Bittersüße SchokoladeIn dicken Früchten reift das Gold der Côte d’Ivoire: Kakao. Das westafrikanische Land ist mit zwei
Millionen Tonnen pro Jahr weltweit größter Produzent des gefragten Rohstoffs. Die Masse davon bauen
Kleinbauern wie Allou Clement Aboyé an. Nun will die Regierung deren bitterarmes Leben verbessern. |
Text: Beatrix Gramlich; Foto: Hartmut Schwarzbach
Der Mann holt aus und schlägt zu. Seine Machete durchschneidet die Luft und spaltet die Frucht mit einem entschiedenen Schlag in zwei Hälften. Er öffnet sie vorsichtig und zeigt, worauf es ankommt. Unter der harten Schale liegt, eingebettet in zartweißes Fruchtfleisch, das „Gold“ der Côte d’Ivoire (ehemals Elfenbeinküste): Kakao. Die begehrten Bohnen reifen als Samen dutzendfach in jeder Frucht.
Kakao ist ein Milliardengeschäft. Die Nachfrage wächst stetig – weltweit jährlich um rund drei Prozent. Gewinner sind die internationalen Schokoladenhersteller und Supermarktketten. Verlierer sind Kleinbauern wie Aboyé. Der 48-Jährige lebt am Rand der Armutsgrenze – so wie die meisten Kakaoproduzenten in der Côte d’Ivoire.
Zusammen mit seiner Frau arbeitet Aboyé jeden Tag auf seiner Plantage. Sie jäten das Unkraut zwischen den Bäumen, entfernen totes Holz, schlagen die reifen Früchte ab und verpacken die Fruchtkerne in Plastiksäcke, damit die Bohnen fermentieren und leichter von der Schale zu trennen sind. Anschließend breiten sie sie auf großen Gestellen zum Trocknen aus. In der tropischen Hitze bei 90 Prozent Luftfeuchtigkeit ist jeder Handgriff Schwerstarbeit.
Aboyés Familie baut seit Generationen Kakao an. Sein kleiner Hof steht ein paar Kilometer außerhalb von Aboisso Comoé, einer Kleinstadt nordöstlich der Hauptstadt Abidjan, inmitten der vier Hektar Land, die er bewirtschaftet. Kakao reift das ganze Jahr über. Während der Haupt-Erntezeiten im April und von Oktober bis Dezember müssen auch seine fünf Kinder mit anpacken.
Seit einem Jahr hat Aboyé zusätzlich Unterstützung aus dem Ausland. Marc César ist einer der vielen Wanderarbeiter, die aus dem benachbarten Burkina Faso in die Côte d’Ivoire kommen. „Mein Vater hat mich geschickt, um Arbeit zu suchen“, sagt der 25-Jährige mit dem „Fly Emirates“-T-Shirt. „Hier habe ich auch meine Frau kennengelernt.“ Aboyé lässt das Paar kostenlos bei sich wohnen. „Ich zahle ihnen alles“, sagt er, „Essen, Kleidung, die Behandlung, wenn sie krank sind.“ Zweimal im Jahr, nach der Ernte, erhält César Lohn: 30000 Francs, umgerechnet 45 Euro.
Pro Ernte liefern Aboyés Bäume eine halbe Tonne Ertrag. Für ein Kilo Kakao bekommt er 1,14 Euro. „Das reicht nicht bis zur nächsten Ernte“, sagt er. „Ich muss Kredite aufnehmen, um die Plan-tage zu unterhalten.“ Kakaobäume sind anfällig für Schädlinge. Aber Pestizide sind teuer. Der verstaubte Plastikkanister in der Hütte, in der er seine Geräte aufbewahrt, ist schon lange leer. Das Schulgeld für die Kinder, Kleidung, Lebensmittel – all das verschlingt Geld. „Wir essen Reis, Maniok, Yams-Wurzeln, Bananen. Manchmal kaufen wir Fisch. Fleisch können wir nicht bezahlen“, erzählt der Bauer. Seine Augen sind entzündet. Er meint, er bräuchte eine Brille. Doch weder das Gestell noch den Arzt kann er sich leisten.
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