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„Aids ist bald Ver­gan­gen­heit“

„Wir ha­ben uns viel zu lan­ge nur um die In­fi­zier­ten ge­küm­mert.“ Schwes­ter Pa­tri­cia Walsh, 2011 Re­prä­sen­t­an­tin Afri­kas beim Glo­ba­len Fonds der Ve­r­ein­ten Na­tio­nen für die Be­kämp­fung von Aids, Tu­ber­ku­lo­se und Mala­ria, for­dert ein Um­den­ken im Um­gang mit HIV.

Schwester Patricia Walsh

Mis­si­ons­do­mi­ni­ka­ne­rin Pa­tri­cia Walsh, 69: „Ich bin ei­ner der ver­rück­ten Men­schen, die auch auf der Ti­ta­nic noch opti­mis­tisch ge­we­sen wä­ren und in die Zu­kunft ge­blickt hät­ten.“ © Geiss­ler

In Sim­b­ab­we re­giert seit An­fang 2009 ei­ne aus der Not ge­bo­re­ne Koa­li­ti­on aus der Za­nu-PF-Par­tei von Dik­ta­tor Robert Mu­ga­be und der frühe­ren Op­po­si­ti­on­s­par­tei MDC („Be­we­gung für De­mo­k­ra­ti­schen Wan­del”). Wie ist die ak­tu­el­le Si­tua­ti­on im Land?
Sr. Pa­tri­cia Walsh: Im Mo­ment herrscht ei­ne Art Va­ku­um. Das Land lei­det un­ter den Fol­gen des Mu­ga­be-Re­gi­mes. Wir ha­ben über 90 Pro­zent Ar­beits­lo­sig­keit. Die meis­ten klu­gen Köp­fe und gut aus­ge­bil­de­ten Leu­te ha­ben Sim­b­ab­we ver­las­sen. Es gibt zehn­tau­sen­de Ju­gend­li­che, die die Schu­le nicht ab­ge­sch­los­sen ha­ben, sie nicht ab­sch­lie­ßen konn­ten. Die­se jun­gen Leu­te kön­nen sch­nell zu Ka­no­nen­fut­ter ei­nes bru­ta­len Re­gi­mes wer­den. Sie ha­ben zwar ein bis­schen Bil­dung – aber ei­ne Ge­hirn­wä­sche hät­te bei ih­nen sch­nell Er­folg. Vie­le Mäd­chen ver­las­sen mit 18 Jah­ren ihr Zu­hau­se. Die meis­ten stam­men aus ar­men Ver­hält­nis­sen. Vie­le sind miss­braucht wor­den. Vie­le fin­den kei­ne Ar­beit. Die Mäd­chen lan­den oft in der Prosti­tu­ti­on. Vie­le ge­hen nach Süd­a­fri­ka, wer­den dort als Sexs­kla­vin­nen ge­hal­ten.

Das sind sch­reck­li­che und er­schüt­tern­de Zu­stän­de. Ist Sim­b­ab­we al­so ein Land oh­ne Zu­kunft, oh­ne Hoff­nung?
Sr. Pa­tri­cia Walsh: Nein, das Va­ku­um wird sich hof­f­ent­lich fül­len. Mit ein paar gu­ten Füh­r­ern und wenn man die Res­sour­cen des Lan­des nutzt, kann sich al­les zum Gu­ten wen­den. Ich be­to­ne: Sim­b­ab­we hat ei­ne Zu­kunft – wenn wir es schaf­fen, uns um die Ju­gend­li­chen zu küm­mern und mit ih­nen gut um­zu­ge­hen. Ei­ne gro­ße Qu­el­le der Hoff­nung und Er­mu­ti­gung sind für mich die Frau­en. Sie leis­ten ei­ne Men­ge Gras­wur­zel­ar­beit, das heißt, sie le­gen die Saat für ei­ne bes­se­re Zu­kunft und ha­ben viel Ein­fluss. Die Frau­en wer­den sich er­he­ben ge­gen Un­ge­rech­tig­keit. Und sie wer­den im Land blei­ben, weil sie sich als star­ke afri­ka­ni­sche Frau­en füh­len. Die Men­schen hier ha­ben ei­ne gro­ße Wür­de. Seit der Un­ab­hän­gig­keit wis­sen sie, wer sie sind. Vor­her wa­ren sie nur „Jun­gen“ und „Mäd­chen“ – weil sie von der Ko­lo­nial­re­gie­rung so be­han­delt wur­den.

Ei­nes der größ­ten Pro­b­le­me in Afri­ka ist Aids. Sie und Ihr Or­den sind seit Jahr­zehn­ten im Kampf ge­gen die Aus­b­rei­tung von Aids en­ga­giert. Was ist die größ­te Her­aus­for­de­rung?
Sr. Pa­tri­cia Walsh: Im Mo­ment ha­ben vie­le In­fi­zier­te und Be­trof­fe­ne kei­ne Zu­kunft. Vie­le Men­schen, die an­ti­re­tro­vi­ra­le Me­di­ka­men­te brau­chen, da­mit sie mit der HIV-In­fek­ti­on wei­ter­le­ben kön­nen, be­kom­men sie nicht. Das The­ma müs­sen wir je­doch den Ärz­ten und Schwes­tern über­las­sen. Die gan­ze Aids-Pro­b­le­ma­tik ist aber kein Ge­sund­heits­the­ma, son­dern ein Ent­wick­lungs­the­ma. Wir kon­zen­trie­ren uns stark auf die Präv­en­ti­on, die Vor­beu­gung be­zie­hungs­wei­se Ver­hin­de­rung von In­fek­tio­nen. Und auf die Be­hand­lung der Er­krank­ten. Da­mit kön­nen wir auch nicht auf­hö­ren, weil wir da­mit ei­ne Art Er­folg ha­ben. Aber in was für ei­ne Ge­sell­schaft schi­cken wir sie? Und wo­hin mit ih­nen? Wir müs­sen ins­ge­s­amt um­den­ken: Wir müs­sen den Fo­kus von den In­fi­zier­ten auf die Be­trof­fe­nen le­gen.

