Menschen, die von ihrem Glauben erzählenAnsgar Puff ist Weihbischof im Erzbistum Köln. Im kontinente-Interview spricht er
über die Kirche der Zukunft und wie wichtig es ist, dass Menschen lernen
über ihren Glauben zu sprechen. |
Wie wünschen Sie sich die Kirche in 50 Jahren?
Was in 50 Jahren ist, weiß ja nur der Heilige Geist. Vielleicht können wir sagen: in zehn Jahren?
Gern, dann die Kirche 2030 …
In der Kirche der Zukunft wünsche ich mir, dass es eine Kirche ist, die offen ist für die Armen, wo die Menschen, die es im Leben schwer haben, angenommen sind. Ich träume davon, dass diese Menschen auch die Gemeinde mitgestalten und dass sie eine Unterstützung für ihr Leben finden. Ich träume davon, dass die ganz normalen Gläubigen, also die Getauften und Gefirmten, in einer offenen und einladenden Weise über ihre Erfahrungen mit Gott sprechen können und dass das andere interessiert. Und ich träume davon, dass die Hauptamtlichen in der Kirche nur eine einzige Sehnsucht haben: die Gläubigen bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Ich denke, dass auch in Zukunft viele Menschen in sozialen Projekten mitarbeiten werden und darüber Leute kennenlernen, die für ihren Glauben brennen, und dass sie sich davon anstecken und begeistern lassen. Und dass die Kirche eine große Relevanz hat für die wichtigen Lebensfragen der Menschen.
Was müsste jetzt passieren, damit das Wirklichkeit werden kann?
Erwachsene müssten viel stärker befähigt werden, über ihren Glauben und ihre Erfahrungen mit Gott zu sprechen. Es müsste selbstverständlich sein, dass man sich über persönliche Glaubensfragen unterhalten kann, ohne rot zu werden. Wir müssen die Sprachfähigkeit über die persönlichen Gotteserfahrungen verstärken! Dafür müsste es entsprechende Schulungen, Ausbildungen, Möglichkeiten zum Ausprobieren geben.
Wo sollte das sein?
Es muss Orte geben, wo Menschen lernen, über ihren Glauben zu sprechen, und es muss Orte geben, wo man was mit Gott erfahren kann. Das können Kirchengemeinden oder Personalgemeinden sein, wo Menschen zusammenkommen, die was erlebt haben. Das können auch Leuchtturmprojekte sein, wie Taize zum Beispiel.
Diese Sprachfähigkeit brauchen vor allem die „Laien“?
Das ist ja gerade der Punkt: Ein Mensch, der mit Gott und Kirche nichts zu tun hat, begegnet einem Nachbarn oder einem Arbeitskollegen, der überzeugend von seinem Glauben spricht. Für einen Nichtglaubenden ist dieser Menschen wichtiger als ein Pastor! Denn ein Pastor redet den ganzen Tag über Gott und wird dafür bezahlt. Das interessiert den „Heiden“ nicht! Die normalen Menschen, die ihren Glauben leben, – die sind die entscheidenden Personen.
In Zukunft werden die Gemeinden viel kleiner sein. Vielen macht das Angst. Aber liegt auch eine Chance darin?
Die Frage ist ziemlich unwichtig! Es ist egal, ob die Gemeinde klein oder groß ist. Wenn die normalen Gläubigen nicht in der Lage sind, so ihren Glauben zu leben und darüber zu sprechen, dass sie andere anstecken, dann ist die Zahl egal. Die Frage nach der Größe der Pfarrei führt in die Irre: Sie führt zu eine Strukturdebatte, und die nutzt niemand was. Unterm Strich geht es nur um das Thema Evangelisierung und Mission. Und Mission heißt: Ein Bettler sagt dem anderen Bettler, wo es was zu essen gibt. Alles andere ist unwichtig!
Interview: Christina Brunner
Zur Person
Ansgar Puff, 64, ist Domkapitular und Weihbischof im Erzbistum Köln. Er engagiert sich beim Neokatechumenalen Weg. Das ist eine der neuen geistlichen Gemeinschaften in der katholischen Kirche, bei der die Weitergabe persönlicher Glaubenserfahrung durch Mission im Mittelpunkt steht.
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