als Lauftrainer betreue ich zur Zeit drei Laufgruppen hier in Duisburg. Die wissen, dass der Lauftrainer ein Ordensmann, ein Priester ist – da kommen natürlich auch religiöse Fragen ins Gespräch.
Außerdem habe ich immer mein Diktiergerät dabei. Damit notiere ich mir unterwegs einen kleinen Impuls für den Gottesdienst oder bereite die Predigt vor. Wenn man in der freien Natur läuft, die Schöpfung Gottes genießt und mehr Sauerstoff ins Gehirn kommt, dann fließen die Gedanken.
Pater Tobias beim Berlinmarathon. |
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Beten mit den Füßen
Natürlich bete ich auch beim Laufen. Ich habe ja eine eigene Facebook-Seite: Marathon-Pater, da sind ganz viele Läufer und Läuferinnen dabei, eine richtige kleine Gemeinde. Sie schreiben mir von ihren Sorgen und Schmerzen. Alles, was mir anvertraut wird, auf Facebook oder hier aus der Gemeinde, in der ich Pastor bin, nehme ich mit in die Läufe. Da hab´ ich genug Zeit, alles vor Gott zu bringen! Es gibt den Leuten viel Kraft zu wissen, dass da einer für sie betet. Alles, was wir in der Gemeinde Herz Jesu machen, auch die Arbeit mit den Geflüchteten im Restaurant Shams |
oder im Kinderprojekt „LebensWert“ veröffentlichen wir bei Facebook, wenn wir die Erlaubnis bekommen. Das sehen ganz viele Menschen, die sonntags nicht mehr in die Kirche gehen, die keine Bezug mehr zu ihrer Gemeinde haben. Sie bekommen mit, was ich jeden Tag tue, und die Facebook-Gemeinde hat Anteil daran. Ich nutze alle sozialen Netzwerke, um Menschen zu erreichen. Jesus würde das Gleiche machen!
Viele kennen von Kirche ja nur, was in der Zeitung steht: Missbrauchsfälle, Kirchenschließungen .... Die Leute fragen sich: Ihr löst euch auf, warum soll ich da eintreten? Meine Facebook-Gemeinde erlebt Kirche ganz nah und ganz neu und sagen: Was Sie da machen, Pater Tobias, das ist ja ganz was anderes. Hier will ich mitmachen. Weil sie sehen: Der setzt sich persönlich ein und hält nicht nur die Hand auf: Spendet mal, wir brauchen Geld!
Wir müssen als Kirche die Chancen nutzen, die sich ergeben. Klar: Nicht jeder Priester ist Läufer. Aber jeder hat irgendwo Talente. Und wo kann man diese Talente einsetzen, um Menschen zu erreichen?
Aufgezeichnet: Christina Brunner; Fotos: Catrin Moritz und Projekt LebensWert
Zur Person
Pater Tobias Breer, 57, ist Prämonstratenser, Lauftrainer und Pastor in Duisburg-Neumühl. Mit seinen Marathon-Läufen unterstützt er soziale Projekte in der Pfarrei und weltweit. Mehr über ihn: www.pater-tobias.de
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