Was – und wen – mei­nen Sie da­mit?
Sr. Pa­tri­cia Walsh: Mit den Be­trof­fe­nen mei­ne ich al­le, die von der In­fek­ti­on oder Er­kran­kung ei­nes Men­schen mit­be­trof­fen sind. Die Ver­wand­ten, aber auch al­le an­de­ren Men­schen aus dem Le­ben­s­um­feld des In­fi­zier­ten. Aber vor al­lem mei­ne ich die Kin­der und Ju­gend­li­chen. Sie sind mei­ne größ­te Sor­ge und mein größ­tes An­lie­gen. Vie­le, die mit zehn oder zwölf Jah­ren zu uns in die Wai­sen­häu­ser kom­men, wa­ren noch nie in der Schu­le. Hier müs­sen wir an­set­zen: bei der Bil­dung. Und wir müs­sen uns um die jun­gen Men­schen küm­mern, ih­nen Per­spek­ti­ven ge­ben. Wir re­den seit 27 Jah­ren über HIV/Aids. Aber wir müs­sen jetzt wei­ter­ge­hen, da­mit wir die jun­ge Ge­ne­ra­ti­on nicht an die Krank­heit und an Kri­mi­na­li­tät ver­lie­ren. Die Be­trof­fe­nen sind sehr ver­wund­bar. Die re­li­gi­ös ge­präg­ten Nicht­re­gie­rung­s­or­ga­ni­sa­tio­nen und die Kir­che soll­ten die Speer­spit­ze des Um­den­kung­s­pro­zes­ses sein. Wir müs­sen wei­ter­ar­bei­ten und dür­fen uns nicht auf dem aus­ru­hen,
was wir er­reicht ha­ben.

Wel­che Rol­le spielt die Kir­che?
Sr. Pa­tri­cia Walsh: Die Kir­che ge­nießt im­mer noch ei­ne gro­ße Glaub­wür­dig­keit. Ob­wohl ih­re Rol­le nicht ein­fach ist – denn vie­le se­hen sie zwie­späl­tig. Mu­ga­be war im­mer ein gu­ter Ka­tho­lik… Aber un­se­re Mis­si­ons­schu­len und Ho­spi­tä­ler ha­ben der Kir­che viel Glaub­wür­dig­keit er­hal­ten. Es pas­sie­ren ei­ne Men­ge gu­ter Din­ge. Doch wir müs­sen über den Kirch­turm hin­aus­bli­cken. Wir dür­fen nicht dar­auf schau­en, dass wir un­se­re Kir­chen voll be­kom­men. Lan­ge Zeit hat die Kir­che zum Bei­spiel Angst ge­habt, sich auf die tra­di­tio­nel­len Re­li­gio­nen ein­zu­las­sen. Sie fühl­te sich un­wohl da­mit. Da­bei le­ben die meis­ten Men­schen in Afri­ka ei­ne Mi­schung aus Chris­ten­tum und tra­di­tio­nel­ler Re­li­gi­on. Heu­te soll­te die Kir­che of­fen sein, et­wa für das The­ma Hei­lung und die Macht der Hei­lung. Den­ken wir doch mal nach: Das Letz­te, woran wir beim The­ma Hei­lung den­ken wür­den, ist zu be­ten.

Was ist al­so ganz prak­tisch zu tun?
Sr. Pa­tri­cia Walsh: Es gibt ei­ne Men­ge von Pro­gram­men. Wir ha­ben an­ge­fan­gen, die Men­schen in Land­wirt­schaft, Schnei­der­ar­beit und vi­e­lem mehr aus­zu­bil­den. Die Wel­t­er­näh­rungs­be­hör­de FAO hat ein Nach­fol­ge­pro­gramm ge­star­tet. 6000 jun­ge Leu­te ste­hen da auf der War­te­lis­te. Wenn es uns ge­lingt, de­nen ein Trai­ning zu ge­ben, dann ist schon ei­ni­ges ge­won­nen. Wir sind sehr glück­lich über die­ses Ar­ran­ge­ment mit der FAO. Au­ßer­dem set­zen wir uns da­für ein, dass die Men­schen, zum Bei­spiel das Per­so­nal in den Kran­ken­häu­s­ern, ge­recht be­zahlt wer­den. Wenn die Men­schen den Lohn für ih­re Ar­beit er­hal­ten, blei­ben sie auch im Land. Und wir bil­den un­se­re jun­gen sim­b­ab­wi­schen Schwes­tern da­für aus, mit den gro­ßen Or­ga­ni­sa­tio­nen wie den Ve­r­ein­ten Na­tio­nen oder der „Bill and Me­lin­da Ga­tes Foun­da­ti­on“ in Kon­takt zu tre­ten. Sie sol­len den Um­gang mit ih­nen ler­nen.

Bli­cken Sie opti­mis­tisch in die Zu­kunft?
Sr. Pa­tri­cia Walsh: Ja. In ei­ni­gen we­ni­gen Jah­ren wer­den wir von Aids in der Ver­gang­heit sp­re­chen. HIV wird nicht mehr zu Aids er­blühen. Aids ist Ge­schich­te.

Das In­ter­view führ­te Hil­de­gard Ma­thies.

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