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Interview Mo Asumang 05/2020 (c) Soeren Stache/dpa

Das Bö­se traut sich nicht zur Lie­be hin

Ent­lar­vend sind die Sze­nen, die Re­gis­seu­rin Mo Asu­mang, 57, in ih­rem Film „Die Arier“
zeigt: Neo­na­zis ge­hen der di­rek­ten Au­s­ein­an­der­set­zung aus dem Weg,
Ku-Klux-Klan-Mit­g­lie­der ver­lie­ren die Fas­sung, ein be­kann­ter Ras­sist um­armt sie.

Die Mo­de­ra­to­rin, Schau­spie­le­rin, Fil­me­ma­che­rin und Au­to­rin hat nach ei­ner Mord­dro­hung be­sch­los­sen, Ras­sis­mus in der Ge­sell­schaft nicht mehr als ge­ge­ben hin­zu­neh­men, son­dern da­ge­gen zu „kämp­fen“: mit Fra­gen, die das kru­de Ge­dan­ken­sys­tem von Ras­sis­ten zum Ein­s­turz brin­gen, durch Be­geg­nung, mit En­ga­ge­ment in Schu­len und Uni­ver­si­tä­ten. Dass Men­schen sich än­dern kön­nen, hat ih­re ei­ge­ne Fa­mi­li­en­ge­schich­te sie ge­lehrt. Ih­re Oma, die für die SS ar­bei­te­te, hat das Kind ih­rer Toch­ter, das die­se mit ei­nem Gha­na­er be­kom­men hat, lie­be­voll auf­ge­zo­gen.

Warum set­zen Sie sich in Ih­rem Film „Die Arier“ di­rek­ten Be­geg­nun­gen mit Neo­na­zis aus?
Um mei­ne Angst los­zu­wer­den. Um wie­der mit mir gut zu sein und mich wohl zu füh­len in mei­nem Kör­per, mich zu lie­ben und mir nicht nur die­se Het­ze rein­zu­zie­hen. Das pas­siert ja sch­nell. Aber schwie­rig ist es, weil Ras­sis­ten meis­tens ge­mein sind. Da muss man schon ein bis­schen was aus­hal­ten. Aber ir­gend­wann ha­be ich fest­ge­s­tellt: Bei ei­ner Be­geg­nung ist mein Ge­gen­über min­des­tens ge­n­au­so aus dem Takt wie ich.

Hat es funk­tio­niert?
Ich ha­be tat­säch­lich mei­ne Angst ge­gen Neu­gier­de ein­ge­tauscht. Es geht letzt­end­lich nicht um Mons­ter, son­dern um Men­schen. Ich kann Ras­sis­ten nicht in ei­ne Schub­la­de pa­cken und mich gleich­zei­tig be­schwe­ren, dass ich von ih­nen in ei­ne Schub­la­de ge­steckt wer­de. Kein Ba­by kommt auf die Welt und ist ras­sis­tisch. Man wird zum Ras­sis­ten ge­macht. Im­mer nur mit dem Fin­ger drauf­zei­gen, das kann nicht der Weg sein.

Was ist denn dann der Weg?
Der Weg geht ganz si­cher über Men­sch­lich­keit. Man kann na­tür­lich ein­fach zu­rück­schla­gen, aber dann wird der Kreis­lauf von Wut und Hass nicht durch- bro­chen, den die Ras­sis­ten am Lau­fen hal­ten wol­len. Das ist et­was, das wir un­ter­b­re­chen kön­nen. Die Ve­r­än­de­rung kann nur von uns kom­men. Dass Sie an Ve­r­än­de­rung glau­ben, hat auch et­was mit der Ge­schich­te ih­rer Fa­mi­lie zu tun... Mei­ne Oma hat als Sch­reib­kraft für die SS ge­ar­bei­tet. Als ich das nach ih­rem Tod er­fah­ren ha­be, war es ein Schock. Denn mei­ne Oma hat sich um mich ge­küm­mert und mich groß­ge­zo­gen. Ich ha­be mich ge­fragt: „Hat sie mir ih­re Lie­be nur vor­ge­gau­kelt?“ Als mei­ne Mut­ter an­kün­dig­te, dass ihr Kind ei­ne dunk­le Haut­far­be ha­ben wür­de, droh­te mei­ne Groß­mut­ter, sich vor die Stra­ßen­bahn zu wer­fen. Letzt­end­lich ist ih­re Ge­schich­te aber der Be­weis da­für, dass Men­schen sich ve­r­än­dern kön­nen, auch wenn sie noch so sehr in der Hass-Sch­lei­fe ge­fan­gen sind.

