„Papst? Wie anmaßend!“Bekannt geworden ist er aus zahlreichen Krimirollen im Fernsehen wie „Tatort“ oder „Soko“.
Bei der Neuverfilmung des Lebens von Franz von Assisi spielt der Schauspieler Ludwig
Blochberger nun Papst Innozenz III. – eine Herausforderung für den 32-jährigen Berliner. |
Ludwig Blochberger wirkt auf den ersten Blick sympathisch, bodenständig und humorvoll. In seinem Berliner Lieblingscafé bestellt er einen Cappuccino und plaudert drauf los. Er erzählt ausführlich von den Dreharbeiten in Italien für den TV-Zweiteiler „Franziskus“, eine internationale Koproduktion. Er war neben Benjamin Sadler der einzige deutsche Schauspieler. Regie führte die Italienerin Liliana Cavani, die den historischen Stoff bereits 1989 in einer Kinoversion mit dem Hollywood-Schauspieler Mickey Rourke inszeniert hatte.
Herr Blochberger, wie spielt man einen Papst im Mittelalter?
Blochberger: Ja, gute Frage (lacht). Ich habe zwar schon oft historische Persönlichkeiten gespielt: den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt, Wernher von Braun oder Sebastian Haffner.
Aber Papst Innozenz III. lebte im 12./13. Jahrhundert, Fotos oder Videos angucken ging da nicht.
Den Menschen von heute ist ein Papst im Mittelalter sehr fremd – gerade auch auf dem Höhepunkt seiner weltlichen Macht...
Blochberger:Ja, sicherlich. Aber wissen Sie, für mich als Schauspieler ist es wichtig, Emotionen rüberzubringen. Schließlich halte ich kein geschichtliches Referat über die Zeit. Doch zugegeben: Zunächst blieb die Rolle für mich etwas abstrakt. Als ich die Anfrage bekam, habe ich auch gedacht: „Wen soll ich spielen? Einen Papst? Wie anmaßend!“ (lacht) Bei meiner Recherche habe ich dann gelesen, dass Innozenz III. einen messerscharfen Verstand hatte und zu Wutausbrüchen geneigt haben soll. Ob diese Beschreibungen wirklich zutreffen, liegt im Ermessen der Biografen.
Und wie haben Sie das in die Figur gepackt?
Blochberger: Wenn ich so wenige Anhaltspunkte über eine Persönlichkeit habe, dann entspringt die Figur meiner Fantasie. Der Drehort in der wunderschönen, römischen Kirche Sankt Laurentius Paul vor den Mauern und das schwere, goldene Gewand schafften eine unbeschreibliche Aura und haben mir beim Spielen sehr geholfen. Es ist schwer zu erklären, aber als ich dieses Kostüm trug, da war ich ganz drin in der Rolle von Papst Innozenz III..
Und haben Franz von Assisi das Leben schwer gemacht...?
Blochberger: Nun ja, zu Beginn schon. Doch Innozenz III. hört davon, dass Franz eine Kirche in Assisi aufgebaut hat. Und da erinnert er sich an seinen Traum: Die Laterankirche war dem Einsturz nahe, doch ein armer, bescheidener Mann stützt sie mit seiner Schulter. Und dann entscheidet sich Innozenz, doch mit Franz zu sprechen.
Taugt Franz von Assisi denn für Sie heute noch zum Vorbild?
Blochberger:In Zeiten, in denen immer mehr vertriebene und bedürftige Menschen unsere Hilfe suchen, sollte Franziskus uns allen ein Vorbild sein! Schließlich hat er sich für die Armen, Kranken und Ausgestoßenen eingesetzt. Es ist wohl auch kein Zufall, dass sich der jetzige Papst nach ihm benannt hat.
Verfolgen Sie in den Medien, was Papst Franziskus macht?
Blochberger: Ja, ich bin politisch und gesellschaftlich interessiert. Ich bin zwar kein Experte, meine aber schon, einen Wandel festzustellen. Gemessen an den festgefahrenen Strukturen der römisch-katholischen Kirche, hat Papst Franziskus ja fast schon Siebenmeilenstiefel an. (lacht)
Sind Sie selbst Christ?
Blochberger: Nein. Mein Vater ist zwar Protestant, aber unsere Eltern haben meiner Schwester und mir die Wahl gelassen. Das heißt, sie haben uns weder pro noch kontra Kirche erzogen.
Meine Schwester hat sich vor ein paar Jahren taufen lassen. In meiner Jugend habe ich aber dennoch sehr viel Zeit in Kirchen verbracht.
Wieso das?
Blochberger: Als wir in Dresden gelebt haben, war ich kurze Zeit Mitglied des Dresdner Kreuzchores. Zu Ostern hatte ich mein erstes und einziges Konzert in der Kreuzkirche. Wir haben die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach gesungen, das hat einen besonderen Eindruck auf mich gemacht. Musik hat eine ungeheure Kraft und Energie – ein gesprochenes Wort kann gar nicht dagegen ankommen. Letzte Weihnachten habe ich meine Mutter eingeladen und wir sind extra für die Christvesper nach Dresden gefahren. Das war bei uns lange Zeit Tradition und ist immer sehr bewegend, wenn zum Schluss über 3000 Leute zusammen „Stille Nacht, Heilige Nacht“ singen.
Mit dem Wegzug aus Dresden war Ihre Sängerkarriere aber noch nicht vorbei?
Blochberger: Nein, wir sind nach Wien gezogen, aufgrund des Theaterengagements meines Vaters. So kam ich schließlich zu den Wiener Sängerknaben. Das war zu Beginn nicht leicht als Piefke unter den Österreichern. Dort sangen wir dann alle zwei Wochen die Sonntagsmesse in der Hofburg.
Und von den Sängerknaben ging es dann direkt ans Wiener Burgtheater?
Blochberger: Das hört sich so leicht an, aber da habe ich wohl neben Talent wirklich auch Glück und das richtige Timing gehabt. Ein Regisseur kam auf meinen Vater zu, weil er einen Jungen suchte, der singen kann – und schon hatte ich meine erste Rolle.
Das heißt, Sie wussten früh, dass Sie Schauspieler werden wollten?
Blochberger:Ja, spätestens mit 15 war mir das eigentlich klar. Es war mein innerer Wunsch. Ich konnte viel ausprobieren und habe gemerkt, dass mir die Schauspielerei liegt. Eine fundierte Ausbildung war mir dabei sehr wichtig, deshalb habe ich mit 18 Jahren an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin mein Studium begonnen.
Sie spielen nun Theater und Fernsehrollen. Wofür schlägt Ihr Herz mehr?
Blochberger: Das ist schwierig zu sagen, weil es zwei recht unterschiedliche Dinge sind. Wenn ich das eine mache, habe ich Sehnsucht nach dem anderen. In Berlin stehe ich für „Kleider machen Leute“, einem Musical nach Gottfried Kellers Novelle, auf der Bühne des Theaters an der Parkaue. Das ist noch mal viel intensiver als Fernsehen, gerade wenn man vor Jugendlichen spielt, die sind immer voll dabei. Den Anschluss ans Theater will ich auf jeden Fall nicht verlieren.
Seit Oktober sind Sie auch als Kommissar-Anwärter Tom Kupfer in der ZDF-Serie „Der Alte“ zu sehen?
Blochberger: Ja, dort spiele ich eine der Hauptrollen. Es ist sehr zeitaufwendig, da wir immer etwa fünf Wochen am Stück in München drehen. Das Schöne an einer durchgehenden Hauptrolle ist, dass die Figur, in meinem Fall die Rolle des Tom Kupfer, Zeit und Raum hat, sich zu entwickeln. Ich hoffe, mit ihm ein paar neue Seiten von mir zeigen zu können, immerhin war ich ja oft genug der Böse.
Das Interview führte Nadine Ortmanns.
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