Ve­r­än­de­rung durch Be­geg­nung?
Ja! In die­sem Fall war es so. Die Be­geg­nung war ich. Das Ba­by in der Wie­ge. Seit mei­ne Groß­mut­ter mich zum ers­ten Mal sah, hat sie mich ge­liebt und für mich ge­sorgt. Wenn ich heu­te an den Mör­der von Ge­or­ge Floyd den­ke, dann fra­ge ich mich: Was hat ihn da­zu ge­bracht, so hass­er­füllt ge­gen­über schwar­zen Men­schen zu sein? Des­halb ma­che ich mir die Mühe, auf Ras­sis­ten zu­zu­ge­hen. Denn das Bö­se traut sich nicht zur Lie­be hin. Warum hält sich Ras­sis­mus so hart­nä­ckig in der Ge­sell­schaft? Weil be­stimm­te Leu­te et­was da­von ha­ben, et­wa die Füh­rungs­kräf­te ei­ner Par­tei, de­ren Na­men ich nicht nen­nen will. Sie brau­chen Mit­läu­fer, da­mit sie ihr Sys­tem stüt­zen kön­nen. Sie ver­kau­fen ih­nen Angst und ein­fa­che Ant­wor­ten: Die mit dunk­ler Haut­far­be, das sind die Bö­sen, und wir sind die Gu­ten. Sie wis­sen, dort, wo man mit­ein­an­der spricht, muss man kei­ne Angst ha­ben. Hier in Ber­lin-Kreuz­berg hat Ras­sis­mus kei­ne Chan­ce, weil man sich kennt.

Brau­chen wir ei­ne Quo­te für schwar­ze Men­schen in In­sti­tu­tio­nen?
Vi­el­leicht. Es geht dar­um, Men­schen früh­zei­tig zu för­dern und schon in der Schu­le zu schau­en: Für wen sind denn ei­gent­lich die Bücher ge­schrie­ben? Je­der soll­te sich wie­der­fin­den kön­nen. Die In­sti­tu­tio­nen muss man auf ras­sis­ti­sche Struk­tu­ren un­ter­su­chen – und die Spra­che. Man muss über das „Zi­geu­n­er­schnit­zel“, den „Moh­ren­kopf“ und das bö­se N-Wort mal dis­ku­tie­ren und sich ehr­lich fra­gen, was Men­schen weh tut.

Wenn Sie an das Afri­ka­bild in deut­schen Me­di­en den­ken...
Das ist ei­ne Ka­tastro­phe! Das meis­te, was man sieht, sind Fil­me, in de­nen Leu­te auf Sa­fa­ri ge­hen. Das geht gar nicht! Es ist wich­tig, dass wir in den Me­di­en nicht nur Kli­schees ab­bil­den. Da darf auch mal ein Rechts­an­walt ei­ne schwar­ze Haut­far­be ha­ben. Die Rea­li­tät ist im Le­ben der Bür­ger wei­ter als die Me­di­en!

Die meis­ten Leu­te be­zeich­nen sich als nicht ras­sis­tisch. Schwar­ze Men­schen da­ge­gen be­rich­ten, dass sie häu­fig ras­sis­ti­sche Er­fah­run­gen ma­chen. Wo fängt Ras­sis­mus an, der von Wei­ßen nicht als sol­cher er­kannt wird?
Et­wa in dem Mo­ment, wo ei­nem un­ge­fragt in die Haa­re ge­grif­fen wird. Nie­mand wür­de das bei ei­ner blon­den Frau wa­gen. Oder wenn je­mand lacht, wenn ich auf sei­ne Fra­ge „Wo­her kommst du?“ mit „Kas­sel“ ant­wor­te. Auch po­si­ti­ver Ras­sis­mus ge­hört da­zu, wenn ei­nem ein­fach auf­grund der Haut­far­be zu­ge­spro­chen wird, gut tan­zen oder sin­gen zu kön­nen. Was gibt Ih­nen Hoff­nung? Dass die Black-Li­ves-Mat­ter-Be­we­gung in der Mit­te der Ge­sell­schaft an­ge­kom­men ist. Ei­ne bun­te Viel­falt ist auf die Stra­ße ge­gan­gen – denn wir wis­sen – letzt­end­lich geht es um Ge­rech­tig­keit.

In­ter­view: Eva-Ma­ria Wer­ner; Fo­to: Soe­ren Sta­che/dpa